Entscheidungsstichwort (Thema)

Maßgeblichkeit der für die vorzeitig in Anspruch genommene Altersrente geltenden Altersgrenze für das Ausmaß der Minderung des Zugangsfaktors

 

Leitsatz (amtlich)

Für das Ausmaß der Minderung des Zugangsfaktors bei vorzeitiger Inanspruchnahme einer Altersrente (hier: für schwerbehinderte Menschen) ist die für den Versicherten geltende normale Altersgrenze für die konkret in Anspruch genommene Rente (hier also: für schwerbehinderte Menschen) maßgebend, nicht jene für den Versicherten geltende normale Altersgrenze für eine andere Altersrente, die vom Versicherten früher abschlagsfrei hätte in Anspruch genommen werden können (hier: Altersrente für besonders langjährige Versicherte).

 

Orientierungssatz

Damit liegt auch keine unzulässige Diskriminierung von Schwerbehinderten vor.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 12.06.2017; Aktenzeichen B 13 R 144/17 B)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 15.09.2016 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Bewilligung einer höheren Altersrente für schwerbehinderte Menschen unter Berücksichtigung einer geringeren Kürzung des Zugangsfaktors.

Der am 1953 geborene Kläger ist seit 2010 als Schwerbehinderter anerkannt. Er legte 46,5 Jahre Beitragszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung zurück. Wegen der Einzelheiten der zurückgelegten Versicherungszeiten wird auf den Versicherungsverlauf Bl. 77 ff. VA verwiesen.

Mit Bescheid vom 18.05.2015 bewilligte ihm die Beklagte antragsgemäß Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab 01.08.2015 mit einem monatlichen Betrag in Höhe von 1.184,70 € (brutto). Bei der Berechnung verringerte die Beklagte den Zugangsfaktor von 1,0 für jeden Kalendermonat der vorzeitigen Inanspruchnahme dieser Altersrente um 0,003, bei 14 Monaten (errechnet aus der vorzeitigen Inanspruchnahme mit 62 Jahren und fünf Monaten und der für den Kläger geltenden Altersgrenze der Altersrente für schwerbehinderte Menschen von 63 Jahren und sieben Monaten) also um 0,042 auf 0,958. Hinsichtlich der Rentenberechnung im Einzelnen wird auf den Bescheid Bezug genommen. Der gegen die Höhe des Zugangsfaktors gerichtete Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 27.04.2016 zurückgewiesen.

Seine zunächst erhobene Untätigkeitsklage vor dem Sozialgericht Mannheim (S 6 R 1048/16) hat der Kläger nach Erlass des Widerspruchsbescheides als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage fortgeführt. Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 15.09.2016 abgewiesen. Die Beklagte sei zu Recht von einer vorzeitigen Inanspruchnahme der Rente von 14 Kalendermonaten ausgegangen. Diese Kürzung bestimme sich - entgegen der Auffassung des Klägers - nicht danach, wann frühestmöglich irgendeine abschlagsfreie Altersrente in Anspruch genommen werden könne, wie hier die Altersrente für besonders langjährig Versicherte mit 63 Jahren und zwei Monaten, sondern es sei auf die konkret bewilligte Altersrente für schwerbehinderte Menschen abzustellen.

Am 19.10.2016 hat der Kläger Berufung gegen das ihm am 23.09.2016 zugestellte Urteil eingelegt. Er ist weiterhin der Ansicht, mangels entsprechender ausdrücklicher gesetzlicher Regelung sei es nicht zwingend, für die Bemessung des Umfangs der vorzeitigen Inanspruchnahme auf die normale Altersgrenze der konkret bezogenen Rente abzustellen. Der Zweck der Regelung (Entlastung der Rentenkassen wegen längerer Inanspruchnahme der Rente) werde auch erreicht, wenn bei der Reduzierung des Zugangsfaktors auf den nächstmöglichen Zeitpunkt der abschlagsfreien Inanspruchnahme irgendeiner Altersrente, in seinem Fall jener für besonders langjährig Versicherte, abgestellt werde. Jede andere Vorgehensweise würde zu einer unzulässigen Diskriminierung von Schwerbehinderten führen, die aus gesundheitlichen Gründen gezwungen seien, die Rente für schwerbehinderte Menschen vorzeitig in Anspruch zu nehmen, jedoch auch die Voraussetzungen für den Bezug einer Altersrente für besonders langjährig Versicherte erfüllten. Er erhalte eine niedrigere Rente als der nicht Schwerbehinderte, der eine Altersrente für besonders langjährig Versicherte beziehe. Der lebenslang bestehende finanzielle Nachteil der Schwerbehindertenrente überwiege unter Berücksichtigung der statistisch zu erwartenden Lebensdauer die Vorteile des vorgezogenen Bezugs.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 15.09.2016 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 18.05.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.04.2016 zu verurteilen, ihm höhere Altersrente für schwerbehinderte Menschen auf der Grundlage eines Zugangsfaktors von 0,973 zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genom...

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