Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Behördeneigenschaft der Arbeitsgemeinschaften. Beteiligte im sozialgerichtlichen Verfahren. gerichtliche Überprüfung. Beurteilungszeitraum. Arbeitslosengeld II. Einkommensberücksichtigung. Absetzung der Darlehenstilgung für eine Eigentumswohnung. Unterkunftskosten. Verfassungsmäßigkeit des § 20 SGB 2
Leitsatz (amtlich)
1. Arbeitsgemeinschaften gemäß § 44b SGB 2 sind Behörden iS des § 1 Abs 2 SGB 10 in der Rechtsform einer rechtsfähigen Anstalt des öffentlichen Rechts.
2. Lehnt die Arbeitsgemeinschaft einen Anspruch auf Arbeitslosengeld II ab, kommt es in einem anschießenden Rechtsstreit für die Beurteilung des geltend gemachten Anspruchs auf die Sach- und Rechtslage in dem Zeitraum an, für den nach § 41 Abs 1 S 4 SGB 2 Leistungen hätten bewilligt und im Voraus hätten erbracht werden sollen, falls der geltend gemachte Anspruch für begründet erachtet worden wäre.
3. Tilgungsraten für einen Kredit zur Anschaffung einer Eigentumswohnung sind grundsätzlich nicht als Kosten für die Unterkunft zu werten, weil die Schuldentilgung der Vermögensbildung dient (vgl zur Sozialhilfe BVerwG vom 10.09.1992 - 5 C 25/88 - ZfSH/SGB 1993, 586).
4. Die Regelungen in § 20 Abs 2 und 3 SGB 2 sind verfassungsgemäß.
Orientierungssatz
Auch wenn der Arbeitsgemeinschaft nur Teilrechtsfähigkeit zugesprochen wird, kann sie gem § 70 SGG Beteiligte im sozialgerichtlichen Verfahren sein, da § 70 Nr 1 SGG so verstanden werden muss, dass er alle Organisationen erfasst, soweit diese rechtsfähig sind.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 12. April 2005 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitssuchende - (SGB II).
Die am ... geborene Klägerin ist verheiratet und lebt mit ihrem am .. geborenen Ehemann in E. Sie kann mindestens drei Stunden täglich einer Erwerbstätigkeit nachgehen, ist aber seit längerem arbeitslos. Arbeitslosengeld bezog sie zuletzt bis 13.06.2003, anschließend erhielt sie bis Ende 2004 Arbeitslosenhilfe. Seit 01.01.2005 erzielt die Klägerin keinerlei Einkünfte. Der Ehemann der Klägerin erhält von der Landesversicherungsanstalt Baden-Württemberg Altersrente. Die Rentenleistung betrug nach Abzug der Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung 964,58 € ab 01.04.2004, seit 01.07.2005 beläuft sich der monatliche Zahlbetrag nach Abzug der genannten Beiträge auf 959,80 €. Eine seit 1999 ausgeübte Nebentätigkeit gab der Ehemann der Klägerin Ende 2004 auf. Die Klägerin bewohnt mit ihrem Ehemann eine Eigentumswohnung; auf das hierfür aufgenommene Darlehen zahlten sie im Jahre 2003 638,20 € Zinsen und 4.909,64 Tilgung. Zum 31.12.2004 bestand noch eine zu verzinsende Kapitalschuld in Höhe von 9.248,14 €. Neben ihrem Miteigentumsanteil in Höhe von 50% an der selbst bewohnten Eigentumswohnung verfügt die Klägerin noch über eine Kapitallebensversicherung mit einer Versicherungssumme von 21.526,00 €, die am 01.09.2011 fällig wird. Zum 01.11.2004 belief sich die Summe der eingezahlten Beiträge auf 14.644,11 €, der Rückkaufswert betrug zu diesem Zeitpunkt 17.001,69 €. Eine Verwertung der Versicherung vor Eintritt in den Ruhestand ist nicht vertraglich unwiderruflich ausgeschlossen. Weiteres Vermögen besitzen die Klägerin und ihr Ehemann nicht.
Am 05.10.2004 beantragte die Klägerin bei der ALH-Arbeitsgemeinschaft Agentur für Arbeit und Landkreis H. (Beklagte) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Bei der Antragstellung legte sie Quittungen für die Praxisgebühr, eine Aufstellung der Patientenzuzahlungen der Apotheke, eine Saldomitteilung ihrer Bank im Zusammenhang mit dem Wohnungseigentum, den Grundsteuerbescheid 2002 und eine Aufstellung der Gesamtkosten für die Wohnung vor. Daraus ergeben sich für die Zeit ab 01.01.2005 monatliche Nebenkosten für die Wohnung in Höhe von 159,84 €. Hierbei sind folgende Abgaben enthalten: Grundsteuer, Gebäudeversicherung, Abfallgebühren, Wasser- bzw. Abwassergebühren, Treppenhausbeleuchtung, Kabelanschluss, Hausmeisterkosten, Kosten für den Aufzug, Wasseraufbereitung, Betriebskosten, Verwaltungsgebühren, Abrechnungskosten, Heizkosten und Schuldzinsen. Nicht berücksichtigt sind Instandsetzungsrücklagen in Höhe von jährlich 314, - € (monatlich 26,17 €) und die Tilgungsraten für das Darlehen. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 24.11.2004 und Widerspruchsbescheid vom 25.01.2005 ab. Sie führte aus, ausgehend von einer Altersrente des Ehemanns der Klägerin in Höhe von 964,58 € ergebe sich nach Abzug der Versicherungspauschale von 30,- €, des eigenen Bedarfs von 311,- € sowie der anteiligen Kosten der Unterkunft von 79,92 € ein Überschuss von 543,66 €, der den Bedarf der Klägerin in Höhe von 424,92 € nicht nur decke, sondern überschreite.
Am 03.02.2005 hat di...