Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Beitragspflicht von Kapitalleistungen aus einer vom Arbeitgeber abgeschlossenen Direktversicherung bei einem selbständigen Handelsvertreter auch bei nachträglicher Anrechnung der vom Arbeitgeber finanzierten Leistungen auf seinen Ausgleichsanspruch. Verfassungsmäßigkeit
Leitsatz (amtlich)
Kapitalzahlungen aus einer vom Arbeitgeber abgeschlossenen Direktversicherung sind bei einem Handelsvertreter auch in dem Umfang beitragspflichtig, in dem sie auf Beiträgen des Arbeitgebers beruhen, um die der Arbeitgeber den Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters nach § 89b HGB gemindert hat.
Orientierungssatz
Die Verbeitragung von Kapitalleistungen der betrieblichen Altersversorgung (einmaliger Versorgungsbezug) verstößt nicht gegen Verfassungsrecht (vgl ua LSG Stuttgart vom 1.3.2011 - L 11 KR 2421/09; Anschluss an die ständige Rechtsprechung des BSG, ua BSG vom 12.11.2008 - B 12 KR 6/08 R = SozR 4-2500 § 229 Nr 7, B12 KR 9/08 R und B 12 KR 10/08 R = SozR 4-2500 § 229 Nr 6, vom 30.3.2011 - B 12 KR 24/09 R = SozR 4-2500 § 229 Nr 13, B 12 KR 16/10 R = BSGE 108, 63 = SozR 4-2500 § 229 Nr 12 und vom 25.4.2012 - B 12 KR 26/10 R = SozR 4-2500 § 229 Nr 16; Anschluss an BVerfG vom 7.4.2008 - 1 BvR 1924/07 = SozR 4-2500 § 229 Nr 5 und vom 6.9.2010 - 1 BvR 739/08 = SozR 4-2500 § 229 Nr 10).
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 10.07.2019 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Erhebung von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung aus einer Kapitalzahlung aus einer Direktversicherung.
Der 1950 geborene Kläger war vom 01.01.1977 bis 31.05.1980 als selbständiger Handelsvertreter tätig. Vom 01.06.1980 bis zum 31.12.1994 war er bei der K. Lebensversicherung AG (K.) als Arbeitnehmer beschäftigt. Vom 01.01.1995 bis zum 30.09.2015 war er dann erneut als selbständiger Handelsvertreter ausschließlich für die K. bzw deren Rechtsnachfolgerin, die W. Lebensversicherung AG (W.), tätig.
Seit 01.10.2015 erhält der Kläger von der Deutschen Rentenversicherung Bund eine Altersrente für langjährig Versicherte und ist in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) versichert; zunächst bis 30.06.2016 bei der A. Baden-Württemberg und seit 01.07.2016 bei den Beklagten.
Aufgrund der Zusage der K. vom 26.01.1981, den Kläger in ihr Versorgungswerk des hauptberuflichen Außendienstes aufzunehmen, schloss diese mit ihm am 11.03.1981 eine entsprechende Vereinbarung und gleichzeitig mit ihm als Versicherungsnehmer einen Versicherungsvertrag (Versicherungsbeginn 01.01.1982, Versicherungsschein Nr ..). Die Versicherungsbeiträge wurden je zur Hälfte vom Kläger und der K. erbracht. Auf ein entsprechendes Angebot der K. hin wurde mit Vereinbarung vom 02.08.1993 die Versicherung in eine Direktversicherung umgewandelt. Mit Wirkung zum 01.07.1993 übertrug der Kläger die Versicherungsnehmereigenschaft auf die K. als Arbeitgeber; die Beiträge entrichteten weiter je zur Hälfte der Kläger und die K. Aus der nunmehr unter der Nr .. geführten Versicherung wurde dem Kläger zum 01.01.2016 ein Betrag iHv 127.112,01 € ausbezahlt.
Mit Wirkung vom 01.12.1992 schloss die K. auf das Leben des Klägers eine weitere kapitalbildende Lebensversicherung ab, deren Beiträge allein von der K. gezahlt wurden. Aus dieser Versicherung (Nr ..) wurde dem Kläger am 01.12.2015 ein Betrag iHv 2.436,32 € ausgezahlt.
Im Hinblick auf diese Kapitalauszahlungen teilte die Beklagte zu 1), auch im Namen der Pflegekasse, der Beklagten zu 2), dem Kläger mit zwei Bescheiden vom 07.09.2016 mit, er habe aus einem monatlichen Versorgungsbezug von 20,30 € bzw von 1.059,27 € Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung zu leisten. Unter Berücksichtigung ggf weiterer beitragspflichtiger Einnahmen ergebe sich ein Gesamtbeitrag von 187,30 € (KV 161,93 €, PV 25,37 €) ab 01.07.2016 (Versicherungsbeginn bei den Beklagten).
Hiergegen legte der Kläger am 27.09.2016 Widerspruch mit der Begründung ein, er sei vom 01.01.1995 bis zu seinem Ausscheiden im Jahr 2015 als selbständiger Handels-/Versicherungsvertreter tätig gewesen. In diesem Zeitraum hätten die Versicherung und er jeweils den hälftigen Beitrag zu den Versicherungen gezahlt, wobei er den Beitrag aus bereits versteuertem Einkommen habe bezahlen müssen.
Auf Nachfrage der Beklagten teilte die K. zunächst mit Schreiben vom 18.01.2017 mit, bei den Rentenverträgen handle sich um eine vom Kläger privat abgeschlossene Rentenversicherung. Es müssten daher an die Beklagten keine Beiträge abgeführt werden. Demgegenüber teilte die K. dann mit Schreiben vom 23.02.2017 auf nochmalige Nachfrage der Beklagten mit, es habe sich bei beiden Verträgen um betriebliche Direktversicherungen gehandelt. Versicherungsnehmer beider Verträge sei die W. gewesen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 12.04.2017 wurde der W...