Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen einer Bewilligung von Rente wegen voller Erwerbsminderung bzw. von Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit
Orientierungssatz
1. Allein eine Einschränkung der beruflichen Leistungsfähigkeit in zeitlicher Hinsicht begründet gemäß § 43 Abs. 3 SGB 6 eine Rente wegen Erwerbsminderung. Dagegen genügt es nicht, wenn aufgrund der gesundheitlichen Situation des Versicherten lediglich bestimmte inhaltliche Anforderungen an eine Erwerbsfähigkeit nicht mehr erfüllt werden können.
2. Ein Anspruch des Versicherten auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung nach § 240 SGB 6 ist von vorneherein ausgeschlossen, wenn der Versicherte nicht vor dem 2. 1. 1961 geboren ist.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 07.02.2018 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Die im Jahr 1968 geborene Klägerin, die keine Berufsausbildung abgeschlossen hat, war zuletzt im Umfang von 20 Wochenstunden als Reinigungskraft im Universitätsklinikum H. tätig. Sie leidet u.a. an einem Marfan-Syndrom, weswegen sie sich im Oktober 2012 einer Herzoperation mit Teilersatz der Aorta und Rekonstruktion der Mitral- und Aortenklappe unterziehen musste. Seit 2012 ist die Klägerin durchgängig arbeitsunfähig, weswegen sie bis zum 07.02.2014 Krankengeld von der Krankenkasse und im Anschluss hieran bis zum 09.02.2015 von der Bundeagentur für Arbeit Arbeitslosengeld bezog.
Einen ersten Antrag auf Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 07.03.2014 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 16.05.2014 (Widerspruchsbescheid vom 13.10.2014) ab. Im hiergegen angestrengten gerichtlichen Verfahren vor dem Sozialgericht Mannheim (SG; - S 9 R 3218/14 -) erstattete der Internist Dr. R. unter dem 13.05.2015 ein Sachverständigengutachten über die Klägerin, in dem er u.a. ausgeführt hat, dass sich anlässlich der klinischen Untersuchung der Klägerin keine kardiopulmonalen Insuffizienzzeichen gezeigt hätten; es seien bei der Ergometrie bei einer Belastungsstufe von 100 Watt stabile Herz- und Kreislaufverhältnisse zu verzeichnen gewesen. Leichte Tätigkeiten seien der Klägerin in zeitlicher Hinsicht uneingeschränkt zumutbar. U.a. gestützt auf die Leistungseinschätzung wies das SG die Klage der Klägerin mit Urteil vom 19.01.2016 ab. Die hiergegen von der Klägerin zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegte Berufung (- L 9 R 529/16 -) nahm diese am 30.11.2016 wieder zurück.
Am 09.12.2016 beantragte die Klägerin erneut die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Sie führte hierzu ihre Herz-Operation im Jahr 2012, Funktionsbeeinträchtigungen des Herzens, die Versteifung beider Sprunggelenke, eine beidseitige Fußfehlform, eine Coxalgie sowie eine posttraumatische Belastungsstörung und eine depressive Verstimmung an. Diese Erkrankungen stünden bereits der Führung des Haushalts entgegen, einer Erwerbstätigkeit könne sie nicht nachgehen.
Nachdem die Beklagte bei der behandelnden Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. D. einen aktuellen Befundbericht eingeholt hatte, führte sie diesen nebst der im vorangegangenen Verfahren eingeholten medizinischen Unterlagen einer sozialmedizinischen Überprüfung zu und lehnte den Antrag der Klägerin sodann mit Bescheid vom 08.05.2017 ab.
Den hiergegen unter Anführung des bestehenden Marfan-Syndroms eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10.10.2017 zurück. Die Klägerin sei, so die Beklagte, trotz der bestehenden Erkrankungen, weiter in der Lage, einer Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes nachzugehen. Anhaltspunkte dafür, dass dieses Leistungsvermögen in zeitlicher Hinsicht eingeschränkt sei, lägen nicht vor.
Hiergegen hat die Klägerin am 18.10.2017 Klage zum SG erhoben, mit der sie vorgebracht hat, sie habe sich kaputt gearbeitet, weswegen die begehrte Rente zu gewähren sei. Auch sei von der Beklagten nicht berücksichtigt worden, das sie zwei Fehlgeburten erlitten habe.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten.
Das SG hat Dr. D. schriftlich als sachverständige Zeugin einvernommen. In ihrer Stellungnahme vom 12.12.2017 hat diese u.a. ausgeführt, dass es seit dem 01.01.2016 zu keiner wesentlichen Änderung im Gesundheitszustand der Klägerin gekommen sei. Die Klägerin wirke nunmehr jedoch mutloser und trauriger als zuvor.
Mit Gerichtsbescheid vom 07.02.2018 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, die Klägerin sei noch in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich ausüben zu können; die diesbezüglichen Feststellungen im Urteil vom 19.01.2016 beanspruchten unverändert Gültigkeit. Die berufliche Leistungsfähigkeit der Klägerin habe sich seither nicht wesentlich verschlechtert. Zwar habe die behandelnde Hausärztin mitgeteil...