Entscheidungsstichwort (Thema)

Härtefall. Ausbildung. einstweiliger Rechtsschutz

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 26. Februar 2007 wird zurückgewiesen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

Die nach §§ 172 Abs. 1 und 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 26. Februar 2007, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat, ist unbegründet. Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

Der Antragsgegner hat mit Bescheid vom 22. November 2006 den Antrag des Antragstellers auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II abgelehnt. Dieser Bescheid ist bestandskräftig geworden, weil der Antragsteller gegen diesen Bescheid keinen Widerspruch erhoben hat. Die Entscheidung der Beklagten ist damit gemäß § 77 SGG zwischen den Beteiligten bindend.

Soweit der Antragsteller im Beschwerdeverfahren unter Vorlage einer Kopie eines Schreibens vom 30. November 2006 vorträgt, dass er mit diesem Schreiben, welches er ausweislich einer Kopie einer Bescheinigung der Bundesagentur für Arbeit vom 30. November 2006 dort an diesem Tag anlässlich der Beantragung von Berufsausbildungsbeihilfe abgegeben haben will, gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 22. November 2006 Widerspruch erhoben habe, kann dies seiner Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen. Denn die Bundesagentur für Arbeit hat dem Antragsteller in der von ihm vorgelegten Unterlage lediglich bescheinigt, an diesem Tag einen Antrag auf Gewährung von Berufsausbildungsbeihilfe abgegeben zu haben.

Letztlich kann dies aber auch offen bleiben, weil der Antrag des Antragstellers, den Antragsgegner im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm von November 2006 an Leistungen nach dem SGB II zu gewähren, bereits aus anderen Gründen keinen Erfolg haben kann.

Für die Gewährung von Leistungen vom Tag des Einganges des Antrages auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes bei dem Sozialgericht Berlin am 2. Februar 2007 an, bzw. wie vom Antragsteller begehrt, von November 2006 an, bis zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats im Beschwerdeverfahren fehlt es an einem nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG notwendigen Anordnungsgrund. Es besteht insoweit keine besondere Dringlichkeit, die den Erlass einer einstweiligen Anordnung erforderlich machen würde.

In einem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beurteilt sich das Vorliegen eines Anordnungsgrundes nach dem Zeitpunkt, in dem das Gericht über den Eilantrag entscheidet; im Beschwerdeverfahren ist dies der Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung (Schoch in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung ≪VwGO≫, 12. Ergänzungslieferung 2005, § 123 Randnummern 165, 166 mit weiteren Nachweisen zur Parallelproblematik in § 123 VwGO). Dies folgt daraus, dass in dem Erfordernis eines Anordnungsgrundes ein spezifisches Dringlichkeitselement enthalten ist, welches im Grundsatz nur Wirkungen für die Zukunft entfalten kann. Die rückwirkende Feststellung einer - einen zurückliegenden Zeitraum betreffenden - besonderen Dringlichkeit ist zwar rechtlich möglich, sie kann jedoch in aller Regel nicht mehr zur Bejahung eines Anordnungsgrundes führen. Denn die prozessuale Funktion des einstweiligen Rechtsschutzes besteht vor dem Hintergrund des Artikels 19 Absatz 4 Grundgesetz (GG) darin, in dringenden Fällen effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten, in denen eine Entscheidung im - grundsätzlich vorrangigen - Verfahren der Hauptsache zu spät käme, weil ohne sie schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (Bundesverfassungsgericht, Beschlüsse vom 22. November 2002 - 1 BvR 1586/02 - NJW 2003, S. 1236 und vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 - Breithaupt 2005, S. 803). Dies bedeutet aber zugleich, dass die Annahme einer besonderen Dringlichkeit und dementsprechend die Bejahung eines Anordnungsgrundes in aller Regel ausscheidet, soweit diese Dringlichkeit vor dem Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung vorgelegen hat, denn insoweit ist die besondere Dringlichkeit durch den Zeitablauf überholt, das Abwarten einer Entscheidung im Verfahren der Hauptsache über den zurückliegenden Zeitraum ist dem Rechtsschutzsuchenden in aller Regel zumutbar.

Hierbei ist allerdings zu berücksichtigen, dass das Gebot des effektiven Rechtsschutzes nach Artikel 19 Absatz 4 GG in besonderen Fällen ausnahmsweise auch die Annahme eines Anordnungsgrundes für zurückliegende Zeiträume verlangen kann, so insbesondere dann, wenn anderenfalls effektiver Rechtsschutz im Hauptsacheverfahren nicht erlangt werden kann, weil bis zur Entscheidung im Verfahren der Hauptsache Fakten zum Nachteil des Rechtsschutzsuchenden geschaffen worden sind, die sich durch eine - stattgebende - Entsc...

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