Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommensberücksichtigung und -berechnung. Absetzung des Erwerbstätigenfreibetrages bei teilweiser Auszahlung des Arbeitsentgeltes im Vormonat

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Frage, in welcher Höhe der Grundfreibetrag nach § 11b Abs 2 S 1 SGB II (in Höhe von 100 €) in einem Monat zu berücksichtigen ist, wenn ein Teil des Arbeitsentgeltes schon im Vormonat als Vorschuss gezahlt worden war.

 

Tenor

Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 19. Juli 2016 aufgehoben und der Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 26. November 2013 in der Gestalt des Teilabhilfebescheides vom 19. Dezember 2014, diese in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Dezember 2014 verurteilt, den Klägern Arbeitslosengeld II unter Berücksichtigung des bereinigten Einkommens des Klägers Ziff. 2 im Monat Dezember 2012 in Höhe von 113,01 € anstelle von 135,36 € zu gewähren.

Der Beklagte hat den Klägern die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Kläger begehren höhere Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) im Monat Dezember 2012 unter Berücksichtigung eines vollen Grundfreibetrages nach § 11 b Abs. 2 Satz 1 SGB II in Höhe von 100 €.

Die Klägerin Ziff. 1 und ihr 1994 geborener Sohn, der Kläger Ziff. 2, beziehen als Bedarfsgemeinschaft zusammen laufend Grundsicherungsleistungen vom Beklagten. Seit dem 1. Juli 2012 befand sich der Kläger Ziff. 2 in einem Ausbildungsverhältnis zum Fahrzeuglackierer, im Rahmen dessen er eine laufende Ausbildungsvergütung in Höhe von 450 € brutto erhielt.

Mit Bescheid vom 23. November 2012 (Bl. 515 Verwaltungsakte - VA -) bewilligte der Beklagte den Klägern für den Zeitraum Dezember 2012 bis Mai 2013 vorläufig Leistungen in Höhe von 720,59 €. Er rechnete hierbei eine Ausbildungsvergütung des Klägers Ziff. 2 vorläufig in Höhe von monatlich 350 € netto (ausgehend von 450 € brutto) abzüglich eines Freibetrags in Höhe von 170 € (Grundfreibetrag in Höhe von 100 € nach § 11b Abs. 2 Satz 1 SGB II und weiterer Freibetrag nach § 11b Abs. 3 SGB II in Höhe von 70 €) an.

Mit Änderungsbescheid vom 26. November 2013 (Bl. 621 VA) errechnete der Beklagte die Leistungen unter anderem für Dezember 2012 endgültig in Höhe von zusammen 742,73 € (statt zuvor 720,59 €). Hiervon entfielen 374 € auf die Regeleistung für die Klägerin Ziff. 1, 205,79 € auf die Kosten der Unterkunft für die Klägerin Ziff. 1 und 162,94 € auf die Kosten der Unterkunft für den Kläger Ziff. 2. Zur Begründung gab der Beklagte insoweit an, dass der Kläger Ziff. 2 im Dezember weniger verdient habe als bisher berücksichtigt.

Tatsächlich war dem Kläger Ziff. 2 nämlich bereits im November 2012 ein Vorschuss in Höhe von 100 € auf seine Ausbildungsvergütung für Dezember 2012 ausbezahlt worden, so dass im Dezember 2012 nur noch das Resteinkommen (in Höhe von netto 257,86 €) zur Auszahlung gelangte.

Gegen den Bescheid vom 26. November 2013 erhoben die Kläger Widerspruch.

Mit Teilabhilfebescheid vom 19. Dezember 2014 (Bl. 725 VA) bewilligte der Beklagte dem Kläger Ziff. 2 für Dezember 2012 unter bedarfsmindernder Anrechnung seines Dezembereinkommens in Höhe von nur 135,36 € (statt bisher 187,86 €) sowie unter einfacher statt doppelter Anrechnung der 30 €-Pauschale höhere Leistungen in Höhe weiterer 22,50 € für Kosten der Unterkunft (zusammen insgesamt 765,23 €).

Mit Widerspruchsbescheid vom 19. Dezember 2014 (Bl. 731 VA) wies der Beklagte im Übrigen den Widerspruch zurück und übernahm hierbei Kosten in Höhe von 20 % der notwendigen Aufwendungen der Kläger. Zur Begründung führte er unter anderem hinsichtlich des hier streitigen Punktes noch aus:

“Im Zeitraum 1.12.2012 bis 31.12.2012 belief sich das Einkommen des Widerspruchsführers zu (2.) laut Lohnabrechnung auf einen Betrag in Höhe von 450 € brutto sowie 357,86 € netto. Vom Nettobetrag war dem Widerspruchsführer zu (2.) im Monat November 2012 bereits ein Vorschuss in Höhe von 100 € ausbezahlt worden, so dass noch ein Betrag in Höhe von 257,86 € im Dezember 2012 ausgezahlt wurde. (....) Ausgehend von einem Betrag in Höhe von 450 € brutto errechnet sich ein gesetzlicher Freibetrag in Höhe von 170 €. Bei einem Nettobetrag in Höhe von 357,86 € ergibt sich damit grundsätzlich ein anrechenbares Einkommen in Höhe von 187,86 €.

Bei der Berücksichtigung des Vorschusses im November 2012 war dabei folgende Berechnung anzustellen: Der Vorschuss in Höhe von 100 € beläuft sich anteilig auf 27,94 % des Gesamtnettobetrages in Höhe von 357,86 €. Somit war von diesem auch ein Anteil in Höhe von 27,94 % des Freibetrages in Höhe von 170 € abzusetzen. Dies ergibt einen anteiligen Freibetrag in Höhe von 47,50 €. Somit war im November 2012 ein anteiliger Betrag in Höhe von 52,50 € beim Widerspruchsführer zu (2.) anzurechnen (100 € Auszahlungsbetrag minus anteiliger Freibetrag in Höhe von 47,50 €). Somit verbleibt für den im Monat Dezember 20...

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