Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgeldanspruch. minderjähriges Kind in Vollzeitpflege. zeitweise Bedarfsgemeinschaft bei Aufenthalt im Elternhaus- Auszahlung Pflegegeld an Pflegefamilie. keine Kostenerstattung
Leitsatz (amtlich)
Dem minderjährigen Kind eines erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, für das Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege durch Unterbringung in einer Pflegefamilie nach dem SGB 8 gewährt wird, steht für Tage, an denen es sich mehr als zwölf Stunden bei dem bedürftigen Elternteil aufhält, mit dem es insoweit eine temporäre Bedarfsgemeinschaft bildet, ein Anspruch auf anteiliges Sozialgeld gem § 28 Abs 1 S 1 SGB 2 zu, soweit der Träger der Jugendhilfe das Pflegegeld an die Pflegefamilie ausbezahlt und für die Beurlaubung ins Elternhaus keine Kostenerstattung gewährt.
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 16. Oktober 2008 wie folgt abgeändert:
Die Bescheide des Beklagten vom 6. Juni 2007 und vom 9. August 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. August 2007 werden aufgehoben, soweit mit ihnen die mit Bescheid vom 28. März 2007 erfolgte Bewilligung von Sozialgeld für den Kläger für den 12. und 13. Mai, den 23. und 24. Juni, den 7. und 8. Juli, den 21. und 22. Juli, den 15. und 16. September sowie den 29. und 30. September 2007 aufgehoben wurde.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Der Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten; im Übrigen sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) wegen der Kosten für den (zeitweisen) Aufenthalt des Klägers bei seiner Mutter V. B. (V.B.).
Die am … 1971 geborene V.B. bezieht seit dem 1. Januar 2005 Leistungen nach dem SGB II für sich und ihre Söhne, den am … 1997 geborenen Kläger und den am … 2001 geborenen D. (D.). Die am … 1995 geborene Tochter M. lebt in einer Pflegefamilie. V.B. ist für den Kläger allein sorgeberechtigt.
Der Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 28. März 2007 Leistungen für V.B. und die damals in ihrem Haushalt lebenden Kinder, den Kläger und D., für die Zeit vom 1. April bis zum 30. September 2007 in Höhe von monatlich 1.106,53 €.
Am 26. April 2007 teilte V.B. telefonisch einer Mitarbeiterin des Beklagten mit, dass sich der Kläger ab dem 4. Juni 2007 in der Wochenpflege befinde, nämlich von Montag bis Freitag, am Wochenende sei er zu Hause. Mit Schreiben vom 4. Juni 2007 gab sie als Beginn der Wochenpflege den 7. Juni 2007 an. Der Kläger komme alle zwei Wochen (gemeint wohl: am Wochenende) zu ihr nach Hause.
Mit Bescheid vom 3. Mai 2007 setzte der Beklagte unter Hinweis darauf, dass eine Anpassung der Fairenergie-Abschlagszahlung erfolgt sei, die Leistungen für V.B., den Kläger und D. für den Monat Juni 2007 auf 1.058,83 € und die Leistungen für V.B. und D. für die Zeit vom 1. Juli bis 30. September 2007 auf monatlich 1.053,53 € fest. Weiter ist in dem Bescheid vermerkt, dass ab dem 1. Juni 2007 der Betrag von 51,00 € (Wasser, Abwasser, Strom) an die Fairenergie überwiesen wird. Aus dem beigefügten Berechnungsbogen ergibt sich weiter, dass für den Kläger nur anteiliges Sozialgeld für die Zeit vom 1. bis 3. Juni 2007 in Höhe von 20,70 € (unter Berücksichtigung eines entsprechend gekürzten Kindergeldbetrags in Höhe von 15,40 € als Einkommen) bewilligt wurde. Nach dem Berechnungsbogen für die Zeit vom 1. Juli bis zum 30. September 2007 wurde dem Kläger für diesen Zeitraum kein Sozialgeld mehr bewilligt.
Mit Änderungsbescheid vom 6. Juni 2007 bewilligte der Beklagte für V.B. und ihre Söhne Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 1. bis 30. Juni 2007 in Höhe von 1.058,83 € sowie für V.B. und D. für die Zeit vom 1. Juli bis 30. September 2007 in Höhe von 1.057,53 € monatlich. Dabei wurde berücksichtigt, dass sich der Kläger ab dem 4. Juni 2007 in der Wochenpflege befand; für die Zeit ab dem 1. Juli 2007 wurden die Beträge zudem an die erhöhten Regelsätze angepasst.
Nach dem von V.B. auf Anforderung des Beklagten im Folgenden vorgelegten Bescheid des Jugendamts des beigeladenen Landkreises vom 29. Mai 2007 wurde die bis dahin gewährte Hilfe zur Erziehung nach den §§ 27, 32 des Achten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VIII) in Form der Übernahme der Kosten für den Besuch einer Tagesgruppe (Bruderhaus Diakonie) bereits zum 4. Mai 2007 eingestellt; zugleich wurde Hilfe zur Erziehung nach den §§ 27, 33 SGB VIII für den Kläger in Form von Pflegegeld für Bereitschaftspflege ab dem 6. Mai 2007 bis auf Weiteres bewilligt. Das Pflegegeld wird nach diesem Bescheid direkt an die Pflegeeltern überwiesen.
Am 19. Juni 2007 legte V.B. gegen den Bescheid vom 6. Juni 2007 Widerspruch mit der Begründung ein, dass es zwar zutreffend sei, dass der Kläger zwischenzeitlich in der Wochenpflege untergebracht sei. Gleichwohl halte er sich weiterhin regelmäßig in ...