Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankengeld. Antrag nach Aufforderung zur Antragstellung auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation. Rücknahme oder Beschränkung nur mit Zustimmung der Krankenkasse. Erforderlichkeit einer förmlichen und vollständigen Antragstellung. Mitwirkungspflicht des Versicherten. Antrag auf Ruhen des Reha-Verfahrens
Orientierungssatz
1. Ein Versicherter, der aufgrund eines entsprechenden Verlangens gem § 51 Abs 1 SGB 5 einen Reha- oder Rentenantrag gestellt hat, kann diesen nur noch mit Zustimmung der Krankenkasse wirksam zurücknehmen oder beschränken. Denn nur so kann der gesetzgeberische Zweck des § 51 Abs 1 SGB 5 erfüllt werden (vgl BSG vom 26.6.2008 - B 13 R 37/07 R = BSGE 101, 86 = SozR 4-2500 § 51 Nr 2).
2. Der Sinn und Zweck der Aufforderung nach § 51 Abs 1 SGB 5 verlangt eine förmliche und vollständige Antragstellung, um den Rentenversicherungsträger in die Lage zu versetzen, eine Prüfung des Anspruchs auf Rehabilitationsleistungen vorzunehmen und letztlich eine Klärung der maßgeblichen Frage herbeizuführen, ob der Versicherte lediglich vorübergehend arbeitsunfähig oder dauerhaft erwerbsgemindert ist. Die Mitwirkungspflicht des Versicherten iSd § 51 Abs 1 SGB 5 geht damit über eine formlose Antragstellung erheblich hinaus.
Normenkette
SGB V § 51 Abs. 1 S. 1, Abs. 3; SGB VI § 115 Abs. 4 S. 2; SGB IX § 9 Abs. 4, § 14 Abs. 3
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 14.04.2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Der Kläger begehrt die Feststellung seines Anspruchs auf weitergehendes Krankengeld über den 19.11.2008 hinaus.
Der 1954 geborene Kläger ist von Beruf Lackierer und war seit dem 20.06.2008 aufgrund eines Schlaganfalls arbeitsunfähig krank. Seitdem bezog er Krankengeld von der Beklagten. Vom 14.07.2008 bis 11.08.2008 wurde eine Anschlussrehabilitation durch die DRV in der H.-E.-Klinik in Bad S. durchgeführt. In einem Sozialmedizinischen Gutachten vom 01.09.2008 führte Dr. D. vom Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) aus, der Kläger sei auf Dauer arbeitsunfähig, und empfahl ein Verfahren nach § 51 Abs. 1 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB V). Danach kann die Krankenkasse einem Versicherten, dessen Erwerbsfähigkeit nach einem Gutachten erheblich gefährdet oder gemindert ist, eine Frist von zehn Wochen setzen, innerhalb der er einen Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation zu stellen hat. In einem persönlichen Gespräch am 10.09.2008 erörterte die Beklagte mit dem Kläger die Situation und händigte ihm die Unterlagen für einen Rehabilitationsantrag aus.
Mit Bescheid vom 10.09.2008 forderte die Beklagte den Kläger auf, bis spätestens 19.11.2008 einen Antrag auf Leistungen zur Rehabilitation zu stellen. Ansonsten könne Krankengeld nur bis zum Ende dieser Frist gezahlt werden. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger durch seinen Bevollmächtigten Widerspruch ein.
Mit Schreiben vom 20.11.2008 beantragte der Kläger bei der DRV formlos die Gewährung von Reha-Leistungen. Zugleich wies er darauf hin, dass der Antrag nur der Form halber gestellt werde, und beantragte, das Verfahren ruhend zu stellen.
Am 08.12.2008 teilte die Beklagte der Lebensgefährtin des Klägers auf Anfrage mit, dass vorläufig nur bis zum 19.11.2008 Krankengeld ausgezahlt werde. Die weitere Entscheidung darüber, insbesondere im Hinblick auf die Aufforderung zum Rehabilitationsantrag, sei durch den Widerspruchsausschuss zu treffen. Mit Schreiben vom 08.12.2008 legte der Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten daraufhin gegen diese Mitteilung ebenfalls Widerspruch ein. Es bestehe kein Anspruch darauf, Krankengeld zurückzuhalten, nur weil ein Widerspruchsverfahren laufe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 16.12.2008 wies die Beklagte die Widersprüche zurück. Die Aufforderung, einen Rehabilitationsantrag zu stellen, sei mit dem Kläger besprochen worden. Gründe, die gegen diese Aufforderung sprächen, seien weder in diesem Gespräch noch im Widerspruchsverfahren vorgetragen worden. Unter Abwägung der Interessen des Versicherten an einem möglichst langem Krankengeldbezug und dem Interesse der Versicherungsgemeinschaft sei die Entscheidung daher nicht zu beanstanden. Da bis zum Ablauf der gesetzten Frist kein Rehabilitationsantrag gestellt worden sei, entfalle nach § 51 Abs. 3 SGB V der Krankengeldanspruch mit Ablauf der Frist. Mit späterer Antragstellung würde der Anspruch ab diesem Tag wieder aufleben.
Bereits am 08.12.2008 hatte der Kläger beim Sozialgericht Freiburg einstweiligen Rechtsschutz beantragt (S 5 KR 6187/08 ER). Mit Beschluss vom 17.12.2008 “verurteilte„ das Sozialgericht die Beklagte, aufgrund der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 10.09.2008 Krankengeld ab dem 19.11.2008 bis auf weiteres zu zahlen, solange die Arbeitsunfähigkeit andauere und die Höchstbezugsdauer nicht erreicht sei. Dara...