Entscheidungsstichwort (Thema)
Ruhen des Anspruchs auf Krankengeld bei nicht fristgerechter Meldung der Arbeitsunfähigkeit
Orientierungssatz
1. Nach § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB 5 ruht der Anspruch auf Krankengeld, solange die Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse nicht gemeldet wird. Dies gilt nicht, wenn die Meldung innerhalb einer Woche nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit erfolgt.
2. Die Meldung der Arbeitsunfähigkeit ist entsprechend § 130 Abs. 1 und 3 BGB erst dann erfolgt, wenn sie der Krankenkasse zugegangen ist. Die Rechtsfolgen des Verstoßes gegen § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB 5 treten unabhängig davon ein, ob den Versicherten ein Verschulden an dem nicht rechtzeitigen Zugang trifft. Dies gilt u. a. dann, wenn der Versicherte die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung seinem Arbeitgeber zur Weiterleitung an die Krankenkasse übergeben hat.
3. Ausnahmen von der strikten Anwendung des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB 5 sind nur dann anerkannt, wenn die Fristüberschreitung der Meldung auf Umständen beruht, die in den Verantwortungsbereich der Krankenkasse fallen (BSG Urteil vom 25. 10. 2018, B 3 KR 23/17 R).
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 16.08.2018 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Zahlung von Krankengeld für die Zeit vom 11. - 29.11.2017.
Die im Jahr 1956 geborene, bei der Beklagten krankenversicherte Klägerin war ab dem 26.09.2017 aufgrund Gelenkschmerzen in der Schulterregion und einem Impingement-Syndrom arbeitsunfähig erkrankt. Sie erhielt deswegen bis zum 06.11.2017 von ihrem Arbeitgeber Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall.
Mit Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 20.10.2017, die am 02.11.2017 bei der Beklagten einging, bescheinigte der Allgemein- und Arbeitsmediziner Dr. D. Arbeitsunfähigkeit bis voraussichtlich zum 10.11.2017.
Unter dem 03.11.2017 übersandte die Beklagte der Klägerin u.a. ein Informationsblatt, in dem ausgeführt worden ist, dass zu beachten sei, "dass die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung im Original innerhalb einer Woche nach Ausstellungsdatum bei der B. BKK vorliegt". Unter dem 08.11.2017 teilte die Klägerin gegenüber der Beklagten im Rahmen der "Erklärung zur Erlangung von Krankengeld" mit, dass sie sich nicht vorstellen könne, ihre Arbeit (auch stundenweise) wiederaufzunehmen und dass für die Zeit vom 09. - 28.11.2017 eine physikalische Therapie geplant sei.
Sodann bescheinigte Dr. D. mit einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 10.11.2017 eine fortdauernde Arbeitsunfähigkeit bis zum 08.12.2017.
Nachdem die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 27.11.2017 Krankengeld ab dem 07.11.2017 i.H.v. kalendertäglich 49,46 EUR brutto (43,31 EUR netto) bewilligt hatte und auf dieser Grundlage Krankengeld vom 07. - 10.11.2017 und sodann wieder ab dem 30.11.2017 gewährte, entschied sie mit Bescheid vom 30.11.2017, dass der Anspruch auf Krankengeld für die Zeit vom 11. - 29.11.2017 ruhe. Die am 10.11.2017 festgestellte Arbeitsunfähigkeit sei, so die Beklagte begründend, erst am 30.11.2017 und damit außerhalb der gesetzlich vorgesehenen Frist von einer Woche bei ihr eingegangen.
Hiergegen erhob die Klägerin am 04.12.2017 Widerspruch, mit dem sie vorbrachte, sie habe am 10.11.2017 ihren Arzt aufgesucht, der sie bis zum 08.12.2017 krankgeschrieben habe. Noch am gleichen Tag habe sie die Krankmeldung an ihren Arbeitgeber geschickt. Dieser habe ihr zugesichert, die Bescheinigung an die Beklagte weiterzuleiten. Für den verspäteten Zugang bei der Beklagten trage sie daher keine Verantwortung.
Mit Widerspruchsbescheid vom 14.02.2018 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Die Gewährung von Krankengeld setze u.a. voraus, dass die (fortlaufende) Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse innerhalb von einer Woche gemeldet werde. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 10.11.2017 sei erst am 30.11.2017 und damit außerhalb dieser Wochenfrist nach Feststellung der Arbeitsunfähigkeit bei ihr, der Beklagten, eingegangen, weshalb der Anspruch auf Krankengeld vom 11.11.2017 - 29.11.2017 ruhe. Die Gewährung von Krankengeld sei bei verspäteter Meldung auch dann ausgeschlossen, wenn die Leistungsvoraussetzungen im Übrigen zweifelsfrei vorlägen und den Versicherten keinerlei Verschulden an dem unterbliebenen oder nicht rechtzeitigen Zugang der Meldung treffe. Bei der Meldung der Arbeitsunfähigkeit handele es sich um eine Obliegenheit des Versicherten. Die Folgen einer unterbliebenen oder nicht rechtzeitigen Meldung wären daher grundsätzlich vom Versicherten zu tragen.
Hiergegen hat die Klägerin am 01.03.2018 Klage zum Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben. Sie hat vorgetragen, dass sie bei jeder Arbeitsunfähigkeit ihre Bescheinigung dem Arbeitgeber übergeben habe, der diese an die Beklagte weitergeleitet habe. Dies habe zuvor nie zu Problemen geführt. Der in der Akte der Beklagten befindlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 10.11.2017 lasse sich kein Eingangsstempe...