Entscheidungsstichwort (Thema)
Erstattung von Kosten im Vorverfahren. Vertretungskosten durch Verbandsvertreter. Höhe der notwendigen Aufwendungen zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung. satzungsrechtliche Regelungen. Anspruch auf Rechtsdienstleistungen. verfassungskonforme Auslegung
Orientierungssatz
1. Kosten für einen Verbandsvertreter können notwendige Aufwendungen zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung im Widerspruchsverfahren sein.
2. Für eine wirksame Kostenverpflichtung müssen gemäß der Rechtsprechung des BSG (vom 29.3.2007 = B 9a SB 3/05 R = BSGE 98, 183 = SozR 4-1300 § 63 Nr 6) der Anspruch auf Rechtsdienstleistungen und die damit korrelierende Kostenerhebung in einer satzungsrechtlichen Regelung wurzeln; ein bloßer Geschäftsbesorgungsvertrag reicht insoweit nicht. Aus der satzungsrechtlichen Grundlage muss dabei für Vereinsmitglieder wie auch Dritte klar und deutlich erkennbar sein, unter welchen Voraussetzungen sowie in welcher Höhe die Forderung entsteht und ob das Vereinsmitglied sie gegebenenfalls in dieser Höhe auch endgültig trägt.
3. Ein Kostenerstattungsanspruch auf satzungsgemäß erhobenes Entgelt besteht auch unabhängig davon, dass der Sozialverband die Kostenschuld eines bedürftigen Mitglieds teilweise begleicht, wenn dieses keinen durchsetzbaren Anspruch auf vollständige Kostenerstattung durch den Verfahrensgegner erwirbt.
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 25. Juni 2012 aufgehoben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 27. Mai 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. September 2011 verurteilt, dem Kläger weitere Kosten des Widerspruchsverfahrens W 303/11 in Höhe von 212,00 € zu erstatten.
Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten für beide Rechtszüge zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Erstattung höherer Kosten für eine Vertretung durch die V. im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens.
Der Kläger ist seit 1. Oktober 2008 Mitglied beim Sozialverband V. Deutschland, Landesverband Baden-Württemberg e.V., Stuttgart, im weiteren V.-Landesverband Baden-Württemberg. Dessen Satzung enthielt in der ab dem 1. Januar 2010 geltenden Fassung (Beschlüsse der Mitgliederversammlung vom 18. September 2008 eingetragen im Vereinsregister des Amtsgerichts Stuttgart am 13. Januar und 29. April 2009) u.a. folgende Regelung zur Kostenerhebung hinsichtlich der Ansprüche auf Rechtsdienstleistungen:
“ § 2
Wesen und Zweck des V.
...
2. Der V. ist eine Sozial- und Arbeitnehmerorganisation und verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke im Sinne des Abschnitts “steuerbegünstigte Zwecke„ der Abgabenordnung. Der V. ist selbstlos tätig; er verfolgt nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke. … Der V. unterhält die dazu notwendigen Einrichtungen in eigener Verwaltung, soweit sie sich aus den Bestimmungen der Satzung ergeben.
3. Mittel des V. dürfen nur für die satzungsmäßigen Zwecke verwendet werden. Zuwendungen an die Mitglieder des V. sind nur zulässig, wenn und soweit sie durch die Bestimmungen dieser Satzung geregelt sind. .…
4. Der Verbandszweck soll vornehmlich erreicht werden durch
a) ...
b) Betreuung des in § 3 Ziffer 1. und 2. genannten Personenkreises in versorgungs-, fürsorge-, sozialversicherungs-, behinderten-, sozialhilfe- und in anderen sozialhilferechtlichen Angelegenheiten sowie in der Altenhilfe und Altenarbeit; wird die Betreuung durch eine rechtlich selbstständige Kapitalgesellschaft oder deren Mitarbeiter wahrgenommen, so müssen sämtliche Anteile an einer solchen Gesellschaft vom V. gehalten werden.
...
§ 7
Rechten und Pflichten der Mitglieder
1. Jedes Mitglied hat das Recht der Inanspruchnahme der Verbandseinrichtungen, der Beteiligung an Mitgliederversammlungen und Wahlen, solange es seine Verpflichtungen dem V. gegenüber erfüllt.
...
4. Die Mitglieder haben das Recht, bei der Verfolgung ihrer versorgungs-, fürsorge-, sozialversicherungs-, behinderten-, sozialhilfe- und anderen sozialrechtlichen Ansprüche die Hilfe des V. in Anspruch zu nehmen. Ein Hilfeanspruch besteht nicht, wenn das Hilfebegehren offensichtlich unbegründet ist oder ihm deshalb nicht entsprochen werden kann, weil die Vertretungsbefugnis fehlt. . Soweit für die Wahrnehmung der betreffenden Aufgaben die vom V. errichtete V. Sozialrechtsschutz gGmbH mit dem Sitz in Stuttgart besteht, leistet der V. seine Hilfe durch Einschaltung dieser Gesellschaft.
5. Die Bearbeitung von Vorverfahren nach dem Sozialgerichtsgesetz oder der Verwaltungsgerichtsordnung und die Vertretung vor den Sozialgerichten und Verwaltungsgerichten sowie den Landessozialgerichten und dem Verwaltungsgerichtshof obliegt der vom V. errichteten Sozialrechtsschutz gGmbH mit Sitz in Stuttgart und ihren Geschäftsführern und Mitarbeitern. Die Vertretung von Mitgliedern in Verfahren vor dem Bundessozialgericht wird durch den Sozialverband V. Deutschland e.V. mit dem Sitz ...