Entscheidungsstichwort (Thema)
Fremdrentenrecht. Spätaussiedler. Hinterbliebenenrentenanspruch. Tod des Ehegatten im Heimatland
Leitsatz (amtlich)
1. Es kann offen bleiben, ob die Praxis bei Hinterbliebenenrenten für Spätaussiedler Beitragszeiten eines nicht zum Kreis der in § 1 FRG genannten Personen gehörenden verstorbenen Ehegatten nach §§ 14, 15 FRG zu berücksichtigen, eine gesetzliche Grundlage hatte, da § 14a FRG, eingefügt durch Art 7 des Gesetzes zur Ergänzung des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung und zur Förderung eines kapitalgedeckten Altersvorsorgevermögens (Altersvermögensergänzungsgesetz - AVmEG) vom 21.3.2001 (BGBl I 2001, 403) und in Kraft getreten am 1.1.2002 die Anrechnung von Zeiten nach dem FRG bei Renten wegen Todes an Witwen und Witwer von Personen, die nicht zum Personenkreis des § 1 FRG gehören, nunmehr ausschließt; dies gilt jedoch nicht für Berechtigte, die vor dem 1.1.2002 ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland genommen haben und deren Ehegatte vor diesem Zeitpunkt verstorben ist (§ 14a Satz 2 FRG).
2. Diese Vorschrift greift schon deshalb nicht in ein bereits mit dem Tod des Ehegatten entstandenes Anwartschaftsrecht ein, weil ein vermögenswerter Rechtsanspruch nach dem FRG frühestens mit dem Tag des Zuzugs entsteht (§ 30 FRG) und damit im Falle des Zuzugs von Hinterbliebenen iS dieser Vorschrift nach dem Inkrafttreten der Regelung nicht mehr begründet werden konnte.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 27. März 2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt im Rahmen der Überprüfung die Gewährung einer Witwenrente.
Die Klägerin war mit dem 2000 verstorbenen Victor P. (Versicherter) verheiratet. Am 6. Juni 2002 zog sie aus der Russischen Föderation nach Deutschland zu.
Der Klägerin, die inzwischen deutsche Staatsangehörige ist, wurde vom Landratsamt Rastatt am 9. Juli 2002 eine Bescheinigung gemäß § 15 Abs. 1 Bundesvertriebenengesetzes (BVFG) ausgestellt, wonach sie Spätaussiedlerin nach § 4 BVFG ist.
Am 24. Oktober 2002 stellte die Klägerin bei der Beklagten einen Antrag auf die Gewährung von Witwenrente und gab an, ihr verstorbener Ehemann habe zwar in Deutschland keine Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt, sei aber in Russland von Januar 1970 bis Januar 1996 als Traktorist in einer Kolchose und von April 1997 bis Oktober 2000 als Produktionsleiter in einem landwirtschaftlichen Betrieb jeweils rentenversicherungspflichtig tätig gewesen.
Mit Bescheid vom 28. Januar 2003 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin ab und führte zur Begründung aus, die für die beantragte Rente maßgebliche Wartezeit sei nicht erfüllt. Die von dem verstorbenen Ehemann der Klägerin in der ehemaligen Sowjetunion zurückgelegten Zeiten könnten keine Berücksichtigung finden, weil das Fremdrentengesetz (FRG), das die Gleichstellung von Fremdzeiten mit Bundesgebietszeiten regele, keine Anwendung finde. Der verstorbene Ehemann der Klägerin sei nämlich nicht als Vertriebener oder Spätaussiedler i.S. des BVFG anerkannt. Die Klägerin könne eine Anrechnung der Fremdzeiten auch nicht unter Hinweis auf ihren eigenen Status als Spätaussiedlerin begründen. Dies schließe § 14a S. 1 FRG ausdrücklich aus. Zwar sehe Satz 2 des § 14a FRG von diesem Grundsatz aus Gründen des Vertrauensschutzes für diejenige Fallkonstellation eine Ausnahme vor, dass der Rentenberechtigte vor dem 1. Januar 2002 seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland genommen habe und der Ehegatte des Berechtigten vor diesem Zeitpunkt verstorben sei. Diese Ausnahme sei aber im Fall der Klägerin nicht einschlägig, da diese erst am 6. Juni 2002 nach Deutschland zugezogen sei.
Am 29. Mai 2006 beantragte die Klägerin bei der Beklagten, ihren ablehnenden Bescheid vom 28. Januar 2003 nach § 44 des Zehnten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB X) zu überprüfen und machte geltend, sie sei Spätaussiedlerin und habe deshalb Anspruch auf Witwenrente. Mit Bescheid vom 20. Juni 2006 lehnte es die Beklagte ab, den zur Überprüfung gestellten Bescheid zurückzunehmen. Die Überprüfung habe ergeben, dass die Beklagte weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen sei. Aus den in dem beanstandeten Bescheid genannten Gründen seien auf die Wartezeit 0 Kalendermonate anzurechnen, weshalb kein Anspruch auf Witwenrente bestehe. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 5. Dezember 2006 als unbegründet zurück.
Die Klägerin hat ihren Anspruch weiter verfolgt, am 8. Januar 2007 beim Sozialgericht Karlsruhe Klage eingelegt und vorgetragen, die Beitragszeiten des verstorbenen Ehemanns seien bei der Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen der begehrten Witwenrente zu berücksichtigen, weil andernfalls eine verfassungswidrige Diskriminierung von Spätaussiedlern gegenüber anderen Deutschen eintrete. Spätaussiedler und Vertriebene seien nach A...