Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. kein Anspruch auf Entstauungstherapie zur Behandlung von Lymphödemen im Rahmen einer stationären Krankenhausbehandlung. Satzungsbefugnis der Krankenkassen nach § 11 Abs 6 SGB 5. "Rehabilitationseinrichtung" nach § 107 Abs 2 SGB 5. Abgrenzung vom "Krankenhaus" iSv § 107 Abs 1 SGB 5
Leitsatz (amtlich)
Erfüllt eine Klinik die Voraussetzungen einer Rehabilitationseinrichtung nach § 107 Abs 2 SGB V, steht damit zugleich fest, dass diese kein Krankenhaus iS von § 107 Abs 1 SGB V ist. Das führt zwar nicht dazu, dass Krankenhausbehandlung einerseits sowie Rehabilitation andererseits nicht auch in einer Einrichtung gewährt werden können. Erforderlich ist aber, dass diese Bereiche in räumlicher, organisatorischer und wirtschaftlicher Hinsicht eindeutig voneinander getrennt sind.
Orientierungssatz
In den Bereichen des § 11 Abs 6 SGB 5 steht den Krankenkassen zwar ein weiter Gestaltungsspielraum zu, es geht aber ausschließlich um Leistungen, die eine Krankenkasse "zusätzlich" und im unmittelbaren Zusammenhang zum allgemeinen Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung gewährt. Von der Satzungsbefugnis dürfen nur einzelne, konkretisierte Leistungen nicht zugelassener Leistungserbringer umfasst sein.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 30. Mai 2017 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger begehrt eine Entstauungstherapie im Rahmen einer stationären Krankenhausbehandlung in der F. .
Der im Jahr 1967 geborene Kläger ist bei der beklagten Krankenkasse gesetzlich krankenversichert. Er leidet an multikausalen Lymphödemen an beiden Beinen, einem Zustand nach Adipositas per magna und arterieller Hypertonie.
Die F. in H. ist spezialisiert auf Entstauungstherapien zur Behandlung von Lymphödemen. Sie verfügt über eine kassenärztliche Ambulanz, eine Privatambulanz und hat als Rehabilitationseinrichtung einen Versorgungsvertrag mit den Krankenkassen nach § 111 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Über eine Zulassung als Krankenhaus nach § 108 SGB V verfügt die F. nicht.
Mit Schreiben vom 28. Juni 2016 beantragte der Kläger bei der Beklagten eine stationäre Krankenhausbehandlung in der F. . Er legte eine ärztliche Verordnung von Krankenhausbehandlung in der F. des Allgemeinmediziners Dr. W. vom 6. Juni 2016 und einen ärztlichen Befundbericht der Ärztin für Innere Medizin Prof. Dr. F. vom 30. Mai 2016, wonach eine intensive stationäre Entstauungstherapie in ihrer Fachklinik erforderlich sei, vor.
Mit Bescheid vom 7. Juli 2016 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Die F. sei kein Vertragskrankenhaus, sondern eine Rehabilitationseinrichtung. Ein Antrag auf eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme werde ihm zugesandt.
Hiergegen legte der Kläger am 20. Juli 2016 Widerspruch ein. Das Leistungsspektrum der ausgewählten Heilstätte umfasse die spezielle Therapie, die in seinem Fall notwendig sei. Er wolle von seinem Wahlrecht nach § 9 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) Gebrauch machen. Dazu legte er weitere Arztberichte von Prof. Dr. F. vor.
Mit Schreiben vom 29. Juli 2016 wies die Beklagte nochmals darauf hin, dass es sich bei der F. um eine Rehabilitationsklinik handele und benannte zwei Vertragskrankenhäuser, in denen die begehrte Therapie durchgeführt werden könne.
Mit Widerspruchsbescheid vom 19. Januar 2017 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch des Klägers zurück. Nach § 39 Abs. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) hätten Versicherte Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem nach § 108 SGB V zugelassenen Krankenhaus. Die F. sei kein zugelassenes Krankenhaus im Sinne des § 108 SGB V. Auch aus § 27d der Satzung der Beklagte ergebe sich kein Anspruch auf stationäre Krankenhausbehandlung in der F. . Danach trage die Beklagte unter bestimmten Voraussetzungen die Kosten für eine stationäre Behandlung in einem nicht nach § 108 SGB V zugelassenen Krankenhaus. Die F. sei jedoch kein Krankenhaus.
Am 17. Februar 2017 erhob der Kläger beim Sozialgericht Freiburg (SG) Klage und trug zur Begründung vor, die Voraussetzungen von § 27d der Satzung der Beklagten seien erfüllt. Die F. sei ein Krankenhaus im Sinne von § 107 SGB V. Dort würden durchaus akut therapeutische Behandlungen durchgeführt. Die Einrichtung diene der Krankenhausbehandlung, stehe unter fachlich-medizinisch ständiger ärztlicher Leitung und verfüge über ausreichende diagnostische und therapeutische Möglichkeiten. Es werde auch nach wissenschaftlich anerkannten Methoden gearbeitet und zwar mit Hilfe von jederzeit verfügbarem ärztlichem Pflege-, Funktions- und medizinisch-technischem Personal, wobei vorwiegend durch ärztliche Hilfeleistungen Krankheiten der Patienten erkannt, geheilt, die Verschlimmerung verhütet und Krankheitsbeschwerden gelindert würden. Pflegerische Hilfeleistungen würden hinzutreten. Die Patienten seien dort untergebracht und würden verpflegt. Dies alles könne Prof...