Entscheidungsstichwort (Thema)
Elterngeld. Einkommensermittlung. nichtselbstständige Arbeit. Provision. Nichtberücksichtigung von sonstigen Bezügen. Behandlung im Lohnsteuerabzugsverfahren. keine offensichtliche Unrichtigkeit der Handhabung durch den Arbeitgeber
Orientierungssatz
Erfolgsabhängige Vergütungen (Provisionen), die monatlich in unterschiedlicher Höhe neben dem Festgehalt gewährt werden und später wieder storniert bzw verrechnet werden können, sind bei der Berechnung des Elterngelds nach § 2 Abs 7 S 2 BEEG idF vom 9.12.2010 jedenfalls dann nicht als Einkommen zu berücksichtigen, wenn der Arbeitgeber sie im Lohnsteuerabzugsverfahren als "sonstige Bezüge" behandelt hat und diese Handhabung nicht offensichtlich unrichtig ist.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 03.12.2012 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Klägerin wegen der Erziehung ihres Sohnes P. gegen die Beklagte ein Anspruch auf höheres Elterngeld - nämlich unter Berücksichtigung vom Arbeitgeber gezahlter Provisionen, die dieser steuerlich als sonstige Bezüge deklariert hatte -, zusteht.
Die Klägerin (geboren 975) und ihr Ehemann (geboren 1974) sind die Eltern des 2011 geborenen Kindes P. Die Klägerin war bis zum 23.10.2011 bei einer Personalvermittlungsagentur sozialversicherungspflichtig beschäftigt; anschließend befand sie sich im Mutterschutz. Ihr Gehalt setzte sich zusammen aus einem festen Grundgehalt (3.000,00 € brutto) und monatlichen Provisionen, die sich nach der Erreichung von im Voraus vereinbarten Zielvorgaben errechneten. Die Provisionsvereinbarungen wurden von der Klägerin und ihrem Arbeitgeber zusätzlich zum Arbeitsvertrag geschlossen; sie waren jeweils auf ein Jahr befristet und wurden jährlich neu geschlossen (zum Anstellungsvertrag und den Provisionsvereinbarungen vgl Blatt 21 bis 46 der SG-Akten). Die Provisionszahlungen wurden auf Grundlage der monatlichen Zielerreichung monatlich abgerechnet und ausbezahlt. Nach § 4 Ziffer 3 und 4 der Provisionsvereinbarungen wurde die ausgezahlte Provision allerdings korrigiert und mit neuen Provisionsansprüchen “verrechnet„, wenn ein vermittelter Kandidat die Position nicht antrat oder der Auftrag storniert wurde. Der Arbeitgeber wies die Provisionszahlungen in seinen Gehaltsmitteilungen - anders als das Grundgehalt, das als “laufender Bezug„ deklariert wurde - als “sonstigen Bezug„ aus. Die Klägerin erhielt Einkommen wie folgt:
|
Monat |
Gehaltsbestandteile (brutto) |
Gesamt-Brutto |
Gesamt-Netto |
Oktober 2010 |
Grundgehalt: 3.000,00 € Provision: 1.625,00 € |
4.625,00 € |
2.659,79 € |
November 2010 |
Grundgehalt: 3.000,00 € Provision: 2.068,63 € |
5.068,63 € |
2.930,21 € |
Dezember 2010 |
Grundgehalt: 3.000,00 € Provision: 1.298,96 € |
4.298,96 € |
2.493,85 € |
Januar 2011 |
Grundgehalt: 3.000,00 € |
3.000,00 € |
1.874,13 € |
Februar 2011 |
Grundgehalt: 3.000,00 € |
3.000,00 € |
1.874,13 € |
März 2011 |
Grundgehalt: 3.000,00 € |
3.000,00 € |
1.874,13 € |
April 2011 |
Grundgehalt: 3.000,00 € Provision: 2.437,50 € |
5.437,50 € |
3.089,62 € |
Mai 2011 |
Grundgehalt: 3.000,00 € Whg/Arbeit ST pfl: 17,64 € Privatfahrten: 259,00 € Whg/Arbeit p. St.: 75,60 € |
3.352,24 € |
2.090,88 € |
Juni 2011 |
Grundgehalt: 3.000,00 € Provision: 6.311,25 € Whg/Arbeit ST pfl: 17,64 € Privatfahrten: 259,00 € Whg/Arbeit p. St.: 75,60 € |
9.663,49 € |
5.472,56 € |
Juli 2011 |
Grundgehalt: 3.000,00 € Provision: 5.925,08 € Provision: - 862,58 € Whg/Arbeit ST pfl: 17,64 € Privatfahrten: 259,00 € Whg/Arbeit p. St.: 75,60 € |
8.414,74 € |
4.633,03 € |
August 2011 |
Grundgehalt: 3.000,00 € Whg/Arbeit ST pfl: 17,64 € Privatfahrten: 259,00 € Whg/Arbeit p. St.: 75,60 € |
3.352,24 € |
2.090,88 € |
September 2011 |
Grundgehalt: 3.000,00 € Provision: 1.374,00 € Whg/Arbeit ST pfl: 17,64 € Privatfahrten: 259,00 € Whg/Arbeit p. St.: 75,60 € |
4.726,24 € |
3.097,69 € |
Vom 23.10.2011 bis zum 05.02.2012 bezog die Klägerin Mutterschaftsgeld iHv kalendertäglich 13,00 € von der BKK Sch. Bis zum 05.02.2012 stellte der Arbeitgeber der Klägerin den Dienst-Pkw zur Verfügung. Anschließend war die Klägerin ohne Einkommen.
Die Klägerin beantragte am 16.01.2012 bei der Beklagten die Gewährung von Elterngeld für ihren Sohn P. für die Lebensmonate 1 bis 12. Der Arbeitgeber bescheinigte für den Zeitraum Oktober 2010 bis September 2011 ein “steuerpflichtiges Bruttoeinkommen ohne sonstige Bezüge nach § 38a EStG„ iHv 57.561,...