Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. einstweiliger Rechtsschutz. einstweilige Anordnung auf Gewährung einer Erwerbsminderungsrente. Erforderlichkeit weiterer Ermittlungen zum Sachverhalt. kein Indiz für Erfolg des Rentenanspruchs. Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes bei behaupteter Mittellosigkeit
Leitsatz (amtlich)
Wird die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente im einstweiligen Rechtsschutzverfahren erstrebt, folgt aus einer ggf bestehenden Pflicht des Gerichts, den Sachverhalt weiter aufzuklären, noch nicht, dass ein Anspruch auf die begehrte Rente wahrscheinlich ist.
Orientierungssatz
Die Gerichte können in Fällen, in denen der Erlass einer einstweiligen Anordnung mit der (angeblichen) Mittellosigkeit des Antragstellers begründet wird, erwarten, dass mit der Antragstellung, spätestens aber mit einer entsprechenden Aufforderung durch das Gericht, die Einkommensverhältnisse mindestens so detailliert dargelegt werden, wie dies zum Beispiel bei der Beantragung von Prozesskostenhilfe erforderlich ist (vgl LSG Stuttgart vom 29.3.2010 - L 11 KR 1448/10 ER-B).
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Heilbronn vom 06.07.2017 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1968 geborene Antragsteller beantragte am 10.01.2017 die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente. Diesen Antrag lehnte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 23.01.2017 und Widerspruchsbescheid vom 22.05.2017 ab. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, der Antragsteller sei am 08.03.2017 in der Ärztlichen Untersuchungsstelle S.-H. von Dr. S. untersucht und begutachtet worden. Außerdem seien die vom Antragsteller vorgelegten Arztberichte sowie der Entlassbericht über eine vom 21.04. bis 12.05.2016 durchgeführte Leistung zur medizinischen Rehabilitation berücksichtigt worden. Aus diesen Unterlagen ergäben sich folgende Gesundheitsstörungen:
- Gonarthrose rechts ≫ links, Zustand nach Umstellungsosteometrie des linken Schienbeinkopfes 2/2016 mit deutlichen Funktionseinschränkungen
- Chronisches Halswirbelsäulen-Syndrom mit geringer Funktionseinschränkung, keine Wurzelreizsymptomatik, Zustand nach HWK-Fraktur 2013
- Riskanter Alkoholkonsum
- Arterieller Bluthochdruck, bisher ohne Therapie
Trotz dieser Gesundheitsstörungen seien dem Antragsteller noch leichte bis mittelschwere Tätigkeiten zeitweise im Stehen, zeitweise im Gehen, überwiegend im Sitzen, in Tagesschicht, in Frühschicht/Spätschicht, ohne Zwangshaltungen der Wirbelsäule, ohne häufige Überkopfarbeiten, ohne direkten Kontakt zu Alkohol, ohne Arbeiten auf Leitern oder Gerüsten und ohne Arbeiten im Knien oder Hocken sechs Stunden und mehr täglich zumutbar.
Gegen den Bescheid vom 23.01.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.05.2017 erhob der Antragsteller Klage zum Sozialgericht Heilbronn (SG), das Verfahren ist unter dem Aktenzeichen S 12 R 1975/17 noch anhängig.
Am 02.06.2017 hat der Antragsteller beim SG den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Er habe im Jahr 2013 einen dreifachen Bruch der Halswirbelsäule (HWS) erlitten und leide an den dadurch verursachten Beeinträchtigungen bis heute. Er leide an einer Gonarthrose an beiden Kniegelenken und sei deshalb am 17.02.2017 noch einmal am linken Knie operiert worden. Dabei sei eine Metallplatte entfernt worden. Er könne deshalb noch nicht einmal drei Stunden täglich arbeiten. Als Beleg für seine Angaben hat er 35 Arztberichte vorgelegt, die den Zeitraum vom 01.12.2009 bis zum 17.02.2017 umfassen.
Das SG hat den Antrag mit Beschluss vom 06.07.2017 abgelehnt. Es fehle sowohl an einem Anordnungsgrund als auch an einem Anordnungsanspruch. Der Antragsteller habe lediglich die Mehrfertigung eines Kontoauszuges des gemeinschaftlichen Kontos von ihm und seiner Ehefrau mit einem Saldo von 479,60 € vorgelegt, aber keine Angaben darüber gemacht, welches Einkommens seine Ehefrau erziele. Es hat sich ferner darauf gestützt, dass die Leistungsbeurteilung des im Widerspruchsverfahren eingeholten Gutachtens vor dem Hintergrund der erhobenen und mitgeteilten Befunde schlüssig und nachvollziehbar sei. Der Beschluss ist dem Prozessbevollmächtigten des Antragstellers mittels Empfangsbekenntnis am 12.07.2017 zugestellt worden.
Am 11.08.2017 hat der Antragsteller Beschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt und diese mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 20.09.2017 begründet. Das SG verkenne, dass er nicht nur die Unvollständigkeit des von der Antragsgegnerin eingeholten Gutachtens rüge, sondern sich auch auf die von ihm vorgelegten Arztbriefe stütze. Es seien wesentliche gesundheitliche Beeinträchtigungen nicht berücksichtigt worden. Die diagnostizierte und nachgewiesenen Gesundheitsstörungen führten zwangsläufig dazu, dass ihm eine Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von mindestens sechs ...