Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Wegeunfall. Fahrt zum Waschsalon vor der Arbeit. Unfall vor dem vorgesehenen Abweg. sachlicher Zusammenhang. gemischte Motivationslage. keine wesentliche betriebliche Handlungstendenz bei Vorverlegung des Fahrtbeginns im Hinblick auf die private Erledigung
Leitsatz (amtlich)
Ist die Fahrt von der Wohnung mit der Absicht aufgenommen worden, nach einer längeren, aber unter zwei Stunden liegenden Unterbrechung der Fahrt zur Wahrnehmung privatnützige Zwecke den Arbeitsplatz zu erreichen, ist ein auf dem gewöhnlichen Weg zur Arbeit und noch vor Erreichen des geplanten Abweges zur privaten Verrichtung erlittener Unfall nur dann gesetzlich unfallversichert, wenn nach den Grundsätzen einer gemischten Handlungstendenz objektiv die Verrichtung die versicherungsbezogene Handlungstendenz erkennen lässt, das heißt die versicherungsbezogene Handlungstendenz wesentliche Grundlage der unfallbringenden Fahrt war.
Orientierungssatz
Eine wesentliche betriebliche Handlungstendenz ist nicht anzunehmen, wenn die Fahrt zur Arbeitsstelle ohne Ansteuern des privaten Zwischenziels nicht zum gleichen Zeitpunkt, sondern erst deutlich später erfolgt wäre.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 27.10.2016 wird zurückgewiesen.
Außergerichtlich Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der 1964 geborene Kläger am 18.03.2015 einen in der gesetzlichen Unfallversicherung versicherten Arbeitsunfall (Wegeunfall) erlitten hat.
Der Kläger ist als Leiter des Bahnhofsmanagement F. der DB Station und Service AG beschäftigt. Er verließ am 18.03.2015 um 9:20 Uhr die Wohnung. Dienstbeginn des Klägers am Unfalltag war um 13:30 Uhr. Im Fragebogen der Beklagten gab der Kläger an, für die Zeit von 11:50 Uhr bis 13:30 Uhr die Erledigung dienstlicher Obliegenheiten geplant zu haben. Davor plante der Kläger (als Besorgungen auf dem Weg) den Besuch eines Waschsalons für die Zeit von 9:55 Uhr bis 11:40 Uhr (105 Minuten) zum Waschen eines Parka mit DB-Logo. Auf der Wegstrecke seines gewöhnlichen Arbeitswegs kollidierte der Kläger mit seinem Motorroller vor Erreichen des Waschsalons gegen 9:25 Uhr beim Überholen mit einem PKW (Angaben des Klägers im Fragebogen Wegeunfall vom 02.05.2015). Dabei zog sich der Kläger eine Commotio cerebri, eine Klaviculafraktur links, eine distale Radiusfraktur rechts, eine Endgliedfraktur sowie eine Strecksehnenruptur D IV links zu (Durchgangsarztbericht Prof. Dr. S. vom 26.03.2015, Zwischenbericht Dr. K. vom 07.04.2015). Der Kläger befand sich vom 18.03.2015 bis 01.04.2015 in stationärer Behandlung im Universitätsklinikum F. (Bericht vom 02.04.2015).
Mit Bescheid vom 08.06.2015 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass ein Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung nicht gegeben sei. Der vom Kläger unternommene Weg habe einem rein eigenwirtschaftlichen Zwecken gedient. Es fehle der erforderliche Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit.
Hiergegen legte der Kläger am 19.06.2015 Widerspruch ein. Er trug zur Begründung vor, nach der Rechtsprechung des BSG sei bei Wegen vom und zum Ort der Tätigkeit eine feste zeitliche Grenze von 2 Stunden festgelegt worden, bis zu der die Fortsetzung des ursprünglichen Weges eine versicherte Tätigkeit und deshalb die Unterbrechung für den Versicherungsschutz auf dem restlichen Weg unschädlich sei. Er habe sich zum Zeitpunkt des Unfalls auf dem unmittelbaren versicherten Weg zu seiner Arbeitsstelle befunden und habe diesen für die Dauer von weniger als zwei Stunden unterbrechen wollen, um ausschließlich Unternehmens- und Berufskleidung zu waschen. Dies stelle keine eigenwirtschaftliche Zwecke dar.
Auf Nachfrage der Beklagten teilte der Arbeitgeber des Klägers (Herr B., künftig B.) mit E-Mail vom 03.07.2015 mit, der Kläger sei nicht dienstkleidungspflichtig, es bestehe keine Verpflichtung Dienstkleidung zu tragen. Am 18.03.2015 hätten keine dienstlichen Terminvereinbarungen vor dem Arbeitsbeginn bestanden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 22.09.2015 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, es mangele an einer versicherten Tätigkeit im Sinne des § 8 SGB VII. Der Kläger sei am Morgen des 18.03.2015 mit seinem Krad in Richtung der Wäscherei gefahren, um dort vor Arbeitsbeginn Wäsche zu waschen. Noch vor dem Erreichen der Reinigung habe sich der in Rede stehende Unfall ereignet. Aufgrund dessen, dass die Reinigung auf dem gewöhnlichen Arbeitswege des Klägers liege, komme es bei der Prüfung auf die Handlungstendenz im Zeitpunkt des Unfalls an. Die Rechtsprechung zu Unterbrechungen, Um- und Abwegen sei nicht einschlägig. Eine Pflicht zum Tragen von Dienstkleidung bestehe nicht. Insofern habe zum Unfallzeitpunkt eine eigenwirtschaftliche Tätigkeit vorgelegen, zumal die Handlungstendenz in diesem Moment nicht auf das Erreichen der Arbeitsstelle, sondern auf das Waschen von pr...