Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfahrensaussetzung wegen anderweitiger Anhängigkeit. Berufungszulassung in den Entscheidungsgründen. Erstattungsfähigkeit der Vorverfahrenskosten aufgrund Kostenstatuts einer gemeinnützigen GmbH

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein oder mehrere beim Bundessozialgericht anhängige Verfahren mit der gleichen Fragestellung rechtfertigen keine Aussetzung.

2. Für die Zulassung der Berufung genügt auch § 144 Abs 1 S 1 SGG in der seit 1.3.1993 geltenden Fassung, dass die Zulassung in den Entscheidungsgründen eindeutig zum Ausdruck kommt.

3. Die auf der Grundlage des Statuts der VdK Sozialrechtsschutz gGmbH geforderten Kostenansätze sind im isolierten Vorverfahren nicht erstattungsfähig; dies verstößt nicht gegen die Verfassung.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 24. Februar 2005 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der zu erstattenden Kosten des erfolgreichen Widerspruchsverfahrens des Klägers streitig.

Der 1948 geborene Kläger beantragte am 26. April 2002 die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Gestützt auf ein Gutachten des Arztes für Orthopädie M. vom 23. Juli 2002 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 15. Oktober 2002 den Rentenantrag ab. Hiergegen erhob für den Kläger Regionalgeschäftsführer Sch. vom Sozialverband VdK B.-W., Bezirksverband S. unter Vorlage einer Vollmacht am 26. November 2002 Widerspruch; hilfsweise werde gebeten, den Widerspruch als Überprüfungsantrag nach § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) anzusehen. Am 16. Dezember 2002 zeigte Sozialrechtsreferent P. von der VdK Sozialrechtsschutz GmbH unter Vorlage einer vom Kläger unterschriebenen unbeschränkten Vollmacht zur Vertretung vor den Sozialleistungsträgern und sonstigen Behörden, den Sozial- und Verwaltungsgerichten, dem Landessozialgericht Baden-Württemberg und dem Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg die weitere Vertretung des Klägers im Widerspruchsverfahren an. Im Widerspruch wurde auf einen stationären Aufenthalt des Klägers in der Psychiatrischen Klink R. vom 12. November 2002 bis 17. Januar 2003 nach einem Selbsttötungsversuch hingewiesen; zuvor sei er vom 6. bis 12. November 2002 in der Medizinischen Klinik der Stadt V.-S. stationär behandelt worden. Hierauf veranlasste die Beklagte eine neurologisch-psychiatrische Begutachtung durch den Facharzt für Neurologie/Psychiatrie Dr. St. In seinem Gutachten vom 7. Juni 2003 gelangte dieser zum Ergebnis, der Kläger könne aufgrund - im einzelnen näher beschriebener - psychischer Funktionsstörungen, deren Ende nicht absehbar sei, jegliche Arbeiten nur noch unter drei Stunden täglich ausüben. Mit Widerspruchsbescheid vom 6. November 2003 hob die Beklagte ihren Bescheid vom 15. Oktober 2002 teilweise auf und erkannte dem Kläger ausgehend von voller Erwerbsminderung ab 6. November 2002 Leistungen nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen und ggf. unter Anwendung der Regelungen über das Zusammentreffen von Renten und Einkommen zu. Im Übrigen wurde der Widerspruch zurückgewiesen und festgestellt, dass die notwendigen Aufwendungen des Klägers von der Beklagten zu tragen seien und die Zuziehung des Bevollmächtigten notwendig gewesen sei. Mit Rentenbescheid vom 2. Dezember 2003 bewilligte die Beklagte dem Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 1. Dezember 2002. Beide Bescheide sind vom Kläger nicht angefochten worden und bestandskräftig.

Am 12. Januar 2004 beantragte der Kläger die Erstattung der ihm im Widerspruchsverfahren durch Inanspruchnahme der VdK Sozialrechtsschutz GmbH entstandenen notwendigen Aufwendungen in Höhe von 210 €. Nach deren Statut für die Kostenerstattung habe er als bedürftige Person bei der Inanspruchnahme von Dienstleistungen ab dem 1. Januar 2000 nämlich eine Kostenpauschale von 210 € zu bezahlen. Mit Bescheid vom 5. Februar 2004 setzte die Beklagte die zu erstattenden Kosten auf 18 € fest. Nach § 193 Absatz 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) seien nur die gesetzlichen Gebühren und notwendigen Auslagen eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands stets erstattungsfähig. Zeit und Arbeitsaufwand eines Bevollmächtigten, der - wie vorliegend - nicht nach einer gesetzlichen Gebührenordnung abrechnen könne, seien nach dem Urteil des Bundessozialgerichtes (BSG) vom 24.April 1996 - 5 RJ 44/95 - (BSGE 78, 159 ff) nicht als notwendige Aufwendungen erstattungsfähig. Pauschalkosten, die zur Abgeltung der üblicherweise anfallenden Aufwendungen für Porto, Telefon, Telefax, Kopien usw. bestimmt seien, würden hingegen erstattet. Maßstab für die Erstattung der so genannten Pauschalkosten bilde ein Schreiben des Ministeriums für Arbeit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen vom 22. März 2002. Danach sei für das Vorverfahren im Bereich der alten Bundesländer ein Betrag von bis zu 18 € anzusetzen. Den hiergegen am 13. Februar 2004 erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid...

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