Entscheidungsstichwort (Thema)
Berufsausbildungsbeihilfe. Sonderregelung für die Ausbildungsförderung für Ausländer. Asylbewerber mit Aufenthaltsgestattung. Erwartung eines rechtmäßigen und dauerhaften Aufenthalts. Bleibeperspektive. Gesamtschutzquote des Herkunftslandes nach der Asylgeschäftsstatistik des BAMF als zentraler Orientierungspunkt
Orientierungssatz
1. Für die Frage, ob die Erwartung eines rechtmäßigen und dauerhaften Aufenthalts iS von § 132 Abs 1 S 1 SGB 3 begründet ist, ist anhand der Gesamtschutzquote des Landes, aus dem der Asylbewerber kommt, zu beantworten, solange die Asylentscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) noch nicht ergangen ist.
2. Stammt der Antragsteller nicht aus einem der vom BAMF ermittelten Länder mit einer Gesamtschutzquote von über 50 Prozent, sondern zB aus Kamerun mit einer Schutzquote von 3,2 %, so besteht keine Erwartung eines rechtmäßigen und dauerhaften Aufenthalts iS von § 132 SGB 3. Dies hat zur Folge, dass eine Förderung durch Berufsausbildungsbeihilfe zu versagen ist.
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Potsdam vom 29. März 2017 aufgehoben und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.
Außergerichtliche Kosten sind für das gesamte Verfahren nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Gewährung von Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) für seine Ausbildung zum „Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik“.
Der Antragsteller ist Staatsangehöriger Kameruns und im Besitz einer Aufenthaltsgestattung mit Gültigkeit bis zum 27. Juni 2017. Sein am 17. Februar 2015 gestellter Asylantrag ist bisher nicht abschließend beschieden worden. Ausweislich des Ausbildungsvertrags vom 28. Juli 2016 absolviert der Antragsteller seit dem 1. September 2016 eine Ausbildung zum Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik bei der H Haustechnik GmbH B. Er erhält eine monatliche Ausbildungsvergütung von zurzeit 500 Euro.
Am 14. November 2016 beantragte der Antragsteller bei der Antragsgegnerin die Gewährung von BAB, nachdem die Stadt Brandenburg mit Bescheid vom 30. November 2016 die Gewährung von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) mit Wirkung vom 1. Dezember 2016 aufgehoben hatte.
Mit Bescheid vom 21. Dezember 2016 lehnte die Antragsgegnerin die Gewährung von BAB ab und wies den dagegen erhobenen Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 7. Februar 2017 zurück.
Am 20. Januar 2017 hat der Antragsteller bei dem Sozialgericht Potsdam (SG) einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz mit dem Ziel der Gewährung von BAB gestellt. Die beantragte einstweilige Anordnung sei erforderlich, da er andernfalls seine Ausbildung abbrechen müsse, denn er könne von seiner Ausbildungsvergütung von 500 Euro seinen Lebensunterhalt und die Kosten seiner Unterkunft von monatlich 330 Euro nicht mehr bestreiten. Im Hinblick auf seine Ausbildung erhalte er seit dem 1. Dezember 2016 keine Leistungen nach dem AsylbLG mehr. Sein Anspruch auf die BAB ergebe sich aus § 132 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 i.V.m. § 56 SGB III. Sein Aufenthalt sei seit dem 17. Februar 2015 und mithin seit mehr als 15 Monaten gestattet. Auch sei zukünftig ein rechtmäßiger und dauerhafter Aufenthalt zu erwarten. Nach § 60a Abs. 2 S. 4 i.V.m. § 18a Abs. 1a des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) habe er, sofern sein Asylantrag abgelehnt werden sollte, für die Dauer seiner Ausbildung einen Anspruch auf Erteilung einer Duldung und nach Abschluss der Ausbildung auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Nach § 60a Abs. 2 S. 4 AufenthG sei eine Duldung wegen dringender persönlicher Gründe im Sinne von S. 3 zu erteilen, wenn der Ausländer eine qualifizierte Berufsausbildung in einem staatlich anerkannten oder vergleichbar geregelten Ausbildungsberuf in Deutschland aufnehme oder aufgenommen habe. Gemäß § 18a Abs. 1a AufenthG sei nach erfolgreichem Abschluss dieser Berufsausbildung für eine der erworbenen beruflichen Qualifikation entsprechende Beschäftigung eine Aufenthaltserlaubnis für die Dauer von zwei Jahren zu erteilen. Das von der Antragsgegnerin entsprechend einer Internetseite des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) vorgetragene Argument, es komme auf eine „gute Bleibeperspektive“ an, die der Kläger als Staatsangehöriger Kameruns nicht habe, überzeuge nicht. Eine derartige gute Bleibeperspektive sei kein Merkmal des Tatbestandes des § 132 Abs. 1 SGB III. Ein Antragsteller, der sich noch im laufenden Asylverfahren befinde, dürfe nicht genötigt sein, auf seine asylverfahrensrechtliche Position zu verzichten, um die beantragte BAB erhalten zu können. Andererseits könne und dürfe der Antragsteller durch den Umstand, dass über seinen Asylantrag bislang noch nicht entschieden worden sei, leistungsrechtlich nicht schlechter gestellt werden als er stünde, wenn sein Asylantrag abgelehnt worden wäre.
Die Antragsgegnerin trägt vor, der Antragsteller gehöre nicht zum förderfähig...