Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Leistungsausschluss für Auszubildende. Ausbildungsförderung. abstrakte Förderungsfähigkeit. besonderer Härtefall
Orientierungssatz
1. Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Berufsausbildungsförderungsgesetzes (BAföG) oder der §§ 60 bis 62 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) dem Grunde nach förderungsfähig ist, haben gemäß § 7 Abs. 5 S. 1 SGB II keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, weil diese Leistungen nicht dem Zweck dienen, gleichsam eine Ausbildungsförderung auf der zweiten Ebene sicherzustellen, nachdem die primär dafür vorgesehenen Leistungen nicht gewährt werden können. Diese Bestimmungen würden andernfalls durch die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II unterlaufen (Vergleiche LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 19. Dezember 2006 - L 19 B 816/06 AS ER ).
2. Ein besonderer Härtefall iSd § 7 Abs. 5 S. 2 SGB II liegt vor, wenn die Folgen des gesetzlichen Anspruchsausschlusses über das Maß hinausgehen, das regelmäßig mit der Versagung von Hilfe zum Lebensunterhalt für eine Ausbildung verbunden ist, wie die typische Konsequenz, dass die Ausbildung nicht begonnen oder gar abgebrochen werden muss, und auch mit Rücksicht auf den Gesetzeszweck, Sozialhilfe von den finanziellen Lasten einer Ausbildungsförderung freizuhalten, als übermäßig hart erscheint (Vergleiche LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 05. Juli 2006 - L 10 AS 545/06 ).
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 26. Februar 2007 wird zurückgewiesen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
Die nach §§ 172 Abs. 1 und 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 26. Februar 2007, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat, ist unbegründet. Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Der Antragsgegner hat mit Bescheid vom 22. November 2006 den Antrag des Antragstellers auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II abgelehnt. Dieser Bescheid ist bestandskräftig geworden, weil der Antragsteller gegen diesen Bescheid keinen Widerspruch erhoben hat. Die Entscheidung der Beklagten ist damit gemäß § 77 SGG zwischen den Beteiligten bindend.
Soweit der Antragsteller im Beschwerdeverfahren unter Vorlage einer Kopie eines Schreibens vom 30. November 2006 vorträgt, dass er mit diesem Schreiben, welches er ausweislich einer Kopie einer Bescheinigung der Bundesagentur für Arbeit vom 30. November 2006 dort an diesem Tag anlässlich der Beantragung von Berufsausbildungsbeihilfe abgegeben haben will, gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 22. November 2006 Widerspruch erhoben habe, kann dies seiner Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen. Denn die Bundesagentur für Arbeit hat dem Antragsteller in der von ihm vorgelegten Unterlage lediglich bescheinigt, an diesem Tag einen Antrag auf Gewährung von Berufsausbildungsbeihilfe abgegeben zu haben.
Letztlich kann dies aber auch offen bleiben, weil der Antrag des Antragstellers, den Antragsgegner im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm von November 2006 an Leistungen nach dem SGB II zu gewähren, bereits aus anderen Gründen keinen Erfolg haben kann.
Für die Gewährung von Leistungen vom Tag des Einganges des Antrages auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes bei dem Sozialgericht Berlin am 2. Februar 2007 an, bzw. wie vom Antragsteller begehrt, von November 2006 an, bis zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats im Beschwerdeverfahren fehlt es an einem nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG notwendigen Anordnungsgrund. Es besteht insoweit keine besondere Dringlichkeit, die den Erlass einer einstweiligen Anordnung erforderlich machen würde.
In einem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beurteilt sich das Vorliegen eines Anordnungsgrundes nach dem Zeitpunkt, in dem das Gericht über den Eilantrag entscheidet; im Beschwerdeverfahren ist dies der Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung (Schoch in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung ≪VwGO≫, 12. Ergänzungslieferung 2005, § 123 Randnummern 165, 166 mit weiteren Nachweisen zur Parallelproblematik in § 123 VwGO). Dies folgt daraus, dass in dem Erfordernis eines Anordnungsgrundes ein spezifisches Dringlichkeitselement enthalten ist, welches im Grundsatz nur Wirkungen für die Zukunft entfalten kann. Die rückwirkende Feststellung einer - einen zurückliegenden Zeitraum betreffenden - besonderen Dringlichkeit ist zwar rechtlich möglich, sie kann jedoch in aller Regel nicht mehr zur Bejahung eines Anordnungsgrundes führen. Denn die prozessuale Funktion des einstweiligen Rechtsschutzes besteht vor dem Hintergrund des Artikels 19 Absatz 4 Grundgesetz (GG) darin, in dringenden Fällen effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten, in denen eine Entscheidung im - grundsätzlich vorra...