Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsärztliche Versorgung. Medizinisches Versorgungszentrum. Nachbesetzung einer Arztstelle in Planungsbereichen mit Zulassungsbeschränkungen. Nachbesetzungsfrist
Orientierungssatz
1. Die Nachbesetzung einer Arztstelle in Planungsbereichen mit Zulassungsbeschränkungen setzt voraus, dass die Arztstelle - als solche und hinsichtlich des jeweiligen Beschäftigungsumfangs - zum vorhandenen und in der Bedarfsplanung entsprechend berücksichtigten Arztstellenbestand des Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) gehört. Ist das nicht der Fall, handelt es sich bei der Anstellung eines (Nachfolge-)Arztes in Wahrheit nicht um die bedarfsplanungsrechtlich neutrale und deswegen zulässige "Nachbesetzung" einer (bereits vorhandenen) Arztstelle, sondern um die bedarfsplanungsrechtlich nicht zulässige "Erstbesetzung" einer (gänzlich oder hinsichtlich des Beschäftigungsumfangs teilweise neu geschaffenen) Arztstelle.
2. Die Nachbesetzungsfrist beträgt in Anlehnung an die Regelung in § 95 Abs 6 S 3 SGB 5 (Zulassungsentziehung bei Wegfall der MVZ-Gründungsvoraussetzungen für mehr als 6 Monate) grundsätzlich 6 Monate nach Eintritt des Nachbesetzungsfalls (vgl BSG vom 19.10.2011 - B 6 KA 23/11 R = BSGE 109, 182 = SozR 4-2500 § 103 Nr 8).
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 11.5.2012 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt (im Wege der Fortsetzungsfeststellungsklage) die Feststellung, dass ihr zu Unrecht eine Genehmigung für die Beschäftigung des Internisten PD Dr. B. als angestellten Arzt im Umfang von über 20 Wochenstunden im Wege der Nachbesetzung einer Arztstelle in einem Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) versagt worden ist.
Die als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) verfasste Klägerin betreibt ein MVZ; dieses ist seit 1.4.2007 zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Gesellschafter der GbR waren in der Zeit vom 1.1.2008 bis 31.12.2011 die Dres. P. und E. (Beigeladener Nr. 7); der Beigeladene Nr. 7 ist zum 31.12.2011 im Rahmen eines Gesellschafterwechsels aus der GbR ausgeschieden, ebenso inzwischen auch Dr. P. Gesellschafter sind derzeit Dr. E. und B. B. Sie haben Dr. P. Vollmacht erteilt, die GbR im vorliegenden Verfahren zu vertreten.
Nach § 8 des Gesellschaftsvertrags der GbR vom 1.12.2007 gliedert sich der Geschäftsbetrieb des MVZ in zwei Bereiche, eine Facharztpraxis für Hals-Nasen-Ohren-Erkrankungen (HNO-Praxis) und eine Facharztpraxis für Allgemeinmedizin und Innere Medizin (AIM-Praxis). Der Beigeladene Nr. 7 leitete und verantwortete den Bereich HNO-Praxis; er war außerdem ärztlicher Leiter des MVZ. Dr. P., der selbst nicht im MVZ ärztlich tätig war, leitete und verantwortete den Bereich AIM-Praxis. § 9 des Gesellschaftsvertrags traf für die Geschäftsführung folgende Regelung:
Die Geschäftsführer üben die Geschäftsführung der Gesellschaft grundsätzlich gemeinsam aus. Entscheidungen, die zu jährlichen Kosten über 5000 € führen sowie der Abschluss von Krediten, Leasingverträgen, Ratenzahlungen oder Mietverträgen bedürfen eines vorherigen Gesellschafterbeschlusses. Ebenso bedürfen Geschäftsvorgänge, die über das gewöhnliche Tagesgeschäft hinausgehen, eines Gesellschafterbeschlusses.
Die Gesellschafter können durch gemeinsamen Beschluss verwaltende und geschäftsführende Aufgaben an einzelne Gesellschafter oder fremde Dritte delegieren. Näheres regeln Gesellschafterbeschlüsse.
Unter Beachtung des vorstehenden leiten und verantworten im Innenverhältnis der Gesellschafter Dr. E. den Geschäftsbereich HNO-Praxis und der Gesellschafter Dr. P. den Bereich der AIM-Praxis.
Die Arztstelle, auf der PD Dr. B. nach Maßgabe der von der Klägerin begehrten Genehmigung im Anstellungsverhältnis - in Vollzeit - tätig sein sollte, war durch Erwerb der kardiologischen (Vertragsarzt)Praxis des Dr. Z. in das MVZ eingebracht worden. Dr. Z. hatte zum 31.3.2007 auf seine Zulassung verzichtet und sodann (auf der Grundlage eines entsprechenden Beschlusses des Zulassungsausschusses für Ärzte für den Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg/Regierungsbezirk St. (ZA) vom 14.3.2007) vom 1.4.2007 bis 31.12.2007 als angestellter Arzt im MVZ der Klägerin im Umfang von 40 Wochenstunden gearbeitet. Vom 1.1.2008 bis 30.4.2009 war Dr. T. als Nachfolger des Dr. Z. auf der Arztstelle - ebenfalls in Vollzeit - tätig (Beschluss des ZA vom 5.12.2007).
Vom 14.5.2009 bis 31.1.2010 war die Arztstelle mit dem Internisten Dr. H. als Nachfolger des Dr. T. besetzt. Dem lagen folgende Beschlüsse des ZA zugrunde:
Mit Beschluss vom 13.5.2009 erteilte der ZA der Klägerin eine Anstellungsgenehmigung für die Beschäftigung des Dr. H. im Umfang von 34 Wochenstunden mit Wirkung vom 14.5.2009.
Mit (bestandskräftigem) Beschluss vom 23.9.2009 änderte der ZA den Beschluss vom 13.5.2009 ab und setzte den Umfang der genehmigten Beschäftigung des D...