Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausschluss von Sozialhilfe für Deutsche mit gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland. Ausnahme in außergewöhnlichen Notlagen bei Unmöglichkeit der Rückkehr. Anforderungen an den Nachweis und die Glaubhaftmachung der Hinderungsgründe
Leitsatz (amtlich)
§ 24 Abs 1 S 2 Nr 1 SGB 12 ist ausgehend von seinem Wortlaut und auch im Hinblick auf die Entstehungsgeschichte dahingehend auszulegen, dass als Mindestvoraussetzung beim Antragsteller zumindest ein ernsthafter Wille bestehen muss, gemeinsam mit dem Kind, dessen Pflege und Erziehung übernommen wird, zur Beseitigung der Hilfebedürftigkeit nach Deutschland zurückzukehren.
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 27. April 2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt die Gewährung von Sozialhilfe für Deutsche im Ausland nach § 24 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII).
Der 1949 in H. geborene Antragsteller ist deutscher Staatsbürger und lebt nach seinen Angaben seit 1995 “mit einigen kurzen Unterbrechungen„ in T.. Gemäß Auskunft des Bürgerbüros W. vom 05.05.2011 war der Antragsteller bis zum 19.03.2004 in der Wohnung W., gemeldet (Bl. 233 VA). Gemäß dem aktenkundigem Rentenversicherungsverlauf der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 27.04.2011 (Bl. 225 VA) wurden für den Antragsteller wegen des Bezuges von Arbeitslosengeld II vom 01.07.2005 bis 31.12.2005 und vom 28.02.2006 bis 31.08.2006 Rentenversicherungsbeiträge abgeführt.
Der Antragsteller beantragte am 20.07.2010 per E-Mail und am 21.07.2010 schriftlich die Gewährung von Sozialhilfe für Deutsche im Ausland wegen der Pflege und Erziehung des Kindes J. N., geb. 2000 in P., das aus rechtlichen Gründen im Ausland bleiben müsse. Seinen Familienstand gab er in dem Antrag nicht an. Als einzige unterhaltsverpflichtete Angehörige benannte er seine Mutter, R. C., geb. 1928, deren Aufenthalt unbekannt sei.
Mit E-Mail vom 29.07.2010 (Bl. 27 Verwaltungsakte - VA) teilte er mit, er sei völlig mittellos und habe alles verwertet was zu verwerten sei. Er besitze keinen Euro mehr um sich zu ernähren und Dinge des täglichen Lebens zu besorgen. Er sei auf das Wohlwollen anderer Menschen angewiesen (E-Mail vom 30.07.2010, Bl. 33 VA). Mit E-Mail vom 08.10.2010 verwies er darauf, er habe die Goldinlays seiner Zähne herausgebrochen um sein Überleben zu sichern.
Nachdem ihm die die zuständige Sachbearbeiterin der Deutschen Botschaft B. (E-Mail vom 27.07.2010, Bl. 43 f. VA) mitgeteilt hatte, erforderlich sei die Feststellung der Vaterschaft für das Kind J., woran es fehle, erkannte er am 02.08.2010 die Vaterschaft für das Kind J. N. an und veranlasste die Eintragung in das sog. “Vaterschaftsregister„. Diese Unterlagen wie auch eine Auflistung über Mietzahlungen von Januar 2010 bis Mai 2010 über jeweils 6.000,00 Baht waren dem Antrag samt einer Stellungnahme der Deutschen Botschaft B. beigefügt. In dieser hieß es, die Anerkennung der Vaterschaft sei auch für den deutschen Rechtsbereich wirksam. Das Kind habe damit die deutsche Staatsangehörigkeit gem. § 4 Abs. 1 Satz 2 StAG erhalten und der Antragsteller das gemeinsame Sorgerecht, zusammen mit der Mutter des Kindes. Einen deutschen Pass besitze das Kind nicht. Bis vor zwei Jahren habe er gemeinsam mit seiner Frau Immobilien vermittelt; das Geschäft sei auf den Namen seiner Frau gelaufen. Im Zuge der Bankenkrise und politischen Unruhen in T. hätte das Geschäft aufgegeben werden müssen. Der Antragsteller verfüge über kein Einkommen, alle Geldreserven seien aufgebraucht; Moped, TV und goldene Zahninlays habe er bereits verkauft. Er habe keine Mittel, um seinen Lebensunterhalt und den seiner Tochter zu sichern. Nach Angabe des Antragstellers wohne das Kind bei ihm und er kümmere sich um Erziehung und Schulbildung des Kindes. Die Mutter des Kindes und frühere Lebenspartnerin arbeite inzwischen 10 Stunden täglich wechselweise in Früh- und Spätschicht in einem Hotelbetrieb, um ihr Überleben zu sichern. Sie erwarte, dass sich der Antragsteller um die Tochter kümmere. Von ihr sei nach Angabe des Antragstellers keine Hilfe zu erwarten, da sie sich gerade selbst versorgen könne und gelegentlich Essen für die Tochter besorge. Der Aufenthaltsort der Mutter des Kindes sei dem Antragsteller nicht bekannt; diese käme gelegentlich zu Besuch und wohne dann im Zimmer der Tochter. Diese spreche Thailändisch und Englisch, aber kein Deutsch und werde im buddhistischen Glauben erzogen. Ein Umzug nach Deutschland “kommt aus Sicht von Herrn N. nicht in Frage, da dem Kind die Sprachkenntnisse fehlen und sie nicht weiter buddhistisch erzogen werden könne.„ Zudem verweigere die Mutter die Zustimmung für einen Umzug nach Deutschland, weshalb das Kind aus rechtlichen Gründen in T. verbleiben müsse. Den monatlich benötigten Betrag bezifferte der Antragsteller mit 590,00 €. In der Stellungnahme der Deutschen Botschaft B. wurde die Leistung von Sozialhilfe als Darlehen befürwortet.