Entscheidungsstichwort (Thema)

Elterngeld. nachgeburtliches Einkommen. Durchschnittsberechnung. Mehrverteilung auf die übrigen Bezugsmonate. nur Verteilung auf Bezugsmonate mit positiven Einkünften. Einkommenszuflüsse durch spätere Gehaltsnachzahlungen und Ansparungen. regelmäßige Gehaltszahlung. normative Umrechnung. Zahlung für den Kalendermonat ausreichend. konkreter Zufluss im entsprechenden Lebensmonat des Kindes nicht notwendig

 

Leitsatz (amtlich)

Nach § 2 Abs 3 S 1 BEEG hat nicht für jeden Bezugsmonat eine gesonderte Berechnung des anzurechnenden Einkommens zu erfolgen. Vielmehr hat die Bildung eines Durchschnittseinkommens im Bezugszeitraum unter Anrechnung bzw Verteilung auf die Monate mit Einkommen zu erfolgen. In die geforderte Durchschnittsberechnung sind Monate, in denen die Bezugsberechtigte zwar (weiterhin) als Syndikusrechtsanwältin zugelassen war, ihre sich aus dem Arbeitsverhältnis ergebenden Hauptpflichten jedoch während der Elternzeit ruhten, nicht einzubeziehen.

 

Orientierungssatz

1. Bei der Durchschnittsberechnung nach § 2 Abs 3 S 1 BEEG werden alle regelmäßigen Gehaltszahlungen für den Bezugszeitraum unabhängig vom jeweiligen konkreten Überweisungstag erfasst (vgl LSG Schleswig vom 15.8.2019 - L 1 EG 7/16).

2. Zu den "Monaten mit Einkommen aus Erwerbstätigkeit" iS des § 2 Abs 3 S 1 BEEG zählen auch Monate, in denen der Elterngeldberechtigte zwar nicht gearbeitet hat, in denen er jedoch Einkommenszuflüsse erhalten hat, die auf Ansparungen (insbesondere Gehaltszahlungen aus Zeitwertkonten oder Überstunden) zurückzuführen sind (vgl LSG Celle-Bremen vom 22.10.2014 - L 2 EG 10/13).

 

Normenkette

BEEG Fassung: 2015-01-27 § 2 Abs. 1 S. 1; BEEG Fassung: 2015-01-27 § 2 Abs. 1 S. 3; BEEG Fassung: 2015-01-27 § 2 Abs. 2 S. 2; BEEG Fassung: 2015-01-27 § 2 Abs. 3 S. 1; BEEG Fassung: 2015-01-27 § 2 Abs. 3 S. 2; BEEG Fassung: 2015-01-27 § 1 Abs. 1; BEEG Fassung: 2015-01-27 § 1 Abs. 4; BEEG Fassung: 2015-01-27 § 2b; BEEG Fassung: 2015-01-27 § 2c Abs. 2 S. 2; BEEG Fassung: 2015-01-27 § 8 Abs. 3; SGB X § 31 S. 1; BRAO § 46 Abs. 2, § 46a

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 27.10.2022; Aktenzeichen B 10 EG 4/20 R)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 15.11.2019 abgeändert und die Beklagte verurteilt, der Klägerin für das Kind H. für die Zeit vom 12.08. bis 11.09.2018 (3. Lebensmonat) 290,32 € und 12.04. bis 11.06.2019 (11. und 12. Lebensmonat) Elterngeld iHv monatlich 300 € sowie für den Zeitraum vom 12.09.2018 bis zum 11.04.2019 (4. bis 10. Lebensmonat) Elterngeld iHv 1.800 € zu gewähren. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen.

Die Beklagte erstattet die außergerichtlichen Kosten der Klägerin im Berufungsverfahren.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Höhe des Elterngeldes.

Die 1983 geborene Klägerin ist verheiratet und Mutter der 2018 geborenen H. (im Folgenden: H). Vor der Geburt ihrer Tochter war die Klägerin als Syndikusrechtsanwältin bei der M. International GmbH beschäftigt und daneben seit dem 21.01.2014 als selbständige Rechtsanwältin zugelassen. Die Klägerin erhielt vom 06.05. bis zum 12.08.2018 Mutterschaftsgeld und einen Arbeitgeberzuschuss dazu; sie ist privat krankenversichert.

Die Klägerin beantragte am 01.08.2018 bei der Beklagten für die ersten 12 Lebensmonate ihrer Tochter (12.06.2018 bis 11.06.2019) Basiselterngeld. Auf den nachgereichten Erklärungsvordrucken vom 01.09.2018 teilte sie der Beklagten mit, dass die Selbständigkeit fortgeführt werde, sie aber während des Bezugszeitraums nicht persönlich tätig sei. Es würden weiterhin Ausgaben anfallen. Ihr Gewinn belaufe sich im Zeitraum vom 12.06.2018 bis zum 11.06.2019 auf 0,00 €. Für den 3. Lebensmonat legte die Klägerin eine Arbeitgeberbescheinigung vor, wonach für den 13.08. bis 09.09.2018 noch 6.592,64 € (Urlaubs- und Gleitzeitabbau) ausgezahlt würden.

Mit Bescheid vom 27.09.2018 bewilligte die Beklagte der Klägerin vorläufig Basiselterngeld. Nach Anrechnung der Mutterschaftsleistungen kam im 1. und 2. Lebensmonat kein Elterngeld zur Auszahlung, für den 3. Lebensmonat wurden 1.442,68 € und für den 4. bis 12. Lebensmonat wurden monatlich 1.490,77 € bewilligt.

Mit Schreiben vom 10.03.2019 zeigte die Klägerin der Beklagten die Wiederaufnahme ihrer Tätigkeit bei der M. International GmbH ab dem 12.04.2019 an, nunmehr in Teilzeit (28 Stunden pro Woche). Nach der Arbeitgeberbescheinigung vom 11.04.2019 erhielt die Klägerin für die Zeit vom 12.04. bis 11.06.2019 (11. und 12. Lebensmonat) insgesamt Einkommen iHv 9.987,86 €.

Mit Änderungsbescheid vom 25.04.2019 setzte die Beklagte das Elterngeld vorläufig für den 3. Lebensmonat von H (12.08.2018 bis 11.09.2018) auf 1.028,60 € und für den 4. bis 12. Lebensmonat auf monatlich 1.062,89 € neu fest. Dabei entstand eine Überzahlung in Höhe von 3.837,12 €.

Hiergegen erhob die Klägerin am 28.04.2019 Widerspruch. Sie war der Auffassung, die Beklagte lege ihre Einkünfte zu Unrecht auf die 12 Lebensmonate ihres Kind...

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