Entscheidungsstichwort (Thema)
Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. einmalig gezahltes Arbeitsentgelt während dauerhafter Arbeitsunfähigkeit. rentenunschädlicher Hinzuverdienst
Leitsatz (amtlich)
Einmalig gezahltes Arbeitsentgelt, das nicht aus einer während des Rentenbezugs noch bestehenden Beschäftigung stammt, ist kein rentenschädlicher Hinzuverdienst (im Anschluss an BSG vom 10.7.2012 - B 13 R 85/11 R = SozR 4-2600 § 96a Nr 14). Insoweit ist Arbeitsentgelt aus einem nicht ruhenden Arbeitsverhältnis dem ruhenden dann gleichzustellen, wenn es während dauerhafter, bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses fortdauernder Arbeitsunfähigkeit des Betreffenden erzielt wurde. Auch in einem solchen Fall liegt kein Beschäftigungsverhältnis iSv § 96a SGB 6 (mehr) vor.
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 1. Juli 2014 aufgehoben. Der Bescheid der Beklagten vom 2. Oktober 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. November 2013 wird insoweit aufgehoben, als darin die Rentenbewilligung für Mai 2011 teilweise in Höhe von 729,75 € aufgehoben und dieser Betrag zurückgefordert wurde.
Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Rechtszügen zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig sind die teilweise Aufhebung sowie Rückforderung von Rente wegen Überschreitens der Hinzuverdienstgrenze.
Die 1965 geborene Klägerin arbeitete zuletzt - ohne Tarifvertrag - bei der Firma M. GmbH in R. als Leiterin im Projektmanagement, bevor ab dem 20.11.2009 dauerhafte Arbeitsunfähigkeit wegen psychischer Beschwerden eintrat. Am 03.01.2011 stellte die Klägerin einen Antrag auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, die mit Bescheid vom 14.04.2011 zunächst auf Zeit ab dem 01.01.2011 bis zum 30.11.2012, später dann auf Dauer (Bescheid vom 06.09.2012) bewilligt wurde. Zum 31.12.2012 wurde das Arbeitsverhältnis durch Kündigung seitens des Arbeitgebers beendet.
Telefonisch und schriftlich teilte die Klägerin im Juni 2011 mit, ihr Arbeitgeber habe ihr für das Jahr 2010 im Mai 2011 noch eine Urlaubsabgeltung ausgezahlt. Hierzu bescheinigte der ehemalige Arbeitgeber der Klägerin am 01.08.2012 die Höhe der Urlaubsabgeltung mit 5.500 €. Mit Anhörungsscheiben vom 11.09.2012 gab die Beklagte der Klägerin Gelegenheit, sich zur beabsichtigten Aufhebung des Rentenbescheides vom 14.04.2011 in Höhe von 729,93 € wegen Anrechnung des Hinzuverdienstes zu äußern. Daraufhin führte die Klägerin mit Schreiben vom 23.09.2012 aus, bei der Urlaubsabgeltung handle es sich um eine solche für das Jahr 2010, also für einen Zeitraum vor Beginn der Rentenzahlung. Da sie seit dem 19.11.2009 nie mehr gearbeitet habe, ergebe sich das Geld nicht aus einer erbrachten Arbeitsleistung. Im Übrigen sei die Hinzuverdienstgrenze im Jahr 2011 nur einmal überschritten worden, obwohl ein zweimaliges Überschreiten erlaubt sei.
Mit Bescheid vom 02.10.2012 berechnete die Beklagte die Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 01.05.2011 neu, weil sich der Hinzuverdienst geändert habe und der Betrag der Monatsrente neu zu ermitteln gewesen sei. Es ergebe sich eine Überzahlung von 729,75 €. In der Anlage 10 teilte die Beklagte mit, der Rentenbescheid sei mit Wirkung ab 01.05.2011 hinsichtlich der Rentenhöhe aufzuheben, weil ein Tatbestand nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 - 4 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) gegeben sei und die Fristen des § 48 Abs. 4 SGB X noch nicht abgelaufen seien. Bei dem im Monat Mai 2011 einmalig gezahlten Arbeitsentgelt handle es sich gemäß §§ 14, 23 a Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) um Zuwendungen, die dem Arbeitsentgelt zuzurechnen seien, jedoch nicht für die Arbeit in einem einzelnen Entgeltabrechnungszeitraum gezahlt würden. Einmalig gezahltes Arbeitsentgelt sei als Hinzuverdienst zu berücksichtigen, wenn es aus einem Beschäftigungsverhältnis stamme, das nach Rentenbeginn noch bestanden habe. Ein solches liege auch vor, wenn es ohne Erbringung einer Arbeitsleistung fortbestehe. Werde während des Bezuges einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit Arbeitsentgelt, Arbeitseinkommen oder vergleichbares Einkommen erzielt, stellten diese Einkünfte grundsätzlich einen Hinzuverdienst im Sinne des § 96 a Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) dar. Auf Vertrauen in den Bestand des Rentenbescheides könne sich die Klägerin nicht berufen, weil sie Einkommen erzielt habe, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt habe (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 i. V. m. Satz 3 SGB X) und weil sie aufgrund der von der Beklagten gegebenen Informationen den Wegfall, das Ruhen bzw. die Kürzung des Rentenanspruchs gekannt habe bzw. hätte erkennen müssen (§ 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 SGB X).
Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 31.10.2012 Widerspruch ein mit der Begründung, es handle sich bei der Urlaubsabgeltung aus dem Jahr 2010 nicht um Arbeitsentgelt aus einem aktiven Arbeitsverhältnis. ...