Entscheidungsstichwort (Thema)
Berechnung einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Verfassungsmäßigkeit des Ausschlusses von nicht als Pflichtbeitragszeiten geltenden Beitragszeiten aufgrund einer freiwilligen Versicherung von den Grundrentenzeiten
Leitsatz (amtlich)
Der Ausschluss der nicht als Pflichtbeitragszeiten geltenden Beitragszeiten aufgrund einer freiwilligen Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung von den Grundrentenzeiten verstößt nicht gegen das Grundgesetz.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 29.03.2023 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von der Beklagten eine höhere Altersrente unter Berücksichtigung eines Grundrentenzuschlags.
Der 1947 geborene Kläger war von Mai 1966 bis Anfang 1986 versicherungspflichtig beschäftigt. Nach einer Zeit der Arbeitslosigkeit nahm er eine selbständige Tätigkeit im Pressevertrieb auf und zahlte von April 1987 bis November 2012 durchgängig freiwillige Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung. Seit dem 01.12.2012 bezieht er von der Beklagten eine Regelaltersrente (Rentenbescheid vom 10.10.2012). Zuletzt berechnete die Beklagte mit Bescheid vom 30.04.2014 die Rente neu; danach erhält er einen monatlichen Zahlbetrag von 578,90 €.
Am 06.07.2022 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Berücksichtigung eines Grundrentenzuschlags bei seiner Altersrente.
Mit Bescheid vom 16.08.2022 lehnte die Beklagte den Antrag ab und gab zur Begründung an, der Kläger erfülle nicht die erforderlichen 33 Jahre mit Grundrentenzeiten. In der Anlage zu dem Bescheid listete die Beklagte insgesamt 230 Monate Grundrentenzeiten auf. Die Zeiten freiwilliger Beitragszahlung berücksichtigte sie nicht.
Hiergegen legte der Kläger am 07.09.2022 Widerspruch ein. Zur Begründung führte er aus, es fehlten die Zeiten seiner freiwilligen Versicherung während seiner selbständigen Tätigkeit mit insgesamt 312 Monaten. Eine Ungleichbehandlung gegenüber Arbeitern bzw. Angestellten sei nicht nachvollziehbar, weil selbständig Tätige ein höheres Risiko trügen und nicht selten finanziell viel schlechter stünden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 05.12.2022 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zeiten der freiwilligen Versicherung zählten nicht zu den Grundrentenzeiten.
Hiergegen hat der Kläger am 14.12.2022 Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben und zur Begründung seine Einwände wiederholt. Ergänzend hat er ausgeführt, die Ungleichbehandlung beträfe viele Rentner, die selbständig gewesen seien und freiwillige Beiträge entrichtet hätten. Mit einer Klagewelle sei zu rechnen. Auch in Reihen der Deutschen Rentenversicherung bestehe die Meinung, dass dies nicht gerecht sei, wie er bei einem Telefonat mit der Beklagten erfahren habe. Besonders in der derzeitigen Krisensituation sei es sozial gerecht, bestehende Gesetze - wie das vorliegend einschlägige - nicht anzuwenden, um finanziellen Nöten der Rentner abzuhelfen.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat ausgeführt, die Beklagte sei als Körperschaft des öffentlichen Rechts verpflichtet, den Vorgaben des Gesetzes Folge zu leisten.
Mit Gerichtsbescheid vom 29.03.2023 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung auf den angefochtenen Widerspruchsbescheid verwiesen.
Am 24.04.2023 hat der Kläger gegen den Gerichtsbescheid des SG Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt. Er macht geltend, sowohl die Beklagtenvertreterin als auch die Richterin am SG hätten ihn im Erörterungstermin in seinem Klagebegehren bestärkt. Gemeinsam mit allen Selbständigen werde er sich gegen die Ungleichbehandlung und große Ungerechtigkeit wehren und solange dafür kämpfen bis durch ein neues Gesetz die freiwilligen Beitragszahlungen auch zu den Grundrentenzeiten hinzugezählt würden.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 29.03.2023 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 16.08.2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.12.2022 zu verurteilen, ihm unter Abänderung des Rentenbescheids vom 30.04.2014 ab dem 01.01.2021 höhere Altersrente unter Berücksichtigung eines Grundrentenzuschlags zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid und ihre Bescheide für zutreffend.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die form- und fristgerecht (vgl. § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫) eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft (§ 143 SGG), denn sie betrifft Leistungen, hier eine höhere Altersrente, für einen Zeitraum von mehr als einem Jahr (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Sie ist auch im Übrigen zulässig, jedoch in der Sache ohne Erfolg. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
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