Entscheidungsstichwort (Thema)
Kassenärztliche Vereinigung. Mitteilung. Anpassungsfaktor. Obergrenze der Leistungsabrechnung festgesetzten Gesamtpunktzahlvolumina. im Jobsharing tätiger Vertragsarzt. kein Verwaltungsakt. Vertrauensschutz
Leitsatz (amtlich)
Die in § 45 S 6 BedarfsplRL (juris: ÄBedarfsplRL) (zuvor § 23f S 6 BedarfsplRL aF) vorgesehene Mitteilung der für den im Jobsharing tätigen Vertragsarzt verbindlichen Anpassungsfaktoren zur Anpassung der als Obergrenze der Leistungsabrechnung festgesetzten Gesamtpunktzahlvolumina an die Entwicklung des Fachgruppendurchschnitts stellt einen Verwaltungsakt iSd § 31 SGB 10 nicht dar. Die Anwendung eines vom mitgeteilten (fehlerhaften) Anpassungsfaktor abweichenden (zutreffenden und ungünstigeren) Anpassungsfaktors bei der nachgehenden Richtigstellung von Honorarbescheiden ist grundsätzlich zulässig; Vertrauensschutz steht dem regelmäßig nicht entgegen.
Normenkette
SGB V § 106a Abs. 1, 2 S. 1, § 73 Abs. 1a Nr. 3, § 101 Abs. 1 S. 1 Nr. 4; BedarfsplRL § 45 Sätze 2, 4, 6, § 44; BedarfsplRL a.F. § 23f Sätze 2, 4, 6, §§ 23c, 23e; BMV-Ä § 45 Abs. 1, 2 S. 1; EKV-Ä § 34 Abs. 4; SGB X §§ 45, 31, 50 Abs. 1 S. 1; SGB I § 37 S. 1; BGB §§ 133, 157
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 09.08.2012 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 38.056,83 € endgültig festgesetzt.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen eine im Wege der sachlich-rechnerischen Berichtigung wegen Überschreitung der Gesamtpunktzahlvolumina bei Jobsharing verfügte Honorarrückforderung für die Quartale 1/2004 bis 4/2004 in Höhe von 38.056,83 €.
Die Klägerin war während der streitigen Zeit (Jahr 2004) eine ärztliche Berufsausübungsgemeinschaft (Gemeinschaftspraxis). Zu ihr hatten sich ursprünglich der fachärztliche Internist Dr. B. und die hausärztliche Internistin Dr. M. (vgl. § 73 Abs. 1a Nr. 3 Sozialgesetzbuch ≪SGB≫ Fünftes Buch, SGB V) zusammengeschlossen; beide waren zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung mit Sitz in W. zugelassen. Die Internisten Dres. F. und R. wurden in der Folgezeit als Jobsharing-Partner in die Klägerin aufgenommen. Die Berufsausübungsgemeinschaft mit ihnen wurde zum 31.03.2005 bzw. zum 30.09.2005 wieder beendet. Zum 01.01.2007 gründeten die Dres. B., M., R. und F. ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ). Dr. M. schied aus dem MVZ zum 31.03.2008 aus.
Mit Beschluss vom 13.12.2000 (Bescheid vom 14.02.2001) erteilte der Zulassungsausschuss - ZA - dem Internisten Dr. R. unter Zuordnung zur fachärztlichen Versorgung (§ 73 Abs. 1a Satz 2 SGB V) eine Jobsharing-Zulassung nach § 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB V (i.V.m. u.a. den einschlägigen Vorschriften der Bedarfsplanungs-Richtlinie ≪BedarfsplRL≫ in der seinerzeit geltenden Fassung ≪a.F.≫) als Jobsharing-Partner des Dr. B.; außerdem wurde die gemeinsame Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit der Dres. B. und M. mit Dr. R. ab 01.01.2001 genehmigt. Mit Beschluss vom 27.03.2002 (Bescheid vom 27.05.2002) erteilte der ZA dem Internisten Dr. F. unter Zuordnung zur hausärztlichen Versorgung ebenfalls eine Jobsharing-Zulassung als Jobsharing-Partner der Dr. M.; außerdem wurde die gemeinsame Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit der Dres. B., M. und R. mit Dr. F. ab 01.04.2002 genehmigt.
In den genannten Beschlüssen/Bescheiden setzte der ZA für das erste Leistungsjahr die für die Leistungsabrechnung der Jobsharing-Praxis als Obergrenze maßgeblichen Gesamtpunktzahlvolumina auf der Grundlage der Abrechnungsquartale 3/1999 bis 2/2000 bzw. 1/2000 bis 4/2000 wie folgt fest:
Beschluss vom 13.12.2000 (Bescheid vom 14.02.2001): 1. Quartal 2.665.343 Punkte, 2. Quartal 2.625.779 Punkte, 3. Quartal 3.044.532 Punkte, 4. Quartal 2.878.294 Punkte.
Beschluss vom 27.03.2002 (Bescheid vom 27.05.2002): 1. Quartal 3.070.887 Punkte, 2. Quartal 2.903.895 Punkte, 3. Quartal 3.002.495 Punkte, 4. Quartal 3.085.754 Punkte.
Die Ärzte hatten zuvor entsprechende Verpflichtungserklärungen (vom 01.12.2000 bzw. vom 11.03.2002) abgegeben. Die Bescheide des ZA vom 13.12.2000 und 27.03.2002 sind bestandskräftig geworden.
Mit nicht mit einer Rechtsmittelbelehrung versehenem, in seinem Betreff als “Mitteilung über die Anpassung des Gesamtpunktzahlvolumens an die Entwicklung des Fachgruppendurchschnitts„ bezeichnetem Schreiben vom 13.04.2004 teilte die Beklagte der Klägerin mit, gemäß Nr. 23f BedarfsplRL (a.F.) habe das vom ZA festgesetzte Gesamtpunktzahlvolumen der Entwicklung des Fachgruppendurchschnitts zu folgen. Hierfür werde ein quartalbezogener Prozentwert (Anpassungsfaktor) festgelegt (quartalsbezogenes Gesamtpunktzahlvolumen der Praxis / quartalsbezogener Punktzahlvolumendurchschnitt der Fachgruppe). Die Anpassungsfaktoren stellten die Grundlage zur Ermittlung der Gesamtpunktzahlvolumina der Praxis für die Folgejahre dar. Der jeweilige Anpassungsfaktor werde ab dem zweiten Leistungsjahr mit dem Punktzahlvo...