Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Vergütung für eine ambulant durchgeführte Portimplantation nach vorangegangenem stationären Krankenhausaufenthalt. Abgeltung durch Fallpauschale. Abgrenzung zur nachstationären Behandlung
Leitsatz (amtlich)
1. Behandlungen im Krankenhaus, die nach Abschluss der eigentlichen stationären Behandlung innerhalb der zeitlichen Grenzen der Grenzverweildauer durchgeführt werden, sind durch die Fallpauschale abgegolten (Anschluss an BSG vom 17.7.2013 - B 6 KA 14/12 R = SozR 4-2500 § 116 Nr 9).
2. Nachstationäre Behandlung liegt vor, wenn der Behandlungserfolg der vorangegangenen stationären Behandlung gesichert werden soll.
3. Die 12 Tage nach Entlassung aus dem Krankenhaus ambulant erfolgte Implantation eines Ports für die anschließende adjuvante Chemotherapie sichert nicht den Behandlungserfolg der vorhergehenden operativen Tumor-Entfernung, sondern dient dem eigenständigen Behandlungsziel der Verhinderung von bösartigen Neubildungen. Die Implantation ist deshalb nicht von der Fallpauschale erfasst, sondern kann als ambulante Operation separat abgerechnet werden.
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 20.12.2011 aufgehoben.
Die Beklagte wird verpflichtet, an die Klägerin 556,37 € nebst Zinsen hieraus seit dem 10.11.2010 in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu zahlen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
Der Streitwert wird endgültig auf 556,37 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Vergütung für eine nach vorangegangenem stationären Krankenhausaufenthalt ambulant durchgeführte Portimplantation.
Die Klägerin ist Trägerin eines zur Versorgung gesetzlich Krankenversicherter zugelassenen Krankenhauses. Das Krankenhaus ist zur Erbringung ambulanter Operationen zugelassen.
Die 1943 geborene R. W. (im Folgenden: die Versicherte) ist bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. In der Zeit vom 08.03.2010 bis 19.03.2010 wurde die Versicherte im Krankenhaus der Klägerin wegen eines Zökumkarzinoms stationär behandelt. Ihr wurde ein Darmkrebstumor operativ entfernt. Nachfolgend wurde der Versicherten am 01.04.2010 in einer ambulanten Operation ein Port für die Applikation von Zytostatika implantiert.
Für die stationäre Behandlung stellte die Klägerin der Beklagten unter Ansatz der DRG G18B einen Betrag in Höhe von 7.472,39 € in Rechnung. Dieser Betrag wurde von der Beklagten beglichen.
Mit Rechnung vom 30.06.2010 forderte die Klägerin für die ambulante Operation einen Betrag in Höhe von 556,37 €. Auch diesen Betrag zahlte die Beklagte zunächst.
Die Beklagte befragte den MDK, ob die ambulante Operation im Zusammenhang mit der stationären Behandlung hätte erbracht werden können und daher über die dafür abgerechnete DRG bereits abgegolten sei. Dr. M. führte hierzu in einem sozialmedizinischen Gutachten vom 30.07.2010 aus, die Portimplantation habe in unmittelbarem Zusammenhang mit der wegen des Zökumkarzinoms durchgeführten Hemikolektomie gestanden, um die geplante Chemotherapie durchführen zu können. Der Eingriff sei innerhalb der Grenzverweildauer erfolgt. Die Implantation des Portsystems sei daher im Rahmen der DRG G18B abzurechnen und damit bereits abgegolten.
Daraufhin forderte die Beklagte die Vergütung für die ambulante Operation von der Klägerin zurück und verrechnete am 09.11.2010 einen Betrag in Höhe von 556,37 € mit anderen unstreitigen Forderungen der Klägerin.
Am 02.12.2010 erhob die Klägerin zum Sozialgericht Stuttgart Klage. Zur Begründung ließ sie im Wesentlichen ausführen, sie habe Anspruch auf die geltend gemachte Vergütung für die ambulante Operation. Bei der Operation handele es sich um eine im Vertrag über das ambulante Operieren (AOP-Vertrag) genannte ambulante Katalogleistung. Es habe sich dabei nicht um eine nachstationäre Behandlung gehandelt, da die Operation nicht - wie in § 115a Abs. 1 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch verlangt - zur Sicherung oder Festigung eines Behandlungserfolgs durchgeführt worden sei. Die Portimplantation sei vielmehr Voraussetzung für die im Anschluss erfolgte ambulante Chemotherapie. Sie sei kein Annex zur stationären Krankenhausbehandlung. Nach Abschluss der operativen Behandlung des Darmkrebses sei die Versicherte entlassen worden. Die Versicherte habe sich eine Bedenkzeit für die Entscheidung, ob eine Chemotherapie durchgeführt werden solle, erbeten. Außerdem habe der endgültige pathologische Befund zum Zeitpunkt der Entlassung noch nicht vorgelegen. Nachdem sich die Versicherte für die Chemotherapie entschieden habe, sei ihr ambulant der Port implantiert worden. Die Portimplantation habe die ambulante Chemotherapie in der vertragsärztlichen Versorgung vorbereitet. Die Klägerin habe keine Erlaubnis zur Durchführung von Chemotherapien. Gegen eine nachstationäre Behandlung spreche auch, dass bei einer von einem Vertragsarzt vorgenommenen Portimpl...