Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. zusätzlicher Bedarf. Beiträge zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung. Anrechnung vorhandenen Einkommens. Unterkunft und Heizung. Inklusivmiete. Abzug einer "Energiepauschale"
Leitsatz (amtlich)
1. Wird im Rahmen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung als Leistungen für Unterkunft und Heizung eine Inklusivmiete berücksichtigt, in der auch die Stromkosten enthalten sind, ist im Recht der Sozialhilfe - anders als im Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende - der Abzug einer "Energiepauschale" vom Regelsatz nach § 42 Nr. 1 i.V.m. 27a Abs. 4 Satz 1 SGB XII zulässig.
2. Zur Berücksichtigung der Beiträge zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung als Bedarf im Rahmen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 25. März 2014 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger begehrt höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) für die Zeit vom 1. April bis 31. Dezember 2012.
Der 1938 geborene Kläger lebt von seiner Ehefrau seit Februar 2010 dauerhaft getrennt. Letztere bezog mangels eigenen Einkommens und ausreichenden Vermögens Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Zum 1. März 2010 verzog der Kläger von B., Landkreis K., in den örtlichen Zuständigkeitsbereich des Beklagten nach A., Landkreis O.. Dort lebt er voll möbliert in einem Zimmer mit Küchen- und Badmitbenutzung zur Miete. Die monatliche Grundmiete betrug im streitigen Zeitraum € 200.- zzgl. € 20.- für die Möblierung. An Heizungskosten fielen monatlich € 40.- an; weitere Nebenkosten - auch für Haushalts- und Kochenergie - waren nicht, auch nicht an Dritte zu zahlen. Die Warmwasserbereitung erfolgt über die Heizung. Die Unterkunft wurde vom Vermieter nur möbliert angeboten.
Bei Antragstellung beim Beklagten im Mai 2011 verfügte der Kläger über Vermögen i.H.v. ca. € 25.- zzgl. Geschäftsanteile seiner Bank i.H.v. ca. € 10.-. Nachdem das Girokonto des Klägers zunächst ab Februar 2010 gesperrt (Abgabe der eidesstattlichen Versicherung am 15. Februar 2010) und im September 2011 aufgelöst worden war, verfügte er jedenfalls in 2012 wiederum über ein eigenes Girokonto, dessen Guthabenstand im streitigen Zeitraum maximal € 1.038,08 betrug. Weiteres Vermögen war nicht vorhanden. Der Kläger bezog Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung i.H.v. € 640,71 zzgl. Zuschuss zur privaten Krankenversicherung i.H.v. € 46,77 (gesamt € 687,48) und ab 1. Juli 2012 i.H.v. € 654,70 zzgl. Zuschuss i.H.v. € 47,80 (gesamt € 702,50). Ab dem 11. April 2012 war der Kläger im Basistarif privat kranken- und pflegeversichert. Der monatliche Gesamtbeitrag lag bei € 333,73 (Krankenversicherung € 296,44, Pflegeversicherung € 37,29), anteilig für April 2012 € 222,49 (= hälftiger Basistarif). Auf eine Rechtsschutzversicherung hatte er vierteljährlich € 63,55 zu zahlen. Weitere private Versicherungen bestanden nicht.
Nachdem der Beklagte zunächst mit Bescheid vom 26. Januar 2012 eine Leistungsgewährung mangels Hilfebedürftigkeit abgelehnt hatte, bewilligte er während des Widerspruchsverfahrens nach Nachweis der privaten Kranken- und Pflegeversicherung mit Abhilfe- und Bewilligungsbescheid vom 23. Juli 2012 für die Zeit vom 1. April 2012 bis voraussichtlich 31. Dezember 2012 i.H.v. € 119,94 (April), € 231,18 (Mai und Juni) und € 216,16 (ab Juli). Auf Bedarfsseite berücksichtigte er dabei neben dem Regelbedarf i.H.v. € 374.- die Grundmiete abzüglich einer Energiepauschale i.H.v. € 29,07, die Heizungskosten i.H.v. € 40.- sowie den Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag i.H.v. € 333,73, anteilig für April 2012 € 222,49. Nicht anerkannt wurden die Nebenkosten für die Möblierung. Als Einkommen wurde demgegenüber die Altersrente i.H.v. € 687,48, ab 1. Juli 2012 € 702,50 angerechnet.
Zur Begründung des dagegen eingelegten Widerspruches führte der Kläger aus, der Beklagte habe ihm nach aktueller Rechtsprechung einen Betrag i.H.d. hälftigen Basistarifs zu gewähren. Eine Beschränkung auf den niedrigeren Beitragssatz nach § 12 Abs. 1c Satz 5 und 6 des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) sei im Recht der Sozialhilfe bereits nach dem gesetzlichen Wortlaut, aber auch aus verfassungsrechtlichen Gründen ausgeschlossen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 31. Juli 2012 wies der Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 26. Januar 2012 für die Zeit bis einschließlich März 2012 zurück.
Mit Widerspruchsbescheid vom 23. April 2013, zugestellt am 27. April 2013, wies der Beklagte auch den Widerspruch gegen den Bescheid vom 23. Juli 2012 als unbegründet zurück. Der Beitrag des Klägers zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung sei in tatsächlicher Höhe (hälftiger Basistarif) in die Bedarfsberechnung eingestellt worden; aufgrund der Einkommensanrechnung ergebe sich ...