Entscheidungsstichwort (Thema)

Kosten der Unterkunft und Heizung. Mietschuldenübernahme. unangemessene Wohnung. Übernahme von Mietschulden durch den Grundsicherungsträger im einstweiligen Rechtsschutz

 

Orientierungssatz

1. Eine Übernahme von Mietschulden ist regelmäßig nur dann vorgesehen, wenn nicht nur Wohnungslosigkeit einzutreten droht, sondern zudem die Übernahme der Schulden gerechtfertigt und notwendig ist.

2. Die Sicherung einer unangemessenen Wohnung ist nicht i. S. von § 22 Abs. 5 S. 1 SGB 2 gerechtfertigt. Ein Mietzins von 430.- €. für einen Ein-Personen-Haushalt ist unangemessen.

3. Das Ziel einer nachhaltigen Kostensenkung auf das Niveau eines angemessenen Betrags würde verfehlt, wenn dem Hilfebedürftigen ein Verbleib in der der unangemessenen Wohnung durch Übernahme der Schulden ermöglicht würde.

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 7. September 2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Antragstellerin wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen die Ablehnung des Sozialgerichts Berlin vom 7. September 2009 zur Verpflichtung des Antragsgegners zur Übernahme von Mietschulden in Höhe von 1.961,83 € und Prozesskosten für eine Räumungsklage in Höhe von 1180,47 € als Darlehen.

Die 1981 geborene Antragstellerin mietete mit Vertrag vom 24. August 2006 ihre derzeitige - unter der aus dem Rubrum ersichtlichen Anschrift befindliche - Wohnung (2 Zimmer, 59,11 m² Wohnfläche) zum 1. September 2006 mit einem damaligen Mietzins von insgesamt 359,50 € und beantragte bei dem Antragsgegner nach ihrem Umzug Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II), welche ihr antragsgemäß bewilligt worden sind. Nach wiederholten Mieterhöhungen liegt der Mietzins derzeit bei monatlich 432,71 €. Ausweislich der vorliegenden Unterlagen wurden die Mietzahlungen von dem Antragsgegner nach entsprechender Beantragung durch die Antragstellerin ab dem Antragszeitpunkt auch vollständig übernommen.

Die Antragstellerin absolviert derzeit eine Umschuldung, die bis Ende 2010 abgeschlossen sein soll.

Ausweislich des Klageschriftsatzes ihrer Vermieterin vom 26. Januar 2009 an das Amtsgericht Berlin zahlte die Antragstellerin von Beginn des Mietverhältnisses an den Mietzins unregelmäßig und teilweise gar nicht. Es summierten sich dadurch bis Januar 2009 Mietrückstände in Höhe von insgesamt 2520,75 €. Mit Anerkenntnisurteil des Amtsgerichts Wedding vom 14. Mai 2009 (2 C 31/09) wurde die Antragstellerin schließlich verurteilt, 1867,00 € aus Mietrückständen nebst Zinsen an die Wohnungsbaugesellschaft zu zahlen und ihre Wohnung bis zum 31. Juli 2009 zu räumen. Zudem wurde sie mit Beschluss vom 28. Mai 2009 verpflichtet, die außergerichtlichen Kosten der Wohnungsbaugesellschaft in Höhe von 1165,35 € zu erstatten.

Die Antragstellerin beantragte bei dem Antragsgegner die Gewährung eines Darlehens nach § 22 Abs. 5 SGB II zur Begleichung Ihrer Mietschulden. Dies lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 21. April 2009 mit der Begründung ab, die bewohnte Wohnung liege deutlich über dem angemessenen Wert für allein stehende Personen. Im hiergegen durchgeführten Widerspruchsverfahren holte der Antragsgegner eine psychologische Stellungnahme vom 9. Juni 2006 ein, in der die Psychologin Frau K riet, auf einen Wohnungswechsel bis zum Ende der Umschulung zu verzichten, weil ein solcher für die Antragstellerin eine Belastung darstellen würde.

Der Antragsgegner erklärte daraufhin mit Schreiben vom 29. Juni 2009 seine Bereitschaft, die tatsächlichen Aufwendungen für die derzeitigen Kosten der Unterkunft für längstens noch 18 Monate zu übernehmen und kündigte an, ab 01. Januar 2011 nur noch den Richtwert von 378,00 € zu berücksichtigen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 31. Juli 2009 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Übernahme der Mietschulden sei nicht gerechtfertigt. Zum einen resultierten diese aus einer zweckfremden Verwendung der geleisteten Zahlungen und zum anderen sei die Wohnung auch unangemessen teuer. Angemessen seien für einen 1- Personen- Haushalt monatlich lediglich 378 €. Im Übrigen ergebe sich auch aus einer Rückzahlungsverpflichtung von über 3000,00 € eine erhebliche psychische Belastung, so dass nicht erkennbar sei, dass die Antragstellerin bei einem Verbleib in ihrer Wohnung günstiger gestellt sei.

Die Antragstellerin hat am 20. August 2009 bei dem Sozialgericht Berlin gegen den Widerspruchsbescheid Klage erhoben (S 65 AS 27364/09) und im Wege der einstweiligen Anordnung beantragt, den Antragsgegner zu verpflichten, umgehend Mietschulden in Höhe von 1961,83 € sowie Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1180,47 € als Darlehen zu gewähren. Zur Begründung hat sie ausgeführt, zu den Mietrückständen sei es aufgrund einer Kontopfändung 2008 gekommen. Sie habe daraufhin ihrem damaligen Freund Geld zur Zahlung der Miete übergeben, welches dieser jedoch zweckentfremdet habe.

Das Sozialgerich...

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