Entscheidungsstichwort (Thema)
Förderung der Teilhabe behinderter Menschen am Arbeitsleben. Ausbildungsgeld. keine Anrechnung von Elterneinkommen mehr bei Begründung eines eigenen Haushalts
Orientierungssatz
Eine Anrechnung von Elterneinkommen auf das Ausbildungsgeld eines behinderten Menschen kommt nach dessen Auszug aus dem Elternhaushalt in eine eigene Wohnung aufgrund der spezialgesetzlich abschließenden Regelung des § 108 SGB 3 generell (auch bei getrennt lebenden Eltern) nicht mehr in Betracht. Einer (analogen) Heranziehung des § 25 BAföG bedarf es nicht.
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 12. September 2007 abgeändert. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 7. Februar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. März 2007 verurteilt, dem Kläger Ausbildungsgeld für die Zeit vom 12. bis 31. März 2007 in Höhe von 338 €, für die Zeit vom 1. bis 30. April 2007 in Höhe von 507 € und für die Zeit vom 1. bis 22. Mai 2007 in Höhe von 371,80 € zu zahlen.
Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
Die außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen trägt die Beklagte.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Gewährung von Ausbildungsgeld für die Zeit vom 12.03.2007 bis 22.05.2007.
Der ... 1985 geborene Kläger erhielt von der Beklagten Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach den §§ 97 ff SGB III. Er schloss nach dem Abschluss der Schulausbildung im Jahr 2005 mit dem Internationalen Bund - Berufsausbildungszentrum K - einen Berufsausbildungsvertrag zur Ausbildung im Beruf Bürokaufmann. Die Ausbildung betrug nach der Ausbildungsordnung 36 Monate und sollte vom 12.09.2005 bis zum 11.09.2008 dauern. Ein Anspruch auf Vergütung aus dem Ausbildungsvertrag bestand nicht. Am 22.05.2007 brach der Kläger die Ausbildung ab.
Die Eltern des Klägers leben seit 1994 getrennt. Bis zum 14.09.2006 lebte der Kläger bei seiner Mutter. Am 15.09.2006 bezog er eine eigene Wohnung. Der 1952 geborene Vater des Klägers hatte gemäß dem Steuerbescheid 2005 vom 12.09.2006 im Jahr 2005 positive Einkünfte (aus einer abhängigen Beschäftigung sowie Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung) in Höhe von insgesamt 51.223,00 €. Abzüglich eines darin enthaltenen Arbeitgeberanteils für vermögenswirksame Leistungen in Höhe von 214,80 € belief sich das Jahreseinkommen auf 51.008,20 €. Die 1960 geborene Mutter des Klägers ging im Jahr 2005 keiner Erwerbstätigkeit nach. Sie erhielt im Jahr 2005 von ihrem getrennt lebenden Ehemann und Vater des Klägers Unterhalt in Höhe von insgesamt 6.830 € sowie Wohngeld in Höhe von insgesamt 1.860 €; weitere Einnahmen hatte sie nicht.
Mit Bescheid vom 26.09.2005 bewilligte die Beklagte dem Kläger Ausbildungsgeld, Lehrgangskosten und Reisekosten. Lehrgangskosten (die unmittelbar an den Träger der Maßnahme überwiesen wurden) und Reisekosten (in Höhe von monatlich 31,80 €) wurden für die gesamte Dauer der vorgesehenen Ausbildung, also für die Zeit vom 12.09.2005 bis zum 11.09.2008 bewilligt. Ausbildungsgeld wurde dem Kläger vom 12.09.2005 bis 14.09.2006 in Höhe von monatlich 282,00 € und vom 15.09.2006 bis 11.03.2007 in Höhe von monatlich 353,00 € gewährt. Bei der Berechnung des Ausbildungsgeldes berücksichtigte die Beklagte nur die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Mutter des Klägers, nicht aber die seines Vaters, sodass auf das dem Kläger zustehende Ausbildungsgeld kein Einkommen angerechnet wurde. Rechtsbehelfe gegen den Bescheid vom 26.09.2005 wurden nicht eingelegt.
Nachdem die Beklagte erfahren hatte, dass der Kläger in eine eigene Wohnung gezogen war, änderte sie den Bescheid vom 26.09.2006 ab und bewilligte Ausbildungsgeld für die Zeit vom 15.09.2006 bis 11.03.2007 nunmehr in Höhe von 507,00 € monatlich (statt bisher 353,00 €). Einkommen wurde wiederum nicht angerechnet. Auch gegen diesen Bescheid wurden keine Rechtsbehelfe eingelegt.
Für die Zeit ab 12.03.2007 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 07.02.2007 die Zahlung von Ausbildungsgeld ab, weil die Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts anderweitig gesichert seien. Vom Einkommen des Vaters des Klägers, das sich im Jahr 2005 auf 51.008,20 € belief, wurde eine Sozialpauschale von 10.400 € sowie die gezahlten Steuern in Höhe von 8.502,96 € abgezogen. Dies ergab Einkünfte des Vaters in Höhe von 31.105,24 € im Jahr bzw 2.675,44 € im Monat.
Gegen den Bescheid vom 07.02.2007 legte der Kläger am 15.02.2007 per Telefax Widerspruch ein. Er machte geltend, in den von der Beklagten in deren Internetauftritt enthaltenen Erläuterungen zum Ausbildungsgeld werde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass bei getrennt lebenden Eltern das Einkommen des Elternteils maßgeblich sei, bei dem der Antragsteller lebe oder vor Beginn der Maßnahme gelebt habe. Dies bedeute zweifelsfrei, dass in seinem Fall als Berechnungsgrundlage nicht das Einkommen seines Vaters, sondern allein das seiner Mutter relevant ...