Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommensberücksichtigung. freiwillige Zuwendungen der Eltern zur Erhöhung des Lebensstandards. keine zweckbestimmten Einnahmen
Orientierungssatz
Private Zuwendungen der Eltern, die dem Ausgleich eines überzogenen Kontos dienen bzw einen über dem Existenzminimum liegenden Lebensstandard ermöglichen sollen, sind keine zweckbestimmten Einnahmen iS des § 11 Abs 3 Nr 1 Buchst a SGB 2, sondern gem § 11 Abs 1 SGB 2 als Einkommen zu berücksichtigen.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 6. Oktober 2009 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Streitig ist die teilweise Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld II (Alg II) sowie die Rückforderung überzahlter Leistungen.
Die 1985 geborene Klägerin bezog seit 1. März 2005 Alg II vom Beklagten. Als alleiniges Vermögen gab sie bei Antragstellung eine Gutschrift auf dem Girokonto i.H.v. € 609,45 an. Ab dem 1. September 2005 bewohnte sie eine 1,5-Zimmerwohnung mit ca. 40m². Die monatliche Miete betrug € 250.- zzgl. Nebenkosten für Heizung, Warmwasser und weitere Betriebskosten i.H.v. € 70.-. Am 8. September 2005 verpfändete die Klägerin ein Sparguthaben i.H.v.
€ 750.- an die Vermieter zur Sicherung von Ansprüchen aus dem Mietvertrag.
Am 1. Oktober 2005 nahm sie eine geringfügige Beschäftigung als Verkäuferin auf, was sie dem Beklagten am 21. Oktober 2005 mitteilte. Aus dieser Nebentätigkeit erzielte sie ein regelmäßiges monatliches Entgelt i.H.v. € 400.- brutto gleich netto.
Mit Bescheid vom 25. Oktober 2005 bewilligte der Beklagte für den Zeitraum vom 1. Januar bis 31. März 2006 Alg II zunächst i.H.v. € 665.- monatlich (Regelleistung € 345.- und Kosten der Unterkunft und Heizung € 320.-). Unter Anrechnung des Einkommens aus der Nebentätigkeit i.H.v. € 240.- wurden jedoch ab dem 1. Januar 2006 nur noch € 425.- gewährt.
Auf ihren Weiterbewilligungsantrag vom 16. März 2006, in dem die Klägerin Änderungen verneint hatte, bewilligte der Beklagte ihr mit Bescheid vom 21. März 2006 Alg II i.H.v. € 425.- monatlich für den Zeitraum vom 1. April bis 30. September 2006. Auf Bedarfsseite wurden die Regelleistung und die tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung berücksichtigt, als Einkommen unter Berücksichtigung der Freibeträge € 240.- angerechnet.
Jedenfalls ab Januar 2006 leitete die Mutter der Klägerin an diese in der Regel Kindergeld i.H.v. € 150.- monatlich weiter; die Beträge wurden dem Girokonto der Klägerin gutgeschrieben. Des Weiteren erhielt diese auf dasselbe Konto monatliche Zuwendungen ihres Vaters in unterschiedlicher Höhe. So hatte die Klägerin neben der monatlichen Leistung des Beklagten Gutschriften erhalten, wie folgt:
Januar 2006: weitergeleitetes Kindergeld € 150.-; Gehalt € 400.-; des Weiteren € 125.-, € 100.-,
€ 240.- und € 160.- am 3., 24. und 31. Januar ;
Februar 2006: weitergeleitetes Kindergeld € 150.-;
März 2006: weitergeleitetes Kindergeld € 150.-; Gehalt 2x € 400.-; des Weiteren € 160.- und
€ 250.- am 3. und 7. März;
April 2006: weitergeleitetes Kindergeld € 150.- zzgl. weitere € 25.-; Gehalt € 400.-; des Weiteren € 100.- am 6. April;
Mai 2006: weitergeleitetes Kindergeld € 150.-; Gehalt € 400.-; des Weiteren € 200.- und € 100.- am 10. und 15. Mai;
Juni 2006: Gehalt € 400.-; eine Bareinzahlung über € 140.- am 16. Juni sowie eine i.H.v.
€ 502,15 am 30. Juni; des Weiteren € 79.- am 2. Juni ;
Juli 2006: Gutschrift über € 300.- am 4. Juli;
August 2006: weitergeleitetes Kindergeld für Juli und August € 300.-; Gehalt für Juli € 400.-;
€ 150.- am 3. August (“Übertrag vom Extra-Konto„); Gutschrift € 200.- am 4. August (“Stütze von Papa„).
Nach Rücksprache mit dem Beklagten kündigte die Klägerin im Juli 2006 die Nebentätigkeit fristlos; das Gehalt für den Juli i.H.v. € 400.- erhielt sie am 1. August 2006 gutgeschrieben. Zum 1. September 2006 schloss sie einen Praktikumsvertrag, aus dem sie in den ersten drei Monaten jeweils € 100.- erhielt. Am 13. September 2006 wurde der entsprechende Vertrag dem Beklagten vorgelegt.
Auf ihren Fortzahlungsantrag bewilligte der Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 22. September 2006 für den Zeitraum vom 1. Oktober 2006 bis 31. März 2007 Alg II wiederum i.H.v.
€ 425.-.
Am 24. Oktober 2006 ging beim Beklagten der vollständige Kontoauszug für August 2006 ein. Mit Schreiben vom 8. November 2006 verwies der Beklagte auf mehrere, ihm nicht mitgeteilte Zahlungseingänge und forderte die Klägerin zur Vorlage von Kontoauszügen ab Januar 2006 auf.
Unter dem 13. November 2006 erließ der Beklagte einen Änderungsbescheid für den Bewilligungszeitraum vom 1. April bis 30. September 2006. Für April bis August wurden monatliche Leistungen in der bisherigen Höhe von € 425.- ausgewiesen, für September € 545.-. Zur Begründung wurde ausgeführt, es handle sich um eine korrigierte Berechnung der Leistungen ab September 2006...