Entscheidungsstichwort (Thema)
gesetzliche Unfallversicherung. Rückforderungsanspruch gegen den Erben gem § 96 Abs 4 S 1 SGB 7. Nachlassverbindlichkeit iS von § 1967 BGB. kein Vertrauensschutz gem §§ 45ff SGB 10
Leitsatz (amtlich)
1. Der Rückforderungsanspruch nach § 96 Abs 4 S 1 SGB 7 gegen den Erben des Versicherten gehört beim Tod des Erben zu den Nachlassverbindlichkeiten nach § 1967 Abs 1 BGB, für den dessen Gesamtrechtsnachfolger haftet.
2. Der Gesamtrechtsnachfolger des Erben des Versicherten kann dem Rückforderungsanspruch des Unfallversicherungsträgers aus § 96 Abs 4 SGB 7 keine in seiner Person gründende Vertrauensschutzgründe nach §§ 45ff, 50 SGB 10 entgegenhalten.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 20. September 2005 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin zur Rückzahlung von Verletztenrente verpflichtet ist, die die Beklagte dem Vater der Klägerin (Versicherter) über dessen Tod hinaus auf das Konto der Witwe, der Mutter der Klägerin, überwiesen hat.
Der Versicherte erhielt auf Grund eines Unfalls von 1956 eine Verletztenrente vom Württembergischen Gemeindeunfallversicherungsverband, einem Rechtsvorgänger der Beklagten (im folgenden nur noch Beklagte). Der Versicherte verstarb 1993. Alleinerbin wurde seine Ehefrau, die 2000 verstarb. Die Klägerin wurde Alleinerbin ihrer Mutter.
Die Verletztenrente des Versicherten wurde bis Juli 2001 auf das angegebene Konto bei der Volksbank H. eingezahlt, weil der Tod des Versicherten nicht angezeigt worden ist. Danach wurde die Rente wegen Kontoauflösung dort nicht mehr verbucht und deshalb bis März 2002 auf ein Extrakonto des Postrentendienstes überwiesen.
Nachdem der Beklagten im Mai 2002 der Tod des Versicherten bekannt wurde, holte sie die Auskunft der Volksbank H. vom 21.08.2002 ein. Der Kontostand des Versicherten habe am 10.02.1993 1566,08 DM betragen. Über die Geldleistungen nach dem Tod des Versicherten habe dessen Witwe verfügt, auf deren Namen das betreffende Konto umgeschrieben worden sei.
Nach Anhörung der Klägerin mit Schreiben vom 30.10.2002 über die beabsichtigte Rückforderung der von März 1993 bis zum Juli 2001 überwiesenen Rentenleistungen forderte die Beklagte mit Bescheid vom 08.01.2003 von der Klägerin insgesamt 24.451,64 € zurück.
Die Klägerin legte hiergegen Widerspruch ein, der nicht näher begründet wurde. Mit Widerspruchsbescheid vom 24.04.2003 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Bescheid wurde bestandskräftig.
Nach Einleitung der Zwangsvollstreckung wurde die Rentenüberzahlung für den Zeitraum nach Dezember 2000 in Höhe von 1972,99 € von der Klägerin erstattet. Im Übrigen beantragte die Klägerin den Rückforderungsbescheid gem. § 44 Sozialgesetzbuch (SGB) X zurückzunehmen. Sie haben nach dem Tode ihrer Mutter die Bank beauftragt die Rentenzahlung zurückzuweisen, was aber vor Erteilung eines Erbscheins von der Bank verweigert worden sei. Den Tod des Versicherten habe ihre Mutter beim Bürgermeisteramt angezeigt, das eine Kopie der Sterbeurkunde an die Rentenrechnungsstelle der Post übersandt habe. Da auf der nachfolgenden Rentenmitteilung für den verstorbenen Vater als Berechtigter das Geburtsdatum der Ehefrau eingetragen gewesen sei, habe ihre Mutter angenommen, bei der Rentenzahlung handle es sich um die ihr zustehende Witwenrente. Die eingegangenen Beträge habe ihre Mutter verbraucht, da die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung auch nicht hoch gewesen sei.
Mit Bescheid vom 10.12.2003 wies die Beklagte den Antrag auf Rücknahme des Rückforderungsbescheids ab. Den Mitteilungen zur Leistung aus der gesetzlichen Unfallversicherung der Rentenrechnungsstelle habe nur entnommen werden können, dass die laufende Rentenleistung des Versicherten angepasst würde, von einer Witwenrente habe auch nach Auslegung der Umstände nicht ausgegangen werden können. Außerdem sei nach dem allgemeinen Erfahrungssatz auch deshalb nicht von einer Witwenrente auszugehen gewesen, weil eine Witwenrente nicht höher sei als die ursprüngliche dem Versicherten zustehende Rente.
Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 26.01.2004 zurück.
Die Klägerin hat am 01.03.2004 beim Sozialgericht Reutlingen (SG) Klage erhoben und ihr bisheriges Vorbringen vertieft.
Mit Urteil vom 20.09.2005 hat das SG die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen ist ausgeführt, Vertrauensschutz habe bei der Mutter der Klägerin für die auf § 45 SGB X gestützte Rückforderung von ohne Rechtsgrund geleisteten Zahlungen nicht vorgelegen. Die Witwe habe die jährlichen Mitteilungen über die Anpassung der Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung erhalten. Das unzutreffende Geburtsdatum des Versicherten, nämlich das Geburtsdatum der Witwe, hätten die Mitteilungen der Rentenrechnungsstelle bereits in den Jahren vor dem Tod des Versicherten enthalten. Die Witwe habe eben...