Entscheidungsstichwort (Thema)

Zuordnungskriterien für die Festsetzung des fiktiven Arbeitsentgelts beim Arbeitslosengeld

 

Orientierungssatz

1. Bei der Bemessung des Arbeitslosengeldes ist ein fiktives Arbeitsentgelt zugrunde zu legen, wenn ein Bemessungszeitraum von mindestens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt innerhalb des auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmens nicht festgestellt werden kann.

2. Dabei ist der Arbeitslose derjenigen Qualifikationsgruppe zuzuordnen, welche der beruflichen Qualifikation entspricht, die für die Beschäftigung erforderlich ist, auf die die Arbeitsagentur die Vermittlungsbemühungen für den Arbeitslosen in erster Linie zu erstrecken hat. Relevant sind die Tätigkeiten, mit denen der Arbeitslose bestmöglich wieder in den Arbeitsmarkt eingegliedert werden kann.

3. Bei der Prognoseentscheidung der Arbeitsverwaltung sind Neigung, Eignung und Leistungsfähigkeit des Arbeitsuchenden sowie die Anforderungen der angebotenen Stellen als Vermittlungskriterien maßgeblich.

4. Ein Arbeitsloser, der zuletzt Tätigkeiten als Lohnbuchhalter und Bürokaufmann verrichtet hat, aber keine Fachschulausbildung besitzt, ist der Qualifikationsgruppe 3 des § 132 Abs. 3 S. 2 SGB 3 zuzuordnen.

 

Tenor

Die Beschwerden gegen den Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 04. Dezember 2008 werden zurückgewiesen.

Der Antrag der Antragstellerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens gegen den Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 04. Dezember 2008, soweit darin der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt worden ist, wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für die Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

 

Gründe

Die zulässige Beschwerde gegen im Tenor bezeichneten Beschluss des Sozialgerichts (SG) ist nicht begründet, soweit es darin abgelehnt worden ist, die Antragsgegnerin im Wege einer Regelungsanordnung iS von § 86b Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu verpflichten, der Antragstellerin für die Zeit vom 06. November 2008 (Zeitpunkt des Eingangs der Antragsschrift vom 04. November 2008 beim SG) bis zum 06. April 2009 (letzter Tag des bewilligten Anspruchs) höheres Arbeitslosengeld unter Zugrundelegung eines täglichen Bemessungsentgelts von 99,40 EUR statt lediglich 56,00 EUR mit einem täglichen Leistungssatz von 35,65 EUR statt lediglich 22,90 EUR (noch nicht bestandskräftiger Bescheid vom 08. Mai 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. Juni 2008) zu gewähren. Denn es fehlt bereits an einem Anordnungsanspruch, der materiell-rechtlichen Rechtsposition, deren Durchsetzung beabsichtigt ist.

Die Höhe des Anspruchs auf Arbeitslosengeld - der am 07. April 2008 entstanden ist, was zwischen den Beteiligten zu Recht ebenso wenig umstritten ist wie dessen Grundlagen bis zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats - beträgt nach § 129 Nr 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) für Arbeitslose, die nicht mindestens ein Kind im einkommenssteuerrechtlichen Sinne haben, 60 Prozent des pauschalierten Nettoentgelts (Leistungsentgelt), das sich aus dem Bruttoentgelt ergibt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat (Bemessungsentgelt). Der Bemessungszeitraum umfasst nach § 130 Abs 1 SGB III die beim Ausscheiden des Arbeitslosen aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigung im Bemessungsrahmen.

Der Bemessungsrahmen umfasst ein Jahr; er endet mit dem letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs (§ 130 Abs 1 Satz 2 SGB III). Der Bemessungsrahmen wird auf zwei Jahre erweitert, wenn (ua) der Bemessungszeitraum weniger als 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt enthält (§ 130 Abs 3 Nr 1 SGB III). Kann ein Bemessungszeitraum von mindestens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt innerhalb des auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmens (ebenfalls) nicht festgestellt werden, ist als Bemessungsentgelt ein fiktives Arbeitsentgelt zu Grunde zu legen (§ 132 Abs 1 SGB III).

Da die Antragstellerin unter Berücksichtigung ihrer freiwilligen Weiterversicherung in der Arbeitslosenversicherung in der Zeit ihrer selbständigen Tätigkeit vom 28. Februar 2006 bis zum 06. April 2008 zwar in einem Versicherungspflichtverhältnis aus sonstigen Gründen nach § 24 Abs 1 iVm § 28a SGB III gestanden hat, zugleich aber während dieses Zeitraums keinen Anspruch auf Arbeitsentgelt hatte, ist nach § 132 Abs 1 SGB III als Bemessungsentgelt ein fiktives Arbeitsentgelt zugrunde zu legen.

Nach § 132 Abs 2 Satz 1 SGB III ist der Arbeitslose für die Festsetzung des fiktiven Arbeitsentgelts der Qualifikationsgruppe zuzuordnen, die der beruflichen Qualifikation entspricht, die für die Beschäftigung erforderlich ist, auf die die Agentur für Arbeit die Vermittlungsbemühungen für den Arbeitslosen in erster Linie zu erstrecken hat. § 132 Abs 2 Satz 2 SGB III legt zu diesem Zwec...

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