Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Bildung und Teilhabe. Übernahme von Mietkosten für ein Musikinstrument nach § 28 Abs 7 SGB 2. nur bei außerschulischen Aktivitäten
Orientierungssatz
Mietkosten eines Cellos für den schulischen Unterricht sind kein Bedarf, der von § 28 Abs 7 SGB 2 umfasst wird.
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 12. Januar 2012 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist noch, ob dem Kläger im Zeitraum vom 1.2.2011 bis 30.4.2011 Leistungen für Bildung und Teilhabe nach § 28 Abs. 7 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) zustehen, konkret für die Miete eines Cellos.
Der am 1998 geborene Kläger, seine Mutter und zwei Geschwister standen vom 1.3.2010 bis 30.4.2011 beim Beklagten im Leistungsbezug nach dem SGB II, ab 1.5.2011 wurde die Leistungsbewilligung wegen fehlender Hilfebedürftigkeit aufgehoben, ab 1.7.2011 erhielten sie Wohngeld und Kinderzuschlag. Der Kläger besuchte im Schuljahr 2010/2011 die Klasse 7b1 und im Schuljahr 2011/2012 die Klasse 7b2 des E.-Gymnasiums in A. Dieses bietet zwei unterschiedliche Ausbildungsprofile ab Klasse 7 an, ein Musikprofil und ein natur-wissenschaftliches Profil. Der Kläger hat das Musikprofil gewählt. In der Schule stehen Musikinstrumente für den gesamten Unterricht im Musikprofil kostenlos zur Verfügung. Der Kläger hat außerdem bereits ab der 5./6. Klasse ein Cello von der Schule gemietet. Die Miete für das Cello beträgt halbjährlich 90 €, fällig am 1.2. und 1.8. eines Jahres. Die Mutter des Klägers hat eine Abbuchungsermächtigung erteilt, am 8.2.2011 wurde der Betrag von 90 € abgebucht.
Mit Schreiben vom 21.2.2011, beim Beklagten am 22.2.2011 eingegangen, beantragte die Mutter des Klägers u.a. die Übernahme der Kosten für die Miete des Cellos, da ihr Sohn das Musikprofil am E.-Gymnasium gewählt habe.
Mit Bescheid vom 5.4.2011 lehnte das Landratsamt Neckar Odenwald den Antrag ab.
Hiergegen erhob die Mutter des Klägers im Namen ihres Sohnes am 11.4.2011 Widerspruch. Ohne Instrument könne ihr Sohn nicht am Musikprofil teilnehmen, das Leihinstrument sei zwingend.
Der Widerspruch wurde vom Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 13.4.2011 als unbegründet zurückgewiesen. Eine Übernahme von Mietkosten für ein Instrument sei nicht förderfähig.
Hiergegen hat die Mutter des Klägers am 10.5.2011 Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben. Ihr Sohn besuche derzeit die siebte Klasse, habe das Musikprofil gewählt und benötige daher das Instrument, dessen Mietkosten sich auf 180 €/Jahr belaufen würden. Es könne nicht sein, dass das Musikprofil für sozial schwächere Schüler wegen der hohen Kosten für die Instrumente ausscheide.
Auf Antrag der Mutter des Klägers vom 24.7.2011 hat das Landratsamt Neckar-Odenwald Kreis mit Bescheid vom 17.8.2011 dem Kläger einen Betrag von 120 € aus dem Teilhabebudget nach § 28 Abs. 7 SGB II (kumuliert für das ganze Jahr 2011) für dessen Teilnahme an einem Dance-Camp in A. vom 30.8. bis 3.9.2011 bewilligt und den Betrag auch ausgezahlt.
Mit Gerichtsbescheid vom 12.1.2012 hat das SG den Bescheid des Beklagten (richtig des Landratsamts Neckar-Odenwald Kreis) vom 5.4.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Beklagten vom 13.4.2011 aufgehoben und den Beklagten verurteilt, der Mutter des Klägers 90 € für die Miete des geliehenen Cellos für den Mietzeitraum 1.2.2011 bis 31.7.2011 zu gewähren und außerdem, betreffend den Mietzeitraum 1.8.2011 bis 31.1.2012, eine Direktzahlung an die Stadt A. in Höhe von 30 € zu veranlassen. Auch ein in der Schule erteilter Unterricht sei über das Bildungs- und Teilhabebudget nach § 28 Abs. 7 SGB II förderbar. Ansonsten drohe die Gefahr, dass der Kläger das Musikprofil an seiner Schule unter Umständen verlassen müsse, wenn die Miete für das Instrument nicht bezahlt werden könne. Die Bezuschussung der Cello-Miete mit 10 €/Monat aus dem Bildungs- und Teilhabebudget nach § 28 Abs. 7 SGB II verhindere einen Ausschluss einkommensschwacher Schüler und fördere ihre Integration. Das SG hat die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.
Gegen den ihm am 13.1.2012 mit persönlicher Übergabe zugestellten Gerichtsbescheid des SG hat der Beklagte am 8.2.2012 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt und zur Begründung ausgeführt, dass über § 28 Abs. 7 SGB II nur Mitgliedsbeiträge und Unterrichtskosten selbst übernommen werden könnten, nicht aber Kosten für Gegenstände oder Materialien, die infolge des Unterrichts anfallen würden. Der schulische Unterricht sei kostenfrei. Würde man den Ansatz des SG konsequent zu Ende denken, müssten beispielsweise auch Turnschuhe für den schulischen Sportunterricht über § 28 Abs. 7 SGB II finanziert werden, wodurch die Schulpauschale des § 28 Abs. 3 SGB II ausgehebelt bzw. e...