Entscheidungsstichwort (Thema)
Elterngeld. Höhe. Berechnung. nachgeburtliches Einkommen. Dienstwagennutzung im Bezugszeitraum. geldwerter Vorteil
Leitsatz (amtlich)
Die Überlassung eines Pkw (Dienstwagen) durch den Arbeitgeber zur privaten Nutzung während des Bezugs von Elterngeld stellt einen geldwerten Vorteil dar, der im und für den Elterngeldbezugszeitraum erarbeitet wird und daher zum nachgeburtlichen Einkommen zählt.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 19.03.2012 aufgehoben und die Klage in vollem Umfang abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Instanzen nicht zu erstatten.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin der Beklagten Elterngeld zu erstatten hat.
Die am 17.01.1968 geborene Klägerin ist die Mutter des am 20.02.2009 geborenen Kindes E. K.; sie ist verheiratet mit dem Vater des Kindes und lebt mit diesem in einem gemeinsamen Haushalt. Die Klägerin war vor der Geburt des Kindes als abhängig Beschäftigte voll erwerbstätig.
Die Klägerin beantragte am 03.04.2009 die Gewährung von Elterngeld für ihr Kind. Aus einer Arbeitgeberbescheinigung für den Einkommenszeitraum nach der Geburt des Kindes geht hervor, dass die Klägerin vom 01.09.2009 bis zum 19.02.2010 eine Erwerbstätigkeit mit 28 Wochenstunden ausgeübt hatte.
Mit Bescheid vom 13.07.2009 bewilligte die Beklagte der Klägerin Elterngeld iHv 0,00 € für den ersten Lebensmonat, iHv 114,02 € für den zweiten Lebensmonat, iHv 1.767,31 € monatlich vom 3. bis zum 6. Lebensmonat und iHv 300,00 € monatlich für den 7. bis 12. Lebensmonat des Kindes. Der Bescheid ergehe vorläufig. Es lägen noch keine Nachweise über das tatsächliche Einkommen aus nichtselbständiger Tätigkeit während des Elterngeldbezugs vom 20.02.2009 bis 19.02.2010 vor.
Der Arbeitgeber bescheinigte ein monatliches steuerliches Bruttoeinkommen nach der Geburt im Zeitraum vom 01.09.2009 bis zum 19.02.2010 iHv 5.891,62 €. Das bescheinigte Einkommen ergebe sich aus einer Erwerbstätigkeit mit einer Anzahl von 28 Wochenstunden von September 2009 bis Februar 2010 sowie sonstigem Entgelt wie beispielsweise vermögenswirksamen Leistungen oder dem geldwerten Vorteil aufgrund eines privat genutzten Dienstwagens. Ab dem 20.02.2009 bis einschließlich August 2009 habe die Klägerin ein steuerpflichtiges Bruttoeinkommen iHv 157,62 € monatlich erzielt. Daraufhin stellte die Beklagte mit Bescheid vom 19.05.2010 das Elterngeld endgültig fest. Für die Lebensmonate 2 bis 6 bestehe eine Rückforderung des Elterngelds iHv 5.179,33 €, für die Lebensmonate 7 bis 12 bestehe ein Anspruch auf Nachzahlung des Elterngelds iHv 1.158,18 €. Die Nachzahlung werde mit der Rückforderung verrechnet, so dass sich der Rückforderungsbetrag auf 4.021,14 € reduziere. Die Klägerin erhalte Elterngeld für den 1. Lebensmonat iHv 0,00 €, für den 2. Lebensmonat iHv 31,81 € und für den 3. bis 12. Lebensmonat iHv 493,03 € monatlich. Als Grundlage der Berechnung ging die Beklagte für den Zeitraum vor der Geburt von einem steuerpflichtigen Bruttoeinkommen iHv 71.160,00 € aus. Nach Abzügen von Steuern und Pflichtbeiträgen zur Sozialversicherung sowie Werbungskosten ergebe sich eine Summe von 48.206,52 € und ein durchschnittliches Monatseinkommen von 4.017,21 €. Für den Zeitraum nach der Geburt liege zu berücksichtigendes Einkommen von 23.569,58 € und ein durchschnittliches monatliches Einkommen iHv 1.964,13 € vor. Der Differenzbetrag sei mit 735,87 € anzusetzen, so dass sich ein monatliches Elterngeld iHv 493,03 € ergebe.
Mit ihrem Widerspruch vom 18.06.2010 machte die Klägerin geltend, sie habe ab September 2009 wieder begonnen zu arbeiten und ab diesem Zeitpunkt monatlich netto 4.089,00 € als Einkünfte gehabt. Bis einschließlich August 2009 habe sie monatlich ihren Dienstwagen privat nutzen dürfen. Gearbeitet habe sie in dieser Zeit nicht. Die Beklagte habe die Einkünfte während der Elternzeit saldiert und einen Durchschnitt gebildet. Diese Durchschnittsermittlung sei nicht gesetzeskonform. Maßgeblich sei die monatsbezogene Berechnung der Einkünfte. Auch handle es sich beim geldwerten Vorteil ohne sonstigen Bezug nicht um Einkommen im Sinne des BEEG. Ferner machte sie geltend (Schreiben vom 23.07.2010), dass bezüglich des geldwerten Vorteils am 06.07.2009 mitgeteilt worden sei, dieser werde voraussichtlich bis zum 19.02.2010 bezahlt. Der ursprüngliche Bewilligungsbescheid datiere vom 13.07.2009. Dort sei für die streitigen Zeiträume bereits Elterngeld bewilligt gewesen und zwar in Kenntnis der laufenden Gewährung des geldwerten Vorteils. Auch daher sei eine Rückforderung unzulässig. Außerdem wies sie darauf hin (Schreiben vom 15.09.2010), dass sie in dem Zeitraum in dem sie nur den geldwerten Vorteil des Fahrzeugs erhalten habe, keine Erwerbstätigkeit ausgeübt habe. Deshalb dürfe auch kein Durchschnitt aus den Einkünften ohne Erwerbstätigkeit und den der nachfolgenden Einkünfte mit Erwerbstätigkeit gebildet werden. § 2 Abs 3 BEEG gehe eindeutig von Erwerbseinkommen aus ...