Entscheidungsstichwort (Thema)
Verbesserung individuelles Wohnumfeld. Bau einer Rampe für schwerstbehinderte Kinder
Orientierungssatz
Zur Frage, ob der Bau einer Rampe vom elterlichen Haus zum Garten für schwerstbehinderte Kinder zur Ermöglichung von altersgerechten Aktivitäten im Freien eine Maßnahme zu Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes sein kann.
Nachgehend
Tatbestand
Die Kläger erstreben einen Zuschuss zum - während des gerichtlichen Verfahrens durchgeführten - Bau einer Rollstuhlrampe zum Garten des elterlichen Hauses.
Die ... 1995 geborenen Kläger sind Zwillingsbrüder und bei der Beklagten familienversichert. Sie leiden unter fortschreitender Muskeldystrophie und sind seit Oktober 2003 weitgehend an den Rollstuhl gebunden. Die Beklagte zahlt zwischenzeitlich Pflegegeld nach der Pflegestufe III. Die Familie war im Jahr 2001 in ein Reihenmittelhaus mit Terrasse und Garten, in dem sich ein Planschbecken (Durchmesser ca. drei Meter) befindet, umgezogen. Von der Terrasse zum Garten sind fünf Treppenstufen zu überwinden.
Im Juni 2004 beantragte der Vater der Kläger die Gewährung eines Zuschusses für Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes in Höhe von € 2.557,00. Zwar sei der Wohnbereich des Hauses inzwischen nahezu barrierefrei gestaltet. Es sei aber unmöglich, mit den Rollstühlen in den Garten, der 0,8 Meter tiefer als das Erdgeschoss des Hauses liege, zu gelangen. Beigefügt war das Angebot der R G- und L GmbH F vom 27. Mai 2004 für den Einbau einer Rollstuhlrampe Terrasse/Garten zu einem Preis von € 3.100,00 zuzüglich Mehrwertsteuer. Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MdK - Dr. C, F) nahm unter dem 12. Juli 2004 Stellung. Die begehrte Maßnahme ziele nicht auf eine Verringerung des grundpflegerischen Gesamtbedarfs oder eine Ermöglichung der Grundpflege. Medizinisch begründete vollstationäre Pflege zeichne sich nicht ab. Unter Bezugnahme auf diese Stellungnahme lehnte es die Beklagte mit Bescheid vom 16. Juli 2004 ab, Kosten einer rollstuhlgerechten Rampe von der Terrasse zum Garten zu übernehmen. Mit dem Widerspruch hiergegen bekräftigten die Kläger, zur selbstständigen Lebensführung eines Kindes mit neun Jahren gehöre auch die Teilnahme an altersgerechten Aktivitäten im Freien. Schaukeln, Spielen und Plantschen würden ermöglicht. Es sei den Eltern unzumutbar, die Kinder in diesem Alter noch in den Garten hinunterzutragen, zumal sich die bei den Eltern diagnostizierten Rückenleiden verschlimmern könnten. Dr. C vom MDK ergänzte in der weiteren Stellungnahme vom 02. August 2004, zum barrierefreien Erreichen des Gartens könne die Reihenhauszeile umfahren werden. Die nunmehr eingeschalteten Bevollmächtigten der Kläger hielten dem entgegen, der Weg um den Block herum betrage mindestens 180 m. Die Versagung der begehrten Maßnahme würde der Versichertengemeinschaft längerfristig weitaus höhere Kosten auferlegen. Durch die Maßnahme würde die Aufrechterhaltung der häuslichen Lebensgemeinschaft langfristig gesichert. Die Widerspruchsstelle der Beklagten legte zur Begründung des zurückweisenden Widerspruchsbescheids vom 08. Oktober 2004 (am 12. Oktober 2004 zur Post gegeben) dar, im Februar 2004 sei bereits ein Behindertenaufzug innerhalb des Hauses mit dem Höchstzuschuss von € 2.557,00 gefördert worden. Durch diesen Einbau des Behindertenaufzugs werde die häusliche Pflege gesichert. Im Übrigen verbleibe es bei der Möglichkeit, für den Weg zum Garten die Reihenhauszeile zu umfahren. Der Begriff der selbstständigen Lebensführung werde überspannt.
Mit der am 12. November 2004 zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhobenen Klage brachten die Kläger vor, im Garten befinde sich ein Schwimmbad und Beeren könnten von den Sträuchern geerntet werden. Die Rampe solle es ihnen ermöglichen, selbstständig vom Haus in den Garten zu gelangen. Andernfalls würde die Lebensqualität eingeschränkt. Die Belastung durch die fortschreitende Krankheit nehme zu. Regelmäßiges Tragen sei nicht mehr möglich. Der Umweg um die Reihenhauszeile betrage über 200 m und eine spontane Nutzung des Gartens sei ausgeschlossen. Die Ablehnung sei jedenfalls ermessensfehlerhaft. Das Bundessozialgericht (BSG) habe entschieden, dass etwa der Einbau einer Tür zwischen Terrassentreppe und Garten zu fördern sei, um vom unbeaufsichtigten Betreten des Gartens abzuhalten. Bei den jungen Klägern sei der Bewegungsdrang zu berücksichtigen. Das Mobilitätsdefizit müsse ausgeglichen werden. Es handele sich nicht um eine Luxusausgabe, sondern um die Teilhabe von schwerstbehinderten Kindern am familiären Leben. Es gehe nicht um eine den Wohnkomfort übersteigende Nutzung des Gartens, sondern um die Möglichkeit, erst mal dorthin zu gelangen. Es gehe auch nicht darum, sich bei jeglichen Witterungsverhältnissen im Garten aufhalten zu können.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Es handele sich nicht um eine aktive Pflegemaßnahme. Die Möglichkeit, sich im Garten aufzuhalt...