Entscheidungsstichwort (Thema)
Rente wegen Erwerbsminderung. häufiger Toilettenbesuch führt nicht zwangsläufig zur Verschlossenheit des Arbeitsmarktes
Leitsatz (amtlich)
Die Notwendigkeit, häufig eine Toilette aufsuchen zu müssen (hohe Stuhlfrequenz), rechtfertigt nicht die Annahme, dass der Versicherte nur noch unter betriebsunüblichen Bedingungen arbeiten kann (keine Verschlossenheit des Arbeitsmarkts).
Orientierungssatz
Kurzpausen von weniger als 15 Minuten alle zwei Stunden gelten bspw im Bereich des öffentlichen Dienstes nicht als Arbeitszeit verkürzende Pausen (vgl LSG Stuttgart vom 20.3.2007 - L 11 R 684/06).
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 29. Juli 2009 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Streitig ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1949 in Italien geborene Kläger erlernte keinen Beruf und hält sich seit 1978 ständig in der Bundesrepublik Deutschland auf. Wegen eines Arbeitsunfalls am 9. Oktober 1985 erhält der Kläger von der Textil- und Bekleidungs-Berufsgenossenschaft eine Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 v.H. wegen einer chronischen Synovitis nach Innenmeniskusentfernung des rechten Kniegelenkes mit Bewegungseinschränkung des rechten Kniegelenkes und einer leichten Muskelminderung am rechten Bein. Der Kläger war in unterschiedlichen Beschäftigungen tätig, überwiegend in der Gastronomie als Pizzabäcker und Bedienung und zuletzt bis 14. September 2003 in der Pizzeria seiner Ehefrau. Im Anschluss bezog der Kläger Arbeitslosengeld bis 11. August 2005 und ist seither bei der Bundesagentur für Arbeit arbeitsuchend gemeldet.
Am 8. November 2005 beantragte der Kläger für die Zeit ab 1. Dezember 2005 die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung mit der Begründung, seit ca fünf Jahren wegen Kniebeschwerden, Asthma bronchiale, Diabetes, Pankreatitis und Panikattacken nur noch drei Stunden täglich leichte Arbeiten verrichten zu können.
Die Beklagte zog ärztliche Unterlagen bei und holte das internistische und sozialmedizinische Gutachten des Dr. C. vom 9. Februar 2006 ein. Dieser diagnostizierte beim Kläger eine chronische obstruktive Lungenerkrankung, zur Zeit unter Behandlung kompensiert, einen gut eingestellten Diabetes mellitus Typ II b ohne Sekundärkomplikationen, eine chronische Pankreatitis, zur Zeit unter Therapie weitgehend erscheinungsfrei, eine inkomplette Peronäus-Lähmung rechts ohne wesentliche Gangbehinderung und eine Prostatahyperplasie. Der Kläger sei gesundheitlich in der Lage, eine körperlich leichte bis mittelschwere Arbeit regelmäßig über sechs Stunden täglich auszuüben. Vermieden werden sollten Arbeiten mit inhalativen Belastungen. Hierauf gestützt lehnte die Beklagte den Antrag mit Bescheid vom 15. März 2006 ab, weil der Kläger weder teilweise noch voll erwerbsgemindert sei.
Auf den Widerspruch des Klägers holte die Beklagte noch den ärztlichen Befundbericht des Hausarztes Dr. N. vom 26. Juni 2006 ein. Dieser teilte mit, beim Kläger bestünden eine Belastungsdyspnoe, abdominelle Beschwerden und Kniebeschwerden bei Belastung. Da Beratungsarzt Dr. M. keine Befundverschlimmerung und keinen neuen medizinischen Sachverhalt feststellen konnte (Stellungnahme vom 21. Juli 2006), wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 25. Juli 2006 zurück. Nach dem medizinischen Beweisergebnis stehe fest, dass der Kläger gesundheitlich noch in der Lage sei, zumindest leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen sechs Stunden und mehr täglich zu verrichten. Damit habe der Kläger noch Zugang zum Arbeitsmarkt und sei nicht erwerbsgemindert.
Mit der am 10. August 2006 beim Sozialgericht Freiburg (SG) dagegen erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, die Summe der vorhandenen Beeinträchtigungen (Pankreatitis, Asthma-Problematik, Einschränkungen im orthopädischen Bereich und Panikattacken) führe zu Erwerbsunfähigkeit.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts hat das SG die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen gehört.
Dr. N. hat mitgeteilt (Auskunft vom 22. Januar 2007), durch die auftretenden Beschwerden (rezidivierende starke Leibschmerzen, Blähungen und Stuhlanomalitäten, rezidivierende Atemverschlechterungen, Zuckerschwankungen und Phasen labiler psychischer Befindlichkeit) sei der Kläger vermindert leistungsfähig. Mit gewisser Vorsicht könne er maximal sechs Stunden täglich eine leichte Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausüben. Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. P. hat den Kläger zuletzt am 14. Februar 2005 gesehen (Auskunft vom 5. Februar 2007). Psychiater und Psychotherapeut Na. behandelt den Kläger seit 19. Dezember 2006 (Auskunft vom 16. Mai 2007). Diagnostisch handele es sich um eine Angst-Panik-Störung auf dem Boden eines depressiv getönten Angstzustandes. Eine leichte Tätigkeit sei dem Kläger bis zu sechs Stunden möglich. Dur...