Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Arbeitsunfall. Gesundheitserstschaden. Schmerzen
Leitsatz (amtlich)
Durch Unfalleinwirkung allein aufgetretene Schmerzen begründen noch keinen Gesundheitserstschaden, da Schmerz als zunächst normale körperliche Reaktion auf eine Körpereinwirkung ohne das Hinzutreten weiterer Anhaltspunkte nicht zwingend auch den Eintritt einer substanziellen Läsion am Körper belegt. Maßgebend ist eine substantielle somatische oder psychische Verletzung im Sinne einer Regelwidrigkeit, die einen pathologischen Zustand herbeiführt, was nicht gleichzusetzen ist mit regelhaft ablaufenden physiologisch-biologischen belastenden körperlichen oder seelischen Prozessen.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 24.02.2015 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist zuletzt noch streitig, ob das geltend gemachte Ereignis am 24.08.2012 als Arbeitsunfall der Klägerin festzustellen ist.
Die 1959 geborene Klägerin absolvierte im Jahr 2012 beim Arbeitgeber “D. Dienste S. e.V.„ eine Ausbildung zur examinierten Altenpflegerin.
Nach Angaben der Klägerin (Unfallanzeige der Klägerin vom 28.11.2012 bei der Beklagten) sei es ihr am 24.08.2012 während der Grundpflege einer Bewohnerin “in den Rücken gefahren„. Eine eingenommene Schmerztablette habe nicht gewirkt, weshalb sie in der Frühstückspause den Arzt aufgesucht habe, wo ihr eine Spritze verabreicht worden sei. Danach habe sie die Arbeit wieder aufgenommen. Als Auszubildende habe sie Bedenken gehabt, sich krankschreiben zu lassen. An diesem Tag habe sie eine korpulente Bewohnerin zur Toilette begleitet. Als der Rollator der Bewohnerin weggerutscht sei und die Bewohnerin nach vorne zu fallen gedroht habe, habe sie die Bewohnerin um ihre Taille gefasst und sich in einer Drehung mit dem Rücken zur Wand gelehnt, sei in die Knie gegangen und habe sich die Bewohnerin auf ihren rechten Oberschenkel gesetzt.
Die in ein Feststellungsverfahren eingetretene Beklagte übersandte der Klägerin ihren Fragebogenvordruck, in dem die Klägerin unter dem 28.02.2013 diesen Vorgang bei der Begleitung der ca. 80 kg schweren Person zur Toilette als Unfallhergang und Ursache ihrer Rückenbeschwerden angab. Zuvor habe sie keine Beschwerden im Bereich der Wirbelsäule gehabt.
Der von der Beklagten angehörte Internist Dr. St. teilte in seinem Bericht vom 23.03.2013 mit, die Klägerin seit Jahren als Hausarzt zu betreuen. Er habe sie erstmals am 24.08.2012 - zu unterstellen wegen Rückenbeschwerden - behandelt und als Befund eine Sakralgie links über dem Iliosakralgelenk erhoben. Ein Unfallgeschehen mit Auffangen eines Patienten sei von der Klägerin erstmals am 11.09.2012 ihm gegenüber angegeben worden unter Bezugnahme auf einen Unfall am “24.09.2012„ - gemeint wohl 24.08.2012. Es sei unklar, ob die Beschwerden erst seit dem Auffangen des Patienten eingetreten seien. Beigefügt war der Arztbrief des Orthopäden Dr. M. vom 17.09.2012 über die am 04.09.2012 durchgeführte Computertomographie, die einen rechtsseitigen Prolaps bei L5/S1 ergeben habe (radiologischer Befundbericht von PD Dr. Z. vom 05.09.2012). Weiter war der Arztbrief von Dr. M. vom 24.09.2012 beigefügt, wonach die Klägerin bei Dr. M. über einen zunächst bei der Arbeit mehr oder weniger spontan aufgetretenen Hexenschuss rechts berichtet habe, der auf zweimalige Infiltration bei Dr. St. besser geworden sei. Dann habe sie einem Patienten beim Toilettengang geholfen, der beim Lösen des Rollators ausgeglitten und von der Klägerin gestützt worden sei, weshalb es zu den akuten Schmerzen gekommen sei.
In seinem Bericht an die Beklagte vom 01.03.2013 teilte der Orthopäde Dr. M. mit, die Klägerin am 30.08.2012 behandelt zu haben. Sie habe damals berichtet, am 24.08.2012 akute Gesäßschmerzen rechts entwickelt zu haben, die auf eine Spritze beim Hausarzt zunächst besser geworden seien. Die Beschwerden hätten sich im Anschluss aber wieder verschlechtert mit Ausstrahlung bis zum rechten Fuß. Das angeschuldigte Unfallereignis sei in seinen Aufzeichnungen nicht dokumentiert.
Von der Krankenkasse der Klägerin holte die Beklagte die Auskunft und ein Vorerkrankungsverzeichnis der D. vom 28.03.2013 ein, wonach Arbeitsunfähigkeit ab 25.08.2012 bis 21.02.2013 bestanden habe und Arbeitsunfähigkeitszeiten wegen Wirbelsäulenbeschwerden vor dem 24.08.2012 nicht dokumentiert waren.
In seiner beratungsärztliche Stellungnahme vom 22.04.2013 verneinte Dr. K. eine Kausalität zwischen dem geltend gemachten Ereignis und dem diagnostizierten Bandscheibenvorfall. Es sei von einem willentlich in Gang gesetzten, von keiner Fehlgängigkeit unterbrochenen Geschehensablauf auszugehen, der eine Fehlbelastung mit Schädigung von Muskulatur oder Skelettsystem ausschließe. Dafür sprächen auch die fachorthopädisch berichteten vorbestehenden hexenschussartigen Beschwerden wie auch der computertomographische Befund über ein...