Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Berufskrankheit gem BKV Anl 1 Nr 2102. arbeitstechnische Voraussetzung. belastungskonformes Schadensbild: isolierter Außenmeniskusriss. Berufssportler. Merkblatt BK 2102. zweite Belastungsalternative: häufig wiederkehrende erhebliche Bewegungsbeanspruchung. wissenschaftliche Grundlage. Handballspieler
Leitsatz (amtlich)
1. Ein isolierter Außenmeniskusriss eines Profi-Handballspielers stellt ein belastungskonformes Schadensbild für eine Berufskrankheit nach der Nr 2102 der Anlage 1 zur BKV dar.
2. Die Ausführungen im Merkblatt für die ärztliche Untersuchung zur BK Nr 2102, wonach ein belastungskonformes Schadensbild insbesondere am Innenmeniskushinterhorn zu erwarten ist, befassen sich nur mit der ersten Belastungsalternative (Dauerzwangshaltung, insbesondere Belastungen durch Hocken oder Knien bei gleichzeitiger Kraftaufwendung) und können daher nicht auf die zweite Belastungsalternative (häufig wiederkehrende erhebliche Bewegungsbeanspruchung, insbesondere Laufen oder Springen mit häufigen Knick-, Scher- oder Drehbewegungen auf grob unebener Unterlage) übertragen werden.
3. Eine ausreichende wissenschaftliche Grundlage dafür, dass auch bei Berufssportlern mit geeigneter beruflicher Belastung nur ein Innenmeniskusriss ein geeignetes Schadensbild darstellt, enthalten die im Merkblatt aufgeführten Studien nicht. Somit ist bei der BK Nr 2102 ein eindeutiges belastungskonformes Schadensbild für die zweite Belastungsalternative nicht definiert.
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Klägers werden der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 17.02.2020 sowie der Bescheid der Beklagten vom 10.05.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.08.2017 aufgehoben und es wird festgestellt, dass der Außenmeniskusschaden im linken Kniegelenk des Klägers als Berufskrankheit nach der Ziffer 2102 der Anlage 1 der Berufskrankheiten-Verordnung anzuerkennen ist.
Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen.
Die Kosten des nach § 109 SGG bei Prof. Dr. R. eingeholten Gutachtens vom 28.09.2020 sowie die dem Kläger in diesem Zusammenhang entstandenen baren Auslagen werden auf die Staatskasse übernommen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Anerkennung einer Berufskrankheit Nr. 2102 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (Meniskusschäden nach mehrjährigen andauernden oder häufig wiederkehrenden, die Kniegelenke überdurchschnittlich belastenden Tätigkeiten) bei einem Berufshandballspieler.
Der 1986 geborene Kläger spielt seit dem Kindesalter Handball. Seit dem 01.07.2003 übte er die Tätigkeit als Handballspieler im Rahmen eines Arbeitsvertrages, zunächst bei der SG K. bis zum 30.06.2008, vom 01.07.2008 bis zum 30.06.2011 bei der TSG L. sowie vom 01.07.2011 bis zum 30.06.2016 bei der SG N. aus. Parallel spielte er auch in der Jugend- und Juniorennationalmannschaft.
Mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 10.12.2016 wandte sich der Kläger an die Beklagte als zuständige Berufsgenossenschaft. Die Beklagte habe die Anerkennung des Radiärrisses am linken Außenmeniskus als Folge des Versicherungsfalles vom 24.10.2009 mit Bescheid vom 22.01.2014 abgelehnt, da nach überwiegender Ansicht ein isolierter Meniskusschaden als Folge einer degenerativen Veränderung gewertet werde. Da er am 24.10.2009 bereits über mehrere Jahre lang aktiv Handball gespielt habe, lägen objektive Anhaltspunkte dafür vor, dass hier die Voraussetzungen für die Anerkennung einer Berufskrankheit Nr. 2102 der Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) erfüllt seien.
Die Beklagte zog die Akten mehrerer vorangegangener Arbeitsunfälle des Klägers bei.
Der Kläger erlitt am 02.10.2008 im Training eine Blockade des rechten Knies mit einschießenden Schmerzen (vgl. H-Arzt-Bericht vom 22.10.2008 von Dr. M., Diagnose: traumatisches Knochenmarködem laterale Femurcondyle rechts sowie Gutachten von Dr. R. und Dr. W. vom 21.10.2013). Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 22.01.2014 einen Anspruch auf Rente wegen des Versicherungsfalls vom 02.10.2008 ab, da keine MdE von mindestens 20 v. H. vorliege, und anerkannte als Unfallfolge eine endgradige Bewegungseinschränkung im rechten Kniegelenk nach III- IV-gradigem Knorpelschaden an der lateralen Femurkondyle rechts.
Am 24.10.2009 verdrehte sich der Kläger bei einem Zweikampf das linke Knie (vgl. H-Arzt-Bericht von Dr. M. vom 26.10.2009, Diagnose: Außenmeniskusläsion linkes Knie). Die Beklagte lehnte nach Einholung eines Gutachtens bei Dr. R. und Dr. W. (Gutachten vom 22.10.2013) die Gewährung einer Verletztenrente wegen des Versicherungsfalls vom 24.10.2009 mit Bescheid vom 22.01.2014 ab und anerkannte als Folgen des Unfalles eine ohne wesentliche Folgen ausgeheilte Zerrung des linken Kniegelenks. Keine Unfallfolge sei der Radiärriss des linken Außenmeniskus.
Am 16.05.2011 stieß der Kläger im Spiel mit dem rechten Knie gegen das Knie des Gegenspielers (vgl. H-Arzt-Bericht von ...