Leitsatz (amtlich)

Ein Geldinstitut ist auch dann verpflichtet, die für einen Zeitraum nach dem Tod des Rentenempfängers überwiesene Rente zurück zu überweisen, wenn es vor Eingang des Rückforderungsverlangens in Kenntnis des Todes des Rentenempfängers eine anderweitige Verfügung ausgeführt hat (Anschluss an Urteil des BSG v. 22. April 2008, B 5a/4 R 76/06 R, juris)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 23. April 2012 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten beider Rechtszüge.

Der Streitwert des Verfahrens wird auf 1.814,12 € festgesetzt.

 

Tatbestand

Der klagende Rentenversicherungsträger begehrt die Rücküberweisung einer überzahlten Rentenleistung in Höhe von 1.814,12 €, die nach dem Tod der Rentenempfängerin auf deren Konto beim beklagten Geldinstitut überwiesen worden war.

Die Klägerin zahlte ihrer Versicherten H. A. eine Altersrente für Frauen; im November und Dezember 2010 kamen monatlich 454,29 € netto, ab Januar 2011 monatlich 452,29 € netto zur Auszahlung. Diese Zahlungen wurden auf das Konto der Rentenberechtigten bei der Beklagten überwiesen.

Die Versicherte verstarb am 3. Oktober 2010. Die Rentenzahlungen für die Monate November 2010 bis März 2011 in Höhe von insgesamt 2.266,89 € wurden durch die Klägerin weiter auf das Konto der Versicherten überwiesen.

Am 9. März 2011 teilte die Betreuerin der Versicherten der Deutschen Post AG NL Renten Service mit, dass die Versicherte am 3. Oktober 2010 verstorben sei. Eine Sterbeurkunde liege ihr nicht vor. Wegen weiterer Auskünfte verwies sie auf die Erbinnen N. K. und J. M.. Mit am 18. März 2011 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben leitete der Renten Service die Mitteilung der Betreuerin weiter und teilte zugleich mit, die Rente sei eingestellt worden.

Auf das am 28. März 2011 bei der Beklagten eingegangene Rückforderungsersuchen veranlasste diese eine Rücküberweisung der Rentenzahlung für den Monat März 2011 in Höhe von 452,77 €. Eine weitere Rückzahlung sei nicht möglich, da das Konto gelöscht sei. Der zurückgeforderte Betrag sei nicht zur Befriedigung eigener Forderungen verwendet worden. Vor dem Renteneingang am 29. Oktober 2010 habe der Kontostand 2.485,27 €, vor dem Renteneingang am 30. November 2010 2.939,56 €, am 30. Dezember 2010 3.393,85 € und am 31.Januar 2011 3.819,14 € betragen. Das Konto sei am 23. Februar 2011 aufgelöst worden. Nach den beigefügten Kontoauszügen wurde am 23. Februar 2011 an Frau J. M. ein Betrag in Höhe von 2.128,08 €, an Frau N. K. ein Betrag in Höhe von 2.128,09 € überwiesen. Auf Anfrage der Klägerin teilte die Beklagte mit Schreiben vom 5. Mai 2011 mit, der Tod der Versicherten sei ihr am 23. Februar 2011 bekannt geworden.

Mit Schreiben vom 13. Mai 2011 machte die Klägerin gegenüber der Beklagten eine Forderung in Höhe von 1.814,12 € geltend. Der “dem Grunde nach vom Geldinstitut zu erstattende Betrag„ ergebe sich aus einem Vergleich des bei Eingang der Rückforderung bzw. bei Kenntnis vom Tod des Rentenberechtigten gegebenen Kontostands und der Höhe des verbliebenen Schutzbetrags. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass die Beklagte nach eigenen Angaben bereits am 23. Februar 2011 Kenntnis vom Tod des Rentenempfängers gehabt habe. Die nach dieser Zeit erfolgten Verfügungen bzw. die erfolgte Kontoauflösung führe nicht zu einer Minderung des Rücküberweisungsanspruches gegenüber dem Geldinstitut. Die Beklagte könne sich nicht auf eine anderweitige Verfügung über das Guthaben berufen (hier die Kontoauflösung), da sie im Zeitpunkt der Ausführung Kenntnis vom Tod gehabt habe. Zum Zeitpunkt der Kontoauflösung durch die Erben habe der Kontostand noch 4.271,91 € betragen. Die Beklagte hätte nicht alles auszahlen dürfen.

Mit Schreiben vom 26. Mai 2011 trat die Beklagte dieser Forderung entgegen. Eine Rückzahlungsverpflichtung bestehe nicht. Bei Eingang der Rückforderung der Rente sei das Konto bereits aufgelöst gewesen. Die verfügungsberechtigten Personen seien die Erben je zur Hälfte. § 118 SGB VI sehe nicht vor, dass das Recht der Bank, Zahlungen an Dritte zu gestatten, ab dem Moment der Kenntnis des Todes eingeschränkt sei.

Am 31. August 2011 erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG). Zur Begründung gab sie an, das Geldinstitut könne sich nicht nach § 118 Abs. 3 Satz 3 SGB VI darauf berufen, dass über den dem Wert der Rente entsprechenden Betrag anderweitig verfügt worden sei, wenn es im Zeitpunkt der Ausführung Kenntnis von Tod des Berechtigten gehabt habe oder grob fahrlässig nicht gehabt habe.

Die Beklagte führte aus, zum Zeitpunkt des Eingangs des Rückforderungsbegehrens sei das Konto der Rentenberechtigten bereits aufgelöst gewesen. Die verfügungsberechtigten Erben hätten vor Eingang des Rückforderungsbegehrens berechtigterweise über den Betrag verfügt. Die Ansicht der Klägerin würde der Beklagten beim Tod eines Kunden eine zu umfassende Prüfungspflicht auferlegen dahingehend, ob Rentenzahlungen auf dem Konto eingegangen seien.

Darüber hinaus sei zu beachten, dass...

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