Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. statthafte Klageart. Leistungsklage. fehlende Klagebefugnis. Grundsicherung für Arbeitsuchende. Streitigkeit über den Zeitpunkt der Auszahlung bewilligter Leistungen
Leitsatz (amtlich)
1. Bei Streitigkeiten über den Zeitpunkt der Auszahlung bewilligter Leistungen nach dem SGB II ist grundsätzlich die Leistungsklage statthafte Klageart.
2. Über das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen und die Höhe der jeweils zustehenden Leistungen nach dem SGB II entscheidet der Leistungsträger in Form eines Verwaltungsakts, der die Rechtsgrundlage für den Erhalt der Leistungen darstellt. Die Auszahlung von Leistungen nach dem SGB II nur dem Grunde nach ist unmöglich. Auch wenn nach § 42 Abs 1 SGB II die Leistungen monatlich im Voraus erbracht werden sollen, kann mit der Leistungsklage nicht zulässigerweise die Auszahlung von Leistungen zeitlich vor der Bewilligung der Leistungen begehrt werden.
Tenor
Die Berufung der Kläger gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 21. Februar 2023 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Kläger begehren die frühere vollständige Auszahlung der ihnen zustehenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) und die Feststellung der Rechtswidrigkeit eines dem Kläger Ziffer 1 vom Beklagten im Jahr 2018 erteilten Hausverbots.
Der 1971 geborene Kläger Ziffer 1 steht seit vielen Jahren im Leistungsbezug beim Beklagten. Am 05.04.2018 erteilte der Beklagte dem Kläger Ziffer 1 Hausverbot für die Diensträume des Jobcenter Stadt K1 sowie der Sozial- und Jugendbehörde Rathaus West in K1 mit sofortiger Wirkung für zwölf Monate ab Zustellung mit dem Hinweis auf das näher dargelegte Verhalten des Klägers bei persönlichen Vorsprachen im Jobcenter und seine E-Mail-Äußerungen, was von den Mitarbeitenden des Jobcenters als aggressiv und bedrohlich empfunden worden sei und den Dienstbetrieb erheblich beeinträchtigt habe. Den Widerspruch des Klägers Ziffer 1 hiergegen wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12.04.2018 als unbegründet zurück. Am 07.06.2018 erschien der Kläger Ziffer 1 in der Eingangszone des Jobcenters, verließ trotz Aufforderung hierzu nicht das Gebäude und wurde von mehreren hinzugerufenen Polizisten abgeführt. Nach Angaben des Klägers Ziffer 1 wurde ihm in der Folge und im Hinblick auf dieses Geschehen der Führerschein entzogen.
Seit Mai 2018 hält sich der Kläger Ziffer 3, der 2005 geborene Sohn des Klägers, im Rahmen des Umgangsrechts mit seinem Vater mehrere Tage im Monat im Haushalt des Klägers Ziffer 1 auf und bezieht in temporärer Bedarfsgemeinschaft mit diesem zeitanteilige Leistungen vom Beklagten. Außerdem gewährt der Beklagte als laufenden, unabweisbaren Mehrbedarf zur Wahrnehmung des Umgangsrechts dem Kläger Ziffer 1 Leistungen zur Deckung der Fahrtkosten zwischen der Wohnung der Kindsmutter des Klägers Ziffer 3 und der Wohnung des Klägers Ziffer 1.
Am 06.03.2021 zog die Klägerin Ziffer 2, eine mexikanische Staatsangehörige, in den Haushalt des Klägers Ziffer 1 ein, am 29.07.2021 heirateten die beiden. Nachdem ihr keine Aufenthaltsgenehmigung erteilt wurde, kehrte die Klägerin Ziffer 2 am 17.01.2022 nach Mexiko zurück und reiste nach Erteilung eines Visums am 02.06.2022 wieder nach Deutschland ein, zog wieder in den Haushalt des Klägers Ziffer 1 und bezieht nach Vorlage einer Aufenthaltsbescheinigung seit Juli 2022 in Bedarfsgemeinschaft mit ihm Leistungen vom Beklagten.
Zuletzt hatte der Beklagte auf den Weiterbewilligungsantrag vom 09.05.2021, mit dem der Kläger Ziffer 1 den Aufenthalt der Klägerin Ziffer 2 in seinem Haushalt nicht angegeben hatte, den Klägern Ziffer 1 und 3 Leistungen für Juli bis Dezember 2021 vorläufig weiterbewilligt und jeweils nach Vorlage der entsprechenden Fahrkarten nachträglich unter Berücksichtigung der entstandenen Fahrtkosten und der tatsächlichen Anwesenheitstage des Klägers Ziffer 3 in der temporären Bedarfsgemeinschaft die im Vormonat angefallenen Fahrtkosten übernommen (mit Bescheid vom 16.06.2021 für Mai 2021, mit Bescheid vom 12.07.2021 für Juni 2021, mit Bescheid vom 09.08.2021 für Juli 2021, mit Bescheid vom 14.09.2021 für August 2021, mit Bescheid vom 11.10.2021 für September 2021, mit Bescheid vom 16.11.2021 für Oktober 2021, mit Bescheid vom 02.12.2021 für November 2021, mit Bescheid vom 26.01.2022 für Dezember 2021). Hierbei erfolgte die Auszahlung jeweils in Höhe der vollen Kosten der Unterkunft und Heizung an die I1 GmbH und die V1, im Übrigen an den Kläger Ziffer 1.
Erst am 06.09.2021 teilte der Kläger Ziffer 1 seine am 29.07.2021 erfolgte Eheschließung mit der Klägerin Ziffer 2 mit, worauf der Beklagte mit Bescheid vom 07.09.2021 zunächst die Zahlung der Leistungen vorläufig einstellte und zur Vorlage u.a. des Aufenthaltstitels der Klägerin Ziffer 2 aufforderte. Mit Änderungsbescheid vom 13.09.2021 bewilligte der Beklagte den Klägern Ziffe...