Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommens- oder Vermögensberücksichtigung. Steuererstattung. einmalige Einnahme. Aufteilung auf 12 Monate
Leitsatz (amtlich)
1. Eine Einkommensteuererstattung ist als Einkommen iS von § 11 SGB 2 und nicht als Vermögenswert iS von § 12 SGB 2 anzusehen.
2. Aufgrund der für die Erstattung nach dem Steuerrecht maßgeblichen jährlichen Betrachtungsweise ist es grundsätzlich sachgerecht, den Erstattungsbetrag nach § 2 Abs 3 S 2 AlgIIVO zu zwölfteln und nur mit diesem Teilbetrag auf das monatliche Arbeitslosengeld II anzurechnen.
Tenor
1. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 07.11.2007 wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte hat auch die außergerichtlichen Kosten des Klägers im Berufungsverfahren zu erstatten.
3. Die Revision wird zugelassen .
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Erstattung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in Höhe von 261,12 € wegen einer Einkommensteuer-Erstattung in Höhe von 291,12 € für das Jahr 2005 im Streit.
Die Beklagte bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 22.12.2005 Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.01.2006 bis zum 30.04.2006 in Höhe von monatlich 636,00 €. Das Finanzamt K.-Stadt erstattete dem Kläger mit Bescheid vom 07.03.2006 Einkommensteuer für das Jahr 2005 in Höhe von 291,12 €. Die Beklagte hob daraufhin mit Bescheid vom 11.04.2006 ihren Bewilligungsbescheid vom 22.12.2005 für den Monat März 2006 teilweise in Höhe von 261,12 € (wegen Abzug eines Erwerbstätigen-Freibetrags von 30,00 €) nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) auf. Sie begründete dies damit, dass die Einkommensteuer-Erstattung als Einkommen anzurechnen sei und zur Minderung des Leistungsanspruchs geführt habe.
Der Kläger begründete seinen Widerspruch damit, dass es sich bei der Einkommensteuer-Erstattung nicht um Einkommen i. S. des § 11 SGB II, sondern um Vermögen i. S. von § 12 SGB II handele, was nach den Maßstäben der letztgenannten Vorschrift nicht zu einer Anspruchsminderung führe. Er habe außerdem darauf vertraut, die Steuererstattung zur Tilgung eines Darlehens verwenden zu können, welches ihm die ARGE K. gewährt habe. Mit diesem Darlehen habe gerade jene Tätigkeit ermöglicht werden sollen, aus der er das versteuerte Einkommen erzielt habe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 14.09.2006 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Die Einkommensteuer-Erstattung stelle Einkommen im Sinne des § 11 Abs. 1 SGB II dar und sei daher - nach Abzug des Pauschbetrages für private Versicherungen nach § 3 Nr. 1 der Arbeitslosengeld II-/Sozialgeldverordnung (Alg II-VO) in Höhe von 30,00 € - als Einkommen zu berücksichtigen. Einkommen sei nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum früheren Bundessozialhilfegesetz (BSHG) all das, was jemand in der Bedarfszeit wertmäßig dazu erhalte; um Vermögen hingegen handele es sich, wenn Gegenstände in der Bedarfszeit bereits vorhanden gewesen seien. Zum Einkommen seien daher alle eingehenden Einnahmen, Zahlungen, Zuflüsse, Zuwendungen und andere Leistungen zu zählen, wobei ein Abzug für Schulden nicht vorzunehmen sei.
Der Kläger hat am 02.10.2006 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Der Kläger vertritt weiter die Ansicht, dass es sich bei der Einkommensteuer-Erstattung um einen anrechnungsfreien Geldzufluss handele. Die Beklagte habe es außerdem versäumt, die nach § 24 SGB X erforderliche Anhörung durchzuführen. Zwar sei die Anhörung im Rahmen des Widerspruchsverfahrens nachgeholt worden, jedoch seien insofern die Kosten des Vorverfahrens nach § 63 SGB X zu erstatten. Die Einkommensteuer-Erstattung sei auch deswegen als Vermögen zu qualifizieren, weil diese nicht planbar und von vielen verschiedenen Umständen abhängig sei und nicht dazu diene, einen laufenden Bedarf abzudecken. Auch aus dem § 2 Abs. 3, 2 a Alg II-VO ergebe sich, dass der Gesetzgeber einmalige Zahlungen nicht per se auf den Monat des Zuflusses anrechnen wolle. Selbst wenn man die Einkommensteuer-Erstattung als Einkommen werte, müsse berücksichtigt werden, dass sich diese Erstattung auf ein ganzes Jahr beziehe, weshalb es angemessen sei, die Erstattung dann auch auf ein ganzes Jahr zu verteilen. Der Erstattungsbetrag von 291,12 € sei daher zumindest auf einen monatlichen Betrag von 24,26 € umzurechnen, womit der pauschale monatliche Freibetrag von 30,00 € für die Einkommensanrechnung erreicht werde (unter Berufung auf Sozialgericht M., Urteil v. 19.07.2006 - S 3 AS 44/06 -).
Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung ein Teilanerkenntnis dahingehend ausgesprochen, dass sie dem Kläger die Kosten des Vorverfahrens erstatte. Der Kläger hat dieses Teilanerkenntnis angenommen.
Mit Urteil vom 07.11.2007 hat das SG auf die darüber hinausgehende Klage des Klägers den Bescheid der Beklagten vom 11.04.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.09.2006 aufgehoben. Zwar sei die Beklagte zutreffend vom Vorliegen von Einkom...