Entscheidungsstichwort (Thema)
Umwandlung einer bestandskräftig bewilligten und bereits bezogenen Altersrente für Frauen in eine abschlagsfreie Altersrente für besonders langjährig Versicherte. Verfassungsmäßigkeit
Leitsatz (amtlich)
1. § 34 Abs 4 Nr 3 SGB 6 schließt die Umwandlung einer bestandskräftig bewilligten und bereits bezogenen Altersrente für Frauen in eine abschlagsfreie Altersrente für besonders langjährig Versicherte (§§ 38, 236b SGB 6) aus.
2. Gegen die Regelung des § 34 Abs 4 SGB 6 bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl BSG vom 26.7.2007 - B 13 R 44/06 R = SozR 4-2600 § 236a Nr 1).
3. Es bestehen auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken, dass der Gesetzgeber die zum 1.7.2014 in Kraft getretene Regelung des § 236b SGB 6 nicht auf Bestandsrentner ausgedehnt und keine Ausnahme von der für alle Altersrentner geltenden Regelung des § 34 Abs 4 SGB 6 vorgenommen hat.
Orientierungssatz
Zum Leitsatz 2 vgl LSG München vom 17.8.2011 - L 20 R 548/10 = juris RdNr 17, vom 20.7.2011 - L 20 R 259/11 = juris RdNr 28 sowie vom 19.4.2006 - L 20 R 721/05 = juris RdNr 13.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 20. November 2014 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt für die Zeit ab 1. Juli 2014 die Umwandlung der ihr gewährten Altersrente für Frauen in eine Altersrente für besonders langjährige Versicherte nach der am 1. Juli 2014 in Kraft getretenen Regelung des § 236b Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI).
Die 1949 geborene Klägerin war bis zum 31. März 2013 versicherungspflichtig beschäftigt; hinsichtlich der Einzelheiten des Versicherungsverlaufs wird auf Bl. 27/32 der Verwaltungsakten Bezug genommen.
Am 16. Oktober 2012 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung einer Altersrente für Frauen ab 1. April 2013. Ausweislich eines Aktenvermerks der Beklagten vom 8. November 2012 erkundigte sie sich nach der beantragten Rentenart, teilte mit, dass sie 50 Berufsjahre habe, und fragte, ob ihr noch eine andere Rentenart zustehen könnte. Die Beklagte informierte die Klägerin dahingehend, dass auch die Anspruchsvoraussetzungen für eine Rente für besonders langjährig Versicherte erfüllt seien, entsprechende Probeberechnungen durchgeführt würden und sie - die Beklagte - die für die Klägerin günstigste Rente zahlen werde. Kurze Zeit später rief die Klägerin nochmals bei der Beklagten an. Diese teilte mit, dass eine andere Rente zum 1. April 2013 nicht günstiger sei. Eine Rente für besonders langjährig Versicherte sei ab 1. April 2014 ohne Abschläge möglich. Ausweislich des Aktenvermerks der Beklagten habe die Klägerin mitgeteilt, dass sie unbedingt am 1. April 2013 in Rente gehen wolle und die Altersrente für Frauen mit einem Abschlag in Höhe von 3,6 % akzeptiere.
Die Beklagte bewilligte der Klägerin mit Bescheid vom 21. Dezember 2012 eine Altersrente für Frauen ab 1. April 2013 und setzte den laufenden Zahlbetrag auf monatlich 1289,38 € (netto) fest. Dabei berücksichtigte sie wegen der vorzeitigen Inanspruchnahme der Rente einen verminderten Zugangsfaktor.
Mit am 24. Januar 2014 bei der Beklagten eingegangenem Schreiben, gerichtet an die „Arbeitsministerin“, brachte die Klägerin vor, dass sie 50 Jahre gearbeitet habe, ohne einen Tag arbeitslos zu sein. Als Dankeschön dafür habe ihr der „Christlich-Demokratische-Staat in Deutschland 3,6 % Rente“ abgezogen. „Jeder Ausländer“ werde „humaner behandelt“. Sie wolle „ehrlich behandelt“ werden.
Mit Schreiben vom 30. Januar 2014 informierte die Beklagte die Klägerin darüber, dass nach geltendem Recht ein Wechsel in eine andere Altersrentenart ausgeschlossen sei. Ob die beabsichtigte Neuregelung der Altersrente für besonders langjährig Versicherte auch für Bestandsrentner gelten solle, bleibe abzuwarten. Mit Bescheid vom 25. Juni 2014 lehnte die Beklagte den klägerischen Antrag auf abschlagfreie Altersrente für besonders langjährig Versicherte ab, weil die Klägerin bereits eine Altersrente für Frauen beziehe. Der dagegen eingelegte Widerspruch (Schriftsatz des klägerischen Bevollmächtigten vom 14. Juli 2014) hatte keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 11. September 2014).
Dagegen hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben und die Gewährung einer abschlagfreien Altersrente für langjährig Versicherte ab 1. Juli 2014 begehrt. Die Beklagte lehne den Antrag der Klägerin auf Einbeziehung in die nunmehr geltende abschlagfreie Altersrente mit dem Hinweis auf die Regelung des § 34 Abs. 4 SGB VI ab. Dieser rechtliche Anknüpfungspunkt trage die Ablehnung nicht. Der Gesetzgeber versage einem Teil der Zielgruppe mit 45 Beitragsjahren, nämlich den Bestandsrentnern, die Begünstigung. Dies sei weder durch die Finanzlage und eine wie auch immer zu verstehende Generationengerechtigkeit noch durch die zeitliche Befristung der Regelung des § 236b SGB VI gerechtfertigt. § 34 Abs. 4 SGB VI stehe einer verfassungskonfo...