Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommensberücksichtigung bzw -berechnung bei selbstständiger Arbeit. keine Absetzbarkeit von Betriebsausgaben nach Darlehensaufnahme
Leitsatz (amtlich)
Zur Absetzbarkeit von Ausgaben im Rahmen von § 3 Abs 3 S 4 Alg-II-VO (juris: AlgIIV 2008).
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 08.04.2013 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger begehrt vom Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 01.10.2011 bis 31.03.2012.
Der 1979 geborene Kläger absolvierte am 20.04.2010 erfolgreich die Zweite Juristische Staatsprüfung. Im streitgegenständlichen Zeitraum bewohnte er zusammen mit seiner Mutter eine 64,55 m² große 3-Zimmer-Wohnung in K.. Die Miete betrug 368,00 €, die Nebenkostenvorauszahlung (inklusive Heizkosten) 163,00 €. Hinzu kam 2011 eine Müllgebühr von jährlich 146,40 € (monatlich 12,20 €).
Bis zum 30.09.2011 bezog er Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 635,59 € monatlich. Im Juli 2011 machte sich der Kläger als Rechtsanwalt selbständig. Hierfür schloss er mit der Sparkasse B. unter dem 14.07.2011 einen Darlehensvertrag über einen zweckgebundenen Förderkredit in Höhe von 31.500 €, die erste Teilauszahlung in Höhe von 10.000 € erfolgte am 20.07.2011, bis zum 31.03.2012 war das Darlehen noch nicht aufgebraucht. Grundlage des Darlehnsgewährung war der Businessplan des Klägers. Zum Businessplan gehörte ein Investitionsplan, der unter dem Stichwort “Betriebsmittel„ für die Ausgaben auf den Liquiditätsplan verwies. Der Liquiditätsplan enthält zum einen unter den Einnahmen auch Leistungen des Beklagten, unter Ausgaben sind folgende Ausgaben vermerkt:
|
Kanzleikosten |
2.500,00 € |
Kontoführungsgebühren |
70,00 € |
PKW (Benzin) |
200,00 € |
PKW (Versicherung und Steuer) |
200,00 € |
Mitgliedschaft Rechtsanwaltskammer (nur im Juli) |
55,00 € |
Berufshaftpflicht (nur im Juli) |
181,83 € |
Mitgliedschaft FJA (nur im Juli) |
25,00 € |
Unternehmerlohn |
720,00 € |
Krankenkasse |
0,00 € |
Krankengeld |
100,00 € |
Versorgungswerk |
84,19 € |
Steuern und Solidaritätszuschlag |
0,00 € |
Unvorhergesehenes. |
100,00 € |
Der Kläger hatte monatliche Fixkosten in Höhe von 2.500 € für Kanzleikosten, 13,65 € Kontoführungskosten, 35,42 € Zinsen für das Darlehen und 25,00 € Internetmonatsgebühr, 218,45 € (ab 01.10.2012 224,44 €) für Kranken- und Pflegeversicherung, 84,19 € (ab 01.01.2012 84,43 €) für das Versorgungswerk der Rechtsanwälte. Im Januar 2012 fielen 110,00 € als Beitrag für die Rechtsanwaltskammer an.
Am 03.08.2011 schlossen die Beteiligten eine Eingliederungsvereinbarung, wonach der Kläger die Hilfebedürftigkeit durch Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit beende. Der Beklagte werde bei Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen Einstiegsgeld gewähren.
Mit Schreiben vom 26.08.2011 beantragte der Kläger die Weiterbewilligung von Leistungen, dem Antrag beigefügt war die Anlage EKS sowie der Businessplan.
Mit Bescheid vom 01.09.2011 bewilligte der Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 20.07.2011 bis 19.01.2012 Einstiegsgeld in Höhe von 182,00 € monatlich.
Mit Bescheid vom 30.09.2011 lehnte der Beklagte die Weiterbewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit ab 01.10.2011 ab. Der Kläger sei unter Berücksichtigung seiner nachgewiesenen Einkommensverhältnisse nicht hilfebedürftig. Das Darlehen werde nicht als Betriebseinnahme berücksichtigt. Allerdings würden die Kosten, die durch das Darlehen gedeckt werden könnten, gemäß § 3 Absatz 3 Satz 4 SGB II-VO nicht als Ausgaben berücksichtigt. Daher stehe dem Kläger für seinen Lebensunterhalt ein geschätztes Einkommen in Höhe von monatlich 2.111,00 € zur Verfügung.
Am 13.10.2011 erhob der Kläger Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid. Das Darlehen sei nicht aufgenommen worden, um die vollen monatlichen betrieblichen Ausgaben zu begleichen. Mit dem Darlehen sollten lediglich die Ausgaben ausgeglichen werden, die durch die betrieblichen Einnahmen nicht gedeckt seien. Folglich stünden ihm die Einnahmen erst dann für den Lebensunterhalt zur Verfügung, wenn durch die Einnahmen alle Ausgaben bezahlt worden seien.
Mit Widerspruchsbescheid vom 10.01.2012 wies der Beklagte den Widerspruch zurück.
Der Kläger hat mit Schreiben vom 18.01.2012, eingegangen am gleichen Tag, Klage zum Sozialgericht K. (SG) erhoben. Nach § 3 Absatz 3 Satz 4 Alg II-VO seien Ausgaben nicht abzusetzen, soweit für sie Darlehen oder Zuschüsse nach dem SGB II erbracht oder betriebliche Darlehen aufgenommen worden seien. Das Darlehen sei aufgenommen worden um die betrieblichen Ausgaben auszugleichen, die nicht bereits durch die Einnahmen gedeckt seien. Das Darlehen sei also aufgenommen worden, um die betrieblichen Verluste auszugleichen, nicht jedoch die vollen betrieblichen Ausgaben. Deshalb stünden dem Kläger die monatlichen betrieblichen Einnahmen nicht zur Verfügung. Der Beklagte habe b...