Entscheidungsstichwort (Thema)
Soziales Entschädigungsrecht. GdS-Feststellung. Schädigung eines Beines. Überlastungsfolgen an dem anderen Bein. ursächlicher Zusammenhang. wesentliche Änderung der Verhältnisse. Neufeststellung. gerichtlicher Vergleich. Bindungswirkung. Ausführungsbescheid. Regelungscharakter. Verwaltungsakt. sozialrechtliches Verwaltungsverfahren
Leitsatz (amtlich)
Arthrotische Veränderungen an der nicht geschädigten Gliedmaße können nach der herrschenden medizinischen Lehrmeinung nicht auf eine reine Überlastung zurückgeführt werden, sondern sind Ausdruck von Abnutzungs- und Verschleißvorgängen.
Orientierungssatz
1. Eine Regelung iS des § 31 SGB 10 ist auch darin zu sehen, dass der Ausführungsbescheid einen gerichtlichen Vergleich richtig umsetzt, mit der Folge, dass jeder Ausführungsbescheid Regelungscharakter hat (entgegen BSG vom 18.9.2003 - B 9 V 82/02 B und BSG vom 6.5.2010 - B 13 R 16/09 = SozR 4-1300 § 48 Nr 19; so auch LSG Stuttgart vom 24.10.2013 - L 6 SB 5459/11).
2. Haben die Parteien einen gerichtlichen Vergleich über die Feststellung eines Grads der Schädigungsfolgen (GdS) geschlossen, so entspricht es regelmäßig ihrem Regelungswillen, dass sie nur eine Einigung über den Gesundheitszustand zum Zeitpunkt des Vergleichsschlusses erzielen, aber keine Regelung für die Zukunft treffen und sich insbesondere nicht des Rechts begeben wollen, auf Änderungen durch Herabsetzung oder Neufeststellungsantrag zu reagieren (so auch LSG Stuttgart vom 24.10.2013 - L 6 SB 5459/11).
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 14. Dezember 2012 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Klägers sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Höherbewertung des bereits als Schädigungsfolge anerkannten Gesundheitsschadens im linken Kniegelenk, die Feststellung des Gesundheitsschadens im rechten Kniegelenk als weitere Schädigungsfolge und die Höhe der bereits gewährten Beschädigtengrundrente streitig.
Der am … 1940 geborene Kläger beantragte am 29.04.1991 wegen einer durch einen Luftangriff alliierter Streitkräfte im Jahr 1945 erlittenen Verletzung des linken Kniegelenks (fallender Balkon auf linkes Knie mit Prellung und Bluterguss) Beschädigtenversorgung. Der Beklagte holte das Gutachten des Chirurgen Dr. R. vom 03.12.1991 ein. Dieser stellte eine Bewegungseinschränkung des linken Kniegelenks mit leichter Kapselbandschwäche, eine teilweise auch entwicklungsbedingte Schwäche der Beinmuskulatur, sowie eine Beinverkürzung um 2 cm fest und führte ferner aus, er halte es für unwahrscheinlich, dass die 1946 diagnostizierte Kniegelenkstuberkulose links mit dem Schädigungsereignis im Zusammenhang stehe. Daraufhin lehnte der Beklagte nach Einholung einer versorgungsärztlichen Stellungnahme der Dr. R. den Antrag des Klägers mit Bescheid vom 07.01.1992 ab. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies er mit Widerspruchsbescheid vom 20.07.1992 zurück. Im sich daran anschließenden Klageverfahren (S 3 V 1864/92) holte das Sozialgericht Stuttgart von Amts wegen das Gutachten des Dr. D., Unfallchirurgie des M. Stuttgart, vom 10.01.1993 ein. Dieser stellte eine Beinverkürzung links um 3 cm mit einem daraus bedingten Beckentiefstand und einer daraus resultierenden linkskonvexen Skoliose der Lendenwirbelsäule mit Gegenschwingung der Brustwirbelsäule sowie eine erhebliche Bewegungseinschränkung im Kniegelenk links im Sinne einer Streckhemmung von 15 Grad und einer Beugehemmung von 80 Grad fest, führte diese Gesundheitsstörungen auf eine kriegsbedingte chronische Gelenkinfektion zurück und schätzte die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) mit 40 vom Hundert (v. H.) ein. Daraufhin schlossen die Beteiligten am 20./29.07.1993 einen Vergleich dahingehend, dass der Beklagte die von Dr. D. beschriebenen Gesundheitsstörungen als Schädigungsfolgen anerkenne und die MdE 40 v. H. betrage. Mit Ausführungsbescheid vom 08.09.1993 stellte der Beklagte als Schädigungsfolgen „schwere Kniegelenksarthrose links und Beinverkürzung links um 3 cm mit daraus resultierender schwerwiegender Bewegungseinschränkung im linken Kniegelenk und S-förmiger Verkrümmung der Lenden- bzw. Brustwirbelsäule“ fest und bewilligte Beschädigtengrundrente nach einer MdE um 40 v. H. ab 01.05.1991.
Der mittlerweile seit 2003 arbeitslose und seit 2004 im Rentenbezug stehende Kläger beantragte am 06.02.2007 eine Neufeststellung der Schädigungsfolgen und wies dabei unter anderem auf eine Verschlimmerung der Gesundheitsschäden im linken Kniegelenk und in der Wirbelsäule sowie Gleichgewichtsstörungen, chronische Schmerzen, gehbehinderungsbedingtes Übergewicht, Ödeme im linken Fußgelenk, eine chronische Gichterkrankung in beiden Beinen und eine psychische Erkrankung hin. Er legte die Stellungnahmen des Neurologen und Psychiaters Dr. L. vom 13.03.2007, 05.10.2007 und 09.12.2008 sowie das Attest des Orthopäden Dr. S. vom 23.07.2007 vor. Dieser wies unter anderem darauf hin, durch die einseiti...