Entscheidungsstichwort (Thema)

Beitragsrechtliche Behandlung einer Abfindung wegen vorzeitiger Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses in der freiwilligen Krankenversicherung sowie in der sozialen Pflegeversicherung

 

Leitsatz (amtlich)

Der Entgeltanteil einer Abfindung, die anlässlich der vorzeitigen Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses vereinbart wurde, ist bei der Bemessung freiwilliger Beiträge zur Krankenversicherung den Monaten zuzuordnen, für die das Arbeitsentgelt bei einer ordentlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu zahlen gewesen wäre. Dies gilt unabhängig davon, wann die Abfindung tatsächlich ausbezahlt wurde.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 24.11.2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind im auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der freiwilligen Beiträge zur Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sowie zur Sozialen Pflegeversicherung (SPV) für den Zeitraum vom 01.11.2006 bis 31.12.2006 - in der Sache die Berücksichtigung einer anlässlich der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.10.2006 vereinbarten aber erst im Januar 2007 ausbezahlten Abfindung - streitig.

Der 1947 geborene Kläger war bis zum 31.10.2006 als Arbeitnehmer beschäftigt und bei der Beklagten Ziff 1 seit 01.12.1987 wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze freiwillig krankenversichertes Mitglied, später bei der Beklagten Ziff 2 auch gesetzlich pflegeversichertes Mitglied (letztes Brutto-Monatsgehalt: 7.720,00 €).

Der Kläger beendete sein Arbeitsverhältnis nach 23 Jahren und 9 Monaten durch Aufhebungsvertrag vom 23.05.2006 zunächst zum 30.06.2006, verblieb aber ohne Änderung der vereinbarten Abfindungssumme auf Betreiben seines Arbeitgebers bis zum 31.10.2006 in der Beschäftigung. Für den Verlust seines Arbeitsplatzes vereinbarte der Kläger mit seinem damaligen Arbeitgeber die Zahlung einer einmaligen Abfindung in Höhe von 346.320,00 €. Vereinbart war, dass die Abfindung mit der Entgeltzahlung für den Monat Januar 2007 zur Zahlung fällig wurde; entsprechend wurde die Abfindung Ende Januar 2007 an den Kläger ausbezahlt. Regulär wäre das Arbeitsverhältnis durch ordentliche Kündigung unter Beachtung einer bis zum 31.12.2006 dauernden Kündigungsfrist beendbar gewesen. Ein Rentenantrag war bis 31.12.2006 nicht gestellt.

Die Bundesagentur für Arbeit stellte mit Bescheid vom 17.11.2006 das Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld nach § 143a SGB III bis zum 31.12.2006 fest; eine Sperrzeit war zwar festgesetzt, doch im Widerspruchsverfahren wieder aufgehoben worden. Ab 01.01.2007 bezog der Kläger Arbeitslosengeld und war bei der Beklagten Ziff 1 in der Krankenversicherung der Arbeitslosen sowie bei der Beklagte Ziff 2 in der SPV pflichtversichert.

Der Kläger beantragte mit Schreiben vom 30.11.2006 bei der Beklagten Ziff 1 die freiwillige Versicherung ab 01.11.2006; ab 01.12.2006 übernehme das Arbeitsamt die Beiträge. Zu seinem Antrag gab er an, arbeitslos zu sein und außer Einnahmen aus Kapitalvermögen in Höhe von 100,00 € monatlich derzeit kein weiteres Einkommen zu haben.

Mit Bescheid vom 20.12.2006 teilte die Beklagte Ziff 1 dem Kläger mit, vom 01.11.2006 bis 30.11.2006 freiwillig und ohne Anspruch auf Krankengeld versichert zu sein und setzte den Beitrag zur Krankenversicherung (12,2 % zuzüglich 0,9 %) auf monatlich 466,69 € und - für die Beklagte Ziff 2 - zur Pflegeversicherung (1,7 %) auf 60,56 €, mithin auf 527,25 € fest. Ein Teil der Abfindungssumme zähle zu den beitragspflichtigen Einnahmen. Die Höhe der anzurechnenden Abfindung werde unter Berücksichtigung des Lebensalters und der Betriebszugehörigkeit ermittelt. Die Abfindung werde jeweils in Höhe des zuletzt bezogenen Brutto-Arbeitsentgelts als monatliche beitragspflichtige Einnahme bei der Beitragsbemessung berücksichtigt bis maximal zur Beitragsbemessungsgrenze von 3.562,50 €.

Mit Schreiben vom 22.01.2007 erhob der Kläger Widerspruch gegen die Beitragsfestsetzung. Maßgebend sei der Zufluss der Abfindung. Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit sei erst gegeben, wenn die Abfindung tatsächlich ausbezahlt wurde. Es sei nur der Mindestbeitrag zu erheben.

Mit Widerspruchsbescheid vom 11.11.2008 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten Ziff 1, der auch die Aufgaben des Widerspruchsausschusses der Beklagten Ziff 2 wahrnimmt, den Widerspruch zurück. Das Bundessozialgericht (BSG) habe in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass Abfindungen, die bei vorzeitiger einvernehmlicher Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses gezahlt würden, nach dem Modell des § 143a SGB III in einen Arbeitsentgeltanteil (Abgeltung für den vorzeitigen Wegfall des Arbeitsentgelts infolge der früheren Beschäftigungsaufgabe) und einen sozialen Anteil (Entschädigung für den Verlust sozialer Besitzstände, insbesondere des Arbeitsplatzes) aufzuspalten seien. Lediglich der Arbeitsentgeltanteil sei zur Beitragsbemessung im Rahmen der freiwilligen Versicherung ...

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