Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommensberücksichtigung. Pflegegeld
Leitsatz (amtlich)
Pflegegeld nach § 39 SGB 8 ist weder ganz noch teilweise als Einkommen iS des § 11 SGB 2 zu berücksichtigen.
Orientierungssatz
In diesem Zusammenhang ist die Aufteilung des Pflegegeldes in einen Grundbedarfssatz und einen Erziehungsbeitrag unbeachtlich.
Tenor
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe vom 4. Oktober 2005 (S 7 AS 3304/05 ER) wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin trägt auch die außergerichtlichen Kosten der Antragsteller im Beschwerdeverfahren.
Gründe
I. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob das für die Pflegekinder der Antragstellerin zu 1 gemäß den §§ 27, 33, 39 des Sozialgesetzbuches (SGB) Achtes Buch (VIII) - Kinder und Jugendhilfe - (SGB VII) gezahlte Pflegegeld bei der Bemessung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) teilweise als Erwerbseinkommen der Antragstellerin zu 1 zu berücksichtigen ist.
Die ... geborene Antragstellerin lebt mit ihrem Sohn T. (Antragsteller zu 2) und den beiden Pflegekindern R. S. und E. in einer Vier-Zimmer-Mietwohnung in K. Für ihre Pflegekinder erhält sie vom Landkreis K. - Jugendamt - Hilfe zur Erziehung in Form der Vollzeitpflege gemäß den §§ 27, 33, 39 SGB VIII in Höhe von monatlich 713,- € je Kind. Am 06.12.2004 beantragte die Antragstellerin zu 1 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II. Dieser Antrag wurde von der Agentur für Arbeit Karlsruhe und dem Landkreis K. mit Bescheid vom 28.12.2004 zunächst abgelehnt mit der Begründung, die Antragstellerin zu 1 sei nach den von ihr nachgewiesenen Einkommensverhältnissen nicht hilfebedürftig. Auf den Widerspruch der Antragstellerin zu 1 erließ die Agentur für Arbeit Karlsruhe den Bescheid vom 25.02.2005, mit dem den Antragstellern für die Zeit vom 01.01.2005 bis 30.06.2005 monatliche Leistungen in Höhe von 367,08 € gewährt wurden. Im Übrigen wurde der Widerspruch von der Widerspruchsstelle der Agentur für Arbeit Karlsruhe mit Widerspruchsbescheid vom 25.02.2005 als unbegründet zurückgewiesen.
Auf einen Antrag der Antragstellerin zu 1 auf Fortzahlung der Leistungen nach dem SGB II vom 31.05.2005 erließ die Agentur für Arbeit Karlsruhe unter dem Datum vom 26.07.2005 zwei Bescheide. In einem der Bescheide wird die Höhe der den Antragstellern für die Zeit vom 01.01. bis 30.06.2005 zustehenden Leistungen neu berechnet und festgestellt, dass den Antragstellern in diesem Zeitraum Leistungen in Höhe von 54,34 € zuviel gezahlt worden seien. Dieser Betrag werde von der Zahlung für Juli 2005 abgezogen. Im anderen Bescheid vom 26.07.2005 werden den Antragstellern Leistungen für die Zeit vom 01.07. bis 31.12.2005 bewilligt. In beiden Bescheiden wird bei der Berechnung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes von dem Pflegegeld, das die Antragstellerin zu 1 für ihre beiden Pflegekinder erhält, ein Betrag in Höhe von insgesamt 305,62 € als eigenes Erwerbseinkommen (“Sonstiges Erwerbseinkommen„) angerechnet. Gegen beide Bescheide legte die Antragstellerin zu 1 am 19.08.2005 Widerspruch ein, über den noch nicht entscheiden wurde.
Am 22.08.2005 hat die Antragstellerin zu 1 außerdem den Erlass einer einstweiligen Anordnung beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) beantragt. Sie hat geltend gemacht, dass die Antragsgegnerin das Erziehungsgeld für die Pflegekinder zu Unrecht als Einnahmen berücksichtigt habe. Bei dem Erziehungsgeld handele es sich nicht um Einnahmen der Pflegeperson, sondern um Leistungen für die Pflegekinder. Ihre Auffassung werde durch zwei Entscheidungen des Sozialgerichts Aurich vom 24.02.2005 (S 25 AS 6/05 ER) und 15.04.2005 (S 15 AS 27/05 ER) bestätigt.
Die Antragsgegnerin ist dem Antrag entgegengetreten und hat ausgeführt, ein Anordnungsgrund für den Erlass einer einstweiligen Anordnung sei nicht glaubhaft gemacht worden. Es gehe allein um die Anrechnung des Pflegegeldes. Leistungen unter Anrechnung eines Betrages von 305,62 € sowie von Erwerbseinkommen würden laufend bewilligt. Die Anrechnung des Pflegegeldes sei auch in der vorgenommenen Höhe zu Recht erfolgt. Das Pflegegeld nach dem SGB VIII setze sich aus einem Pflegegeld und einem Anteil von 269,- € als Erziehungsgeld zusammen. Bei dem Erziehungsgeld handele es sich um Einnahmen der Pflegeperson. Diese seien als Einkommen zu berücksichtigen. Zu beachten sei zwar, dass es sich hierbei um eine zweckgebundene Einnahme nach § 11 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a) SGB II handele. Leistungen nach dem SGB II seien aber nur zu gewähren, wenn die Lage nicht so günstig beeinflusst wird, dass daneben noch die Leistungen des SGB II gerechtfertigt wären. Gerechtfertigt seien Leistungen aber spätestens dann nicht mehr, wenn der Erziehungsbeitrag die hälftige Regelleistung übersteige. Die Antragstellerin zu 1 erhalte Erziehungsbeiträge von insgesamt 538,- € (2*269,- €). Es sei daher nicht...