Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausländerbeschäftigung. Arbeitsgenehmigung-EU. bevorrechtigte Arbeitnehmer. Ausbildungszusage. Arbeitgeberwunsch. sachlicher Grund
Orientierungssatz
Wünsche und Anforderungen eines Arbeitgebers können bei der Erteilung einer Arbeitsgenehmigung-EU gem § 284 Abs 3 SGB 3 iVm § 39 Abs 2 AufenthG 2004 nur dann Beachtung finden, wenn sie auf sachlich gerechtfertigten betrieblichen Gründen beruhen. Rein persönliche Gründe, wie auch die schlichte Bereitschaft, einen ausländischen Arbeitnehmer einzustellen, reichen nicht aus.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 29. Mai 2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist noch streitig, ob die Klägerin einen Anspruch auf Erteilung einer Arbeitsgenehmigung-EU nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) durch die Beklagte hatte.
Die am ... 1985 geborene Klägerin ist rumänische Staatsangehörige. Sie ist ledig. Am 09.08.2004 schloss sie in Rumänien das Gymnasium mit Abiturdiplom ab. Sie ist seit 15.01.2007 im Bundesgebiet wohnhaft. Mit Bescheinigung des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 20.08.2007 wurde festgestellt, dass das in Rumänien erworbene Abiturdiplom der fachorientierten Hochschulreife entspricht. Die Klägerin ist im Besitz einer Bescheinigung gem. § 5 FreizügG/EU, wonach die Klägerin zur Aufnahme einer unselbstständigen, arbeitsgenehmigungspflichtigen Erwerbstätigkeit einer Arbeitserlaubnis- oder Arbeitsberechtigung-EU benötigt.
Die Klägerin beabsichtigte ab 01.10.2007 bis 30.09.2010 eine Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenpflegerin am Klinikum E (SKE) mit einer Entlohnung gemäß Tarifvertrag zu absolvieren. Am 12.09.2007 beantragte die Klägerin unter Vorlage ihres Reisepasses, einer Bestätigung des SKE nebst Stellenbeschreibung, eines Zertifikates des Instituts für Auslandsbeziehungen e.V. vom 25.07.2007 über die Teilnahme an einem Sprachkurs Deutsch und einer Meldebescheinigung zur Sozialversicherung gem. § 25 Datenerfassungs- und Übermittlungsverordnung (DEÜV) für die Ausbildung am SKE bei der Agentur für Arbeit G (AA) eine Arbeitsgenehmigung-EU. Sie machte geltend, sie sei entschlossen, an der Hochschule E den Studiengang Pflege/Pflegemanagement mit dem Abschluss Bachelor zu studieren und anschließend als Pflegedienstleiterin zu arbeiten. Hochschulzulassungsvoraussetzung sei insbesondere eine abgeschlossene Berufsausbildung als Krankenschwester und eine einjährige Tätigkeit in diesem Beruf. Sie habe eine schriftliche Zusage für die Ausbildung ab 01.10.2007 erhalten. Gemäß § 2 Abs. 1 Ziff. 3, 5 Anwerbestoppausnahmeverordnung (ASAV) müsse die Arbeitserlaubnis erteilt werden.
Mit Bescheid vom 28.09.2007 lehnte die AA den Antrag der Klägerin ab, da für die beabsichtigte Beschäftigung deutsche und bevorrechtigte ausländischen Arbeitnehmer zur Verfügung stünden. Hiergegen legte die Klägerin am 02.10.2007 Widerspruch ein. Sie berief sich darauf, dass die Ablehnung im Hinblick auf die weiter anwendbare Vorschriften § 2 Abs. 1 Ziff. 3, 5 ASAV, der ArbGV und § 284 Abs. 6 SGB III rechtswidrig sei, dass besondere Dringlichkeit vorliege, auf die Arbeitsmarktlage auf ihre Zugehörigkeit zu einem besonders qualifizierten Personenkreis, das Ziel ihrer Aus- und Weiterbildung als höher qualifizierte Fach- und Führungskraft im Rahmen eines einheitlichen anerkannten Lehr- und Ausbildungsplanes als Gesamtplan, auf das Vorliegen einer Härte wegen der sonst fehlenden Möglichkeit des Hochschulstudiums, hoher Kosten des absolvierten Sprachkurses am Institut für Auslandsbeziehungen, auf fehlende finanzielle Rücklagen, auf die erforderliche Anmietung einer Wohnung im Gästehaus der SKE sowie auf ihre in Rumänien lebenden Eltern und bestritt, dass bevorrechtigte Arbeitnehmer vorhanden seien. Das SKE habe noch am 15.09.2007 in der Stuttgarter Zeitung für den Ausbildungsbeginn 01.10.2007 Krankenpflegeschüler gesucht. Hierzu legte die Klägerin eine Kopie einer Zeitungsannonce vor.
Mit Widerspruchsbescheid vom 04.10.2007 wies die AA den Widerspruch der Klägerin zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Klägerin gehöre zum "genehmigungspflichtigen Personenkreis". Von der Geschäftsstelle E sei bestätigt worden, dass genügend geeignete bevorrechtigte Bewerber vorhanden seien. Momentan bestehe ein großes Ungleichgewicht zwischen gemeldeten Ausbildungsstellen und Bewerbern. Vorliegend stünden genügend bevorrechtigte Arbeitnehmer zur Verfügung. Die Beschäftigungsmöglichkeiten und damit die schutzwürdigen Interessen der bevorrechtigten Arbeitnehmer wäre beeinträchtigt, wenn der Klägerin die Arbeitsgenehmigungs-EU erteilt werde. Der Sachverhalt müsse allein nach § 284 SGB III beurteilt werden. Der Hinweis, dass sich der Antrag auf § 2 Abs. 1 Ziff. 3 und 5 ASAV beziehe, werde nicht geteilt.
Hiergegen erhob die Klägerin am 04.10.2007 Klage beim Sozialgericht ...