Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Leistungsausschluss für Auszubildende bei Ausbildungsförderung. abstrakte Förderungsfähigkeit. behinderter Mensch. Bezug von Ausbildungsgeld nach § 104 SGB 3
Leitsatz (amtlich)
1. Nach § 7 Abs 5 SGB 2 sind auch in Ausbildung befindliche behinderte Menschen, die Ausbildungsgeld nach § 104 SGB 3 beziehen, vom Leistungsausschluss nach dem SGB 2 erfasst, wenn die Ausbildung dem Grunde nach förderfähig ist.
2. Der Ausschluss der Ausbildungsvergütung im Berufsausbildungsvertrag für eine Ausbildung im Berufsbildungswerk führt nicht zum Förderungsausschluss dem Grunde nach und steht somit der Anwendbarkeit von § 7 Abs 5 SGB 2 nicht entgegen.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerinnen gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 28. März 2012 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Klägerin Ziff. 2 (Isabelle) im Zeitraum vom 01.01.2011 bis 30.06.2011 während ihrer Berufsausbildung als Mitglied der Bedarfsgemeinschaft Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Alg II) nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) sowie die Klägerin Ziff. 1 deshalb höheres Alg II beanspruchen können.
Die am 31.01.1965 geborene erwerbsfähige, hilfebedürftige und arbeitsuchende Klägerin Ziff. 1 ist die alleinerziehende Mutter der am 06.02.1991 geborenen I. K., der Klägerin Ziff. 2 (im SG-Verfahren Klägerin Ziff. 3) und der am 21.10.1993 geborenen S. K. (vormals Klägerin Ziff. 2), die im streitigen Zeitraum bei ihrer Mutter lebte. Für beide Kinder wurde der Klägerin Ziff.1 Kindergeld in Höhe von zusammen 368,00 € monatlich gewährt, das nicht weitergeleitet wurde (Bl. 856 VA).
Die Klägerinnen und S. standen seit längerem im Leistungsbezug bei der Agentur für Arbeit Heilbronn (Rechtsnachfolger Jobcenter Stadt Heilbronn, im Folgenden nur Bekl.). Die Kosten der Unterkunft waren in getrennter Trägerschaft vom Amt für Familie, Jugend und Senioren der Stadt Heilbronn zu tragen.
Die Klägerin Ziff. 2 leidet an einer an Taubheit grenzenden Schwerhörigkeit; sie ist schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 100. Sie besuchte bis 30.07.2010 eine berufsvorbereitende Maßnahme und absolviert seit 30.08.2010 bis voraussichtlich 29.08.2013 eine Berufsausbildung zur Buchbinderin - Buchfertigung (Serie) - im Berufsbildungswerk München (BBW). Hierzu ist der auf der Grundlage der §§ 10, 11 Berufsbildungsgesetz (BBiG) Berufsausbildungsvertrag am 28.06.2010 geschlossen worden, der in das Ausbildungsverzeichnis eingetragen ist. Die Klägerin Ziff. 2 ist dort im Internat, einer Einrichtung i.S. von § 35 des Sozialgesetzbuchs, Neuntes Buch - SGB IX, untergebracht. Dort erhält sie - mit Ausnahme der Tage, an denen das Internat geschlossen ist (Ferien und während der Heimfahrtwochenenden im Turnus von zwei Wochen) volle Verpflegung. Dafür gewährt ihr die Bundesagentur für Arbeit - Agentur für Arbeit Heilbronn - Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben gemäß § 97 ff Sozialgesetzbuch - Drittes Buch - (SGB III) i.V.m. § 33 und §§ 44 ff SGB IX (Änderungsbescheid vom 07.12.2010; Bl. 878 VA). Das bewilligte Ausbildungsgeld betrug im streitigen Zeitraum 104,00 € monatlich, Reisekosten wurden in Höhe von 236,00 € monatlich übernommen und als Einmalzahlung An- und Rückreisekosten für die Gesamtmaßnahme in Höhe von 118,00 € bewilligt. An den Heimfahrwochenenden, in den Ferien und während der Zeiten von Arbeitsunfähigkeit hielt sie sich im Haushalt ihrer Mutter und Schwester in Heilbronn auf.
Am 23.11.2010 beantragte die Klägerin Ziff. 1 die Fortzahlung des Alg II für sich und ihre Töchter. Die Beklagte bewilligte vorläufig Alg II für die Zeit vom 01.01. bis 30.06.2011 nur für die Klägerin Ziff. 1 und S. - ohne Kosten der Unterkunft - (Bescheid vom 29.11.2010, Bl. 862 VA, 14 SG). Die Bewilligung erfolgte vorläufig, weil bereits im vorhergehenden Zeitraum streitig war, ob die Klägerin Ziff. 2 noch zur Bedarfsgemeinschaft zählt und Klagen hierzu beim Sozialgericht Heilbronn anhängig waren. Bei der Berechnung wurden als Bedarf der Klägerin Ziff. 1 berücksichtigt: 359 € Regelleistung, 43 € Mehrbedarf als allein Erziehende und als Einkommen das für die Klägerin Ziff. 2 bewilligte Kindergeld in Höhe von 184,00 € abzüglich der Versicherungspauschale von 30,00 €. Für S. wurde Sozialgeld in Höhe von 287,00 € und als deren Einkommen das für diese bewilligte Kindergeld in Höhe von 184 € berücksichtigt. Nach Verteilung des Gesamteinkommens ergaben sich monatliche Zahlbeträge für die Klägerin Ziff. 1 in Höhe von 297,86 € und für S. in Höhe von 53,14 €.
Mit Änderungsbescheid vom 26.03.2011 wurde Alg II aufgrund der erhöhten Regelleistung rückwirkend ab 01.01.2011 für die Klägerin Ziff. 1 in Höhe von 303,51 € und für S. in Höhe von 53,49 € monatlich gewährt. Durch die weiteren - von den Klägerinnen nicht beanstandeten - Änderungsbescheide vom 30.03.2011 und 25.05.2...