Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. kein grundsätzlicher Anspruch auf Gewährung einer Rollstuhl-Fahrrad-Kombination
Leitsatz (amtlich)
Krankenversicherte haben grundsätzlich keinen Anspruch auf Gewährung einer Rollstuhl-Fahrrad-Kombination ("Therapie-Tandem", "Speedy-Tandem").
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 8. April 2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Gewährung einer motorgestützten Rollstuhl-Fahrrad-Kombination.
Die 1969 geborene Klägerin ist bei der Beklagten krankenversichert. Sie ist aufgrund einer Spina bifida querschnittsgelähmt und auf den Rollstuhl angewiesen. Von der Beklagten ist die Klägerin mit einem Greifreifenrollstuhl (Leichtgewichtsfaltrollstuhl Meyra “Domino„, seit 11. Februar 2008 Rollstuhl “X 9„), von der Arbeitsagentur mit einem Elektrorollstuhl (Fa. B.) ausgestattet worden.
Im Juni 2007 beantragte die Klägerin unter Vorlage einer entsprechenden Verordnung von Dr. U. die Gewährung eines so genannten Speedy-Tandems der Firma S. Reha-Technik GmbH. Hierbei handelt es sich um sich ein speziell ausgerüstetes Fahrrad, an welches mittels einer über eine Stange geführten Kupplung der Rollstuhl angekoppelt wird. Das Speedy-Tandem ist im GKV-Hilfsmittelverzeichnis gelistet (Positionsnummer 18.51.03.0005). Die Klägerin legte einen Kostenvoranschlag der Firma S.-Reha-Technik GmbH über insgesamt 6.188,67 € vor. Darin ist auch ein Motor als Zusatzausstattung enthalten. Dieser sei, so ein Bericht der Firma S. Reha-Technik GmbH, aufgrund des hügeligen Wohnumfeldes der Klägerin notwendig. In dem Bericht ist weiter erwähnt, dass die Klägerin das Speedy-Tandem zur Integration in das Familienleben benötige, für gemeinsame Ausflüge mit den Eltern, um soziale Kontakte am Ort zu pflegen und den Besuch von Freunden, Besorgungen, Arzt- und Apotheke etc mit Hilfe ihrer Eltern zu bewältigen.
Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 13. August 2007 ab, da das Hilfsmittel nicht dazu diene, die Gehunfähigkeit zu kompensieren. Die Teilnahme an regelmäßigen Radwanderungen durch die Familie gehöre nicht zu den körperlichen Grundfunktionen und auch nicht zu den Grundbedürfnissen, für deren Sicherstellung die Krankenkasse einzutreten habe.
Die Klägerin legte hiergegen Widerspruch ein und verwies darauf, dass das begehrte Hilfsmittel nicht mit einem herkömmlichen Fahrrad gleichzusetzen sei. Die soziale Integration in Familie und Gesellschaft sowie die Pflege sozialer Kontakte gehörten zu den Grundbedürfnissen, welche durch Hilfsmittel zu befriedigen seien.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 26. Oktober 2007 zurück. Radfahren gehöre nicht zu den allgemeinen Grundbedürfnissen, deren Beeinträchtigung die Krankenkasse auszugleichen habe. Etwas anderes könne für Kinder und Jugendliche, zumindest bis zur Vollendung des 15. Lebensjahres gelten. Jedoch habe die Klägerin das 15. Lebensjahr bereits vollendet.
Die Klägerin hat hiergegen am 2. November 2007 Klage bei dem Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Die Gewährung des Hilfsmittels sei in ihrem Einzelfall zum Ausgleich der Behinderung erforderlich. Es sei ihr nur schwer möglich, sich mit dem vorhandenen Rollstuhl selbstständig zu bewegen. Nur mit Hilfe des Speedy-Tandems könne die Integration in das Familienleben erfolgen, da sie nur so zusammen mit ihren Eltern gemeinsame Ausflüge machen und soziale Kontakte im Ort pflegen könne. Die Vermeidung einer Isolation durch Teilnahme am gesellschaftlichen Leben und Kommunikation zur Vermeidung von Vereinsamung gehöre auch bei älteren und behinderten Menschen zu den Grundbedürfnissen.
Mit Gerichtsbescheid vom 8. April 2008 hat das SG die Klage abgewiesen. Das Hilfsmittel sei nicht erforderlich, um den Erfolg einer Krankenbehandlung zu sichern oder eine Behinderung auszugleichen (§ 33 Abs. 1 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch - SGB V). Der Einsatz werde nicht zur Lebensbetätigung im Rahmen der allgemeinen Grundbedürfnisse benötigt. Erfasst werde die Erschließung eines gewissen körperlichen Freiraums im Sinne eines Basisausgleichs der Behinderung. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zähle hierzu nicht das Zurücklegen längerer Wegstrecken, vergleichbar einem Radfahrer, Jogger oder Wanderer, oder der Wunsch, sich mit Hilfe eines Tandems wie ein Radfahrer zu bewegen und z. B. Ausflüge in die Umgebung zu unternehmen. Es sei nicht ersichtlich, dass nur das beantragte Hilfsmittel die Klägerin in die Lage versetze, sich im Nahbereich fortzubewegen. Zusätzliche qualitative Momente, wie etwa die Integration des Behinderten in seiner jugendlichen Entwicklungsphase, eine ganz außergewöhnliche Bewegungseinschränkung oder eine erhebliche Einschränkung der Kommunikationsfähigkeit, bestünden im Fall der Klägerin nicht.
Die Klägerin hat hiergegen am 24. ...