Entscheidungsstichwort (Thema)
Entgeltsicherung für ältere Arbeitnehmer. Zulassung der verspäteten Antragstellung. unbillige Härte. Herstellungsanspruch. Spontanberatung
Orientierungssatz
1. Als leistungsbegründendes Ereignis iS des § 324 Abs 1 S 1 SGB 3 ist grundsätzlich das Ereignis anzusehen, das den Leistungsfall auslöst. Bei Leistungen der aktiven Arbeitsförderung handelt es sich hier um das Ereignis, das den unmittelbaren Leistungsbedarf verursacht.
2. Zum Nichtvorliegen einer unbilligen Härte iS von § 324 Abs 1 S 2 SGB 3.
3. Ein Anlass zu einer Spontanberatung, aus deren Unterlassen ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch folgen kann, kommt im Hinblick auf Leistungen gemäß § 421j SGB 3 (Entgeltsicherung für ältere Arbeitnehmer) nur dann in Betracht, wenn die Bundesagentur für Arbeit vor Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses, also vor Aufnahme des Beschäftigungsverhältnisses, von sämtlichen Tatbestandvoraussetzungen Kenntnis erlangt hat oder diese Kenntnis zumindest ohne Weiteres hätte erlangen können.
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Leistung der Entgeltsicherung für ältere Arbeitnehmer (Egs).
Der ... 1945 geborene Kläger hatte seit 1. August 1979 in einem Beschäftigungsverhältnis als Mitarbeiter im Anzeigenaußendienst bei der R KG in O gestanden. Am 17. Dezember 2002 meldete er sich beim Arbeitsamt Lahr (ArbA) arbeitslos und beantragte die Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg). Ausweislich der vorgelegten Arbeitsbescheinigung der R KG vom 30. Dezember 2002 war das Arbeitsverhältnis durch den Arbeitgeber am 29. Mai 2002 mit Wirkung zum 31. Dezember 2002 gekündigt worden. Das in der Arbeitsbescheinigung angegebene beitragspflichtige Bruttoarbeitsentgelt für die letzten zwölf Teilmonate lag zwischen 2.884,03 € (für Dezember 2002) und 4.500,00 € (für die Monate Mai, Juli, August und November 2002). Am 21. Januar 2003 nahm der Kläger an einer Gruppeninformationsveranstaltung "Rechte/Pflichten" teil. Mit Bescheid vom 31. Januar 2003 bewilligte das ArbA ihm Alg ab 1. Januar 2003 für die Dauer von 960 Tagen in Höhe von 338,43 € wöchentlich (gerundetes Bemessungsentgelt 890,00 €, Leistungsgruppe C, Kindermerkmal 0). Am 1. Februar 2003 nahm der Kläger eine bis 28. Februar 2003 befristete, weniger als 15 Stunden wöchentlich umfassende Tätigkeit als Ladenhilfe bei der Firma K auf. Ausweislich eines in der Verwaltungsakte des ArbA befindlichen Vermerkes teilte er in der Folge telefonisch mit, er stehe ab 1. April 2003 in einer Vollzeitbeschäftigung bei der L. Neben der Unterschrift unter diesem Vermerk wurde mit einem Stempel das Datum "- 1.04. (unleserlich)" vermerkt.
Die L hatte beim ArbA bereits am 20. März 2003 telefonisch die Bewilligung eines Eingliederungszuschusses (EGZ) für ältere Arbeitnehmer beantragt. Das am 24. März 2003 bei der L eingegangene Antragsformular war dort am Sonntag, dem 31. März 2003 unterzeichnet worden und ging am Montag, dem 1. April 2003 beim ArbA ein. Dem Antrag war der (bis 31. März 2004 befristete) Arbeitsvertrag zwischen der L und dem Kläger vom 28. März 2003 mit Beginn des Anstellungsverhältnisses 1. April 2003 beigefügt. Gemäß § 4 dieses Vertrages stand ihm für seine vertragliche Tätigkeit als Vergütung ein Fixum in Höhe von monatlich 620,00 € brutto nebst Umsatzprovisionen zu. Abweichend hiervon sollte der Kläger bis zum 30. September 2003 ein Festgehalt in Höhe von € 3.580,00 brutto erhalten; die Umstellung auf Fixum zuzüglich erwirtschafteter Provision war für die Zeit ab 1. Oktober 2003 vorgesehen mit näheren Modifikationen für den Fall, dass Fixum und Provision das anfängliche Festgehalt von 3580,00 € unterschreiten. Mit bestandskräftigem Bescheid vom 28. Mai 2003 bewilligte das ArbA der L einen EGZ für ältere Arbeitnehmer für die Dauer vom 1. April 2003 bis 30. Juni 2003 in Höhe von 1.288,80 € monatlich.
Am 9. Oktober 2003 teilte der Kläger dem ArbA telefonisch mit, er wolle einen Antrag auf Egs stellen. In seinem dem Antragsformular (beim ArbA eingegangen am 22. Oktober 2003) beigefügten Schreiben vom 21. Oktober 2002 führte er aus, er habe erst vor ca. drei Wochen zufällig durch eine Broschüre der Landesversicherungsanstalt Kenntnis von dieser Leistung erlangt. Auf die Möglichkeit, einen Antrag auf Egs zu stellen, sei er seitens der Mitarbeiter des ArbA nicht hingewiesen worden. Dem Antrag fügte er ferner eine Entgeltbescheinigung der L vom 17. Oktober 2003 bei. Danach betrug die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit seit 1. April 2003 35 Stunden, das monatliche Bruttoarbeitsentgelt belief sich auf 3.580,00 €. In einem Aktenvermerk des ArbA vom 5. November 2003 wurde ausgeführt, für die verspätete Antragstellung werde eine unbillige Härte nicht anerkannt. Bei der Gruppeninformationsveranstaltung am 21. Januar 2003 habe zwar keine Einzelberatung stattgefunden, es könne aber auch nicht verlangt werden, dass im Rahmen einer solchen Veranstaltung auf sämtliche denkba...