Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommensberücksichtigung. Bausparzinserträge aus Schonvermögen. bereite Mittel trotz Nichtauszahlung. Zweckbestimmte Einnahme. Zufluss
Leitsatz (amtlich)
Zinsen aus einem Bausparvertrag sind für den Hilfebedürftigen verfügbares Einkommen. Dies gilt auch dann, wenn Voraussetzung hierfür die Auflösung des Bausparvertrages ist.
Normenkette
SGB II § 11 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 Nr. 1a, § 12 Abs. 2 Nr. 1, § 40 Abs. 1 S. 2 Nr. 1; Alg-II-VO § 2 Abs. 2 S. 3, Abs. 4; SGB III § 330 Abs. 3; SGB X § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3
Tenor
1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 09.11.2011 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind weder im erstinstanzlichen Klageverfahren noch im Berufungsverfahren zu erstatten.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die teilweise Aufhebung der Bewilligung und Rückforderung von Arbeitslosengeld II (Alg II) aufgrund der mit einem Bausparguthaben erzielten Zinsen im Streit.
Der 1952 geborene erwerbsfähige Kläger befand sich im Leistungsbezug der Beklagten nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II), als er am 18.08.2009 die Weiterbewilligung von Leistungen ab dem 01.09.2009 beantragte. Der Kläger gab hierbei an, abgesehen von einer monatlichen Ehrenamtspauschale von 144 € nach § 3 Nr. 26 EStG (vgl. die Bescheinigung der Lebenshilfe H. e.V. vom 15.07.2009, Bl. 183 der Verwaltungsakte) über kein laufendes Einkommen zu verfügen.
Mit Bescheid vom 18.08.2009 bewilligte der Beklagte dem Kläger für September 2009 Alg II in Höhe von 472,39 € (359 € Regelleistung und 113,39 € Kosten der Unterkunft [KdU]) sowie für die Zeit vom 01.10.2009 bis zum 28.02.2010 monatliche Leistungen in Höhe von 721,38 € (359 € Regelleistung und 362,38 € KdU), wobei jeweils Einkommen auf die Leistungen nicht angerechnet wurde.
Für die Zeit vom 01.03.2010 bis zum 31.08.2010 wurden mit Bescheid vom 15.02.2010, geändert durch Bescheid vom 18.02.2010, monatliche Leistungen in Höhe von 712,70 € bewilligt (359 € Regelleistung und 353,70 € KdU).
Schließlich wurden mit Bescheid vom 12.08.2010 für September 2010 514,96 € (359 € Regelleistung und 155,96 € KdU) und für die Zeit vom 01.10.2010 bis 28.02.2011 monatlich 732,90 € (359 € Regelleistung sowie 373,90 € KdU) bewilligt. Hierbei wurde ein Guthaben bei der “GGH„ für September 2010 angerechnet, welches zu der niedrigeren Bewilligung der KdU in diesem Monat geführt habe.
Durch den Abgleich von Sozialdaten erhielt der Beklagte am 24.01.2011 Kenntnis davon, dass der Kläger im Jahr 2009 einen Kapitalertrag für eine Geldanlage bei der W.-Bausparkasse in Höhe von 68,-- € erzielt hatte.
Der Kläger erklärte auf Anfrage hierzu, dass es sich um vermögenswirksame Leistungen handele, die er von Dezember 1999 bis Dezember 2004 bezogen habe. Er gehe davon aus, dass er dieses Konto bei dem erstmaligen Antrag auf Leistungen nach dem SGB II mitgeteilt habe. Da die Zinsen nicht ausgezahlt würden, sei er der Meinung gewesen, dass er sie nicht auf dem Antragsformular für Alg II habe eintragen müssen. Er entschuldigte sich für dieses Versehen und sagte zu, diese Einnahmen in Zukunft mit entsprechendem Beleg nachzuweisen. Der Kläger legte einen Kontoauszug der W.-Bausparkasse AG vom 31.12.2009 sowie die Steuerbescheinigung der Bausparkasse für das Jahr 2009 vor, wonach dem Kläger am 31.12.2009 68,26 € Zinsen für ein Bausparguthaben in Höhe von 3.413,02 € gutgeschrieben worden waren. In gleicher Weise sind dem Kläger für das Bausparguthaben am 31.12.2010 Zinsen in Höhe von 69,63 € gutgeschrieben worden.
Der Beklagte hörte den Kläger dazu an, dass wegen des Kapitalertrags von 68,-- € im Jahr 2009 und des Kapitalertrags im Jahr 2010 in Höhe von 69,63 € die Rückforderung überzahlter Leistungen in Höhe von 77,89 € beabsichtigt sei (38,26 € Überzahlung im Dezember 2009 und 39,63 € im Dezember 2010).
Der Kläger verwies darauf, dass sein gesamtes Vermögen (Sparguthaben, Girokonto- und Bargeldbestand) nur ca. die Hälfte des ihm zustehenden anrechnungsfreien Vermögensbetrages ausmache. Die jährlich anfallenden Zinsen zum staatlich geförderten Sparguthabens würden diesem Konto gutgeschrieben und seien damit ein Teil dieses Sparkontos. Die Zinsen stünden überdies nicht zur Deckung des laufenden Lebensunterhalts zur Verfügung und dienten auch nicht diesem Zweck. Die Sparzinsen sorgten gerade eben für den Geldwerterhalt des Sparkontos in Form eines Inflationsausgleichs.
Der Kläger legte eine Bestätigung der W.-Bausparkasse AG vom 04.03.2011 vor, wonach es bei dem Bausparvertrag nicht möglich sei, sich nur die Zinsen auszahlen zu lassen, sondern lediglich die Auflösung des Vertrags insgesamt möglich sei. Eine Teilverfügung sei bei der aktuellen kleinstmöglichen Bausparsumme des Klägers nicht zulässig.
Mit Bescheid vom 03.05.2011 hob der Beklagte den Bewilligungsbescheid vom 18.08.2009 für die Zeit vom 01. bis 31.12.2009 teilweise in Höhe von 38,26 € auf. Abzüglich eines Freibetrags von 30,-- € habe die Anr...