Entscheidungsstichwort (Thema)
Rentenversicherung. Befreiung von der Versicherungspflicht. zugelassene Rechtsanwältin. Tätigkeit in der Zentralstelle Technologietransfer. Syndikusanwältin. anhängiges Klageverfahren betreffend die Ablehnung der Befreiung von der Versicherungspflicht auf Grundlage der bis zum 31.12.2015 geltenden Rechtslage. Ablehnungsbescheid seitens des Rentenversicherungsträgers hinsichtlich der rückwirkenden Befreiung nach der ab 1.1.2016 geltenden Rechtslage nicht Gegenstand des bereits anhängigen Klage- oder Berufungsverfahrens. Streitgegenstand. Neuer Sachverhalt. Juristischer Mitarbeiter bei einem nichtanwaltlichen Arbeitgeber. Mitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung
Leitsatz (amtlich)
Ein Bescheid, mit dem der Rentenversicherungsträger - während eines Klage- oder Berufungsverfahrens betreffend die Ablehnung der Befreiung von der Versicherungspflicht eines Syndikusanwaltes auf Grundlage der bis zum 31.12.2015 geltenden Rechtslage - den gesondert gestellten Antrag auf rückwirkende Befreiung nach der zum 1.1.2016 eingeführten Regelung des § 231 Abs 4b S 4 SGB VI abgelehnt hat, wird nicht nach § 96 SGG Gegenstand des bereits anhängigen Klage- oder Berufungsverfahrens. Denn die Entscheidung über die rückwirkende Befreiung von der Rentenversicherungspflicht nach § 231 Abs 4b S 4 SGB VI betrifft einen anderen Streitgegenstand.
Orientierungssatz
§ 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB 6 fordert ein den Gegebenheiten des anwaltlichen Berufs- und Versorgungsrechts angepasstes Verständnis des Tatbestandselements derselben Beschäftigung ("… für die Beschäftigung, wegen der …"). Die hier streitige Erwerbstätigkeit als juristische Mitarbeiterin in der Zentralstelle Technologietransfer, einem nichtanwaltlichen Arbeitgeber, in dessen Arbeitsorganisation sie eingegliedert ist und dem sie in ihrer Eigenschaft als Syndikus Rechtsrat und Rechtsbeistand gewährt, kann dem Berufsfeld des Rechtsanwalts von vornherein nicht zugeordnet werden. Der bei einem nichtanwaltlichen Arbeitgeber beschäftigte Syndikus wird in dieser Eigenschaft nicht als Rechtsanwalt tätig (Anschluss an BSG vom 3.4.2014 - B 5 RE 13/14 R = BSGE 115, 267 = SozR 4-2600 § 6 Nr 12 = juris RdNrn 28 ff; BSG vom 15.12.2016 - B 5 RE 7/16 R = SozR 4-2600 § 6 Nr 13 = juris RdNrn 27 ff).
Normenkette
SGB VI § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 231 Abs. 4b; BRAO § 46c Abs. 1; SGG § 96
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 5. August 2015 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten - auch der Beigeladenen - sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über das Recht der Klägerin auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung in der Zeit vom 18. Januar 2012 bis zum 31. März 2014.
Die 1975 geborene Klägerin ist Volljuristin und Fachanwältin für Sozialrecht. Seit dem 19. März 2008 ist sie Mitglied der Rechtsanwaltskammer F. und Mitglied des Versorgungswerks der Rechtsanwälte in Baden-Württemberg (Beigeladener Ziff. 1; Beiladungsbeschluss des Sozialgerichts Freiburg ≪SG≫ vom 26. Februar 2014). Seit Mai 2009 ist sie als selbständige Rechtsanwältin in F., zunächst in Bürogemeinschaft und sodann in einer eigenen Kanzlei, tätig.
Am 18. Januar 2012 nahm die Klägerin neben ihrer Tätigkeit als selbständige Rechtsanwältin bei dem Beigeladenen Ziff. 2 (Beiladungsbeschluss des SG vom 17. März 2015) eine Tätigkeit im Umfang von 50 % einer Vollzeitstelle in der Zentralstelle Technologietransfer auf (unbefristeter Arbeitsvertrag vom 18. Januar 2012) und übt diese Beschäftigung - unterbrochen durch Mutterschutz und Elternzeit - aus. Zu ihrem Arbeitsbereich gehört insbesondere die Bearbeitung von Forschungsverträgen, eine Referententätigkeit bei Prüfarztkursen sowie die rechtliche Beratung für Forschende. Ausweislich der Stellen- und Funktionsbeschreibungen des Beigeladenen Ziff. 2 vom 29. März 2012 und 12. Dezember 2012 umfasst das Aufgabengebiet der Klägerin u.a. folgende Tätigkeiten: Erstellen und Prüfen von Vertragstemplates, bei kritischen Punkten Erarbeiten von alternativen Vertragsklauseln, Verhandeln von Vertragspartnern bezüglich der kritischen rechtlichen Fragestellungen, Bewerten von rechtlichen Risiken, Verhandeln mit internen und externen Vertragspartnern, Entscheidung, ob angesichts besonderer Umstände Klauseln akzeptiert werden können, Referententätigkeit bei Prüfarztkursen, Beantworten von Fragen der Forschenden bezüglich rechtlicher Rahmenbedingungen bei klinischer Forschung, Beantworten von Fragen der Forschenden bezüglich Forschungsverträgen, Beratung der Hochschulmitglieder (Projektleiter) im Rahmen der Einwerbung und Durchführung von Drittmittelprojekten inklusive der unterschriftsreifen Erstellung und Bearbeitung der Projektverträge, Überwachung der für das Tätigkeitsfeld relevanten Gesetzgebung und Rechtsprechung sowie Information der Projektleitung, des Zentrums Klinische Studien und des “GCP-Büros„ der Inneren Medizin I über alle relevanten Entwicklungen und Änd...